Ende der 1960er Jahre, das amerikanische Militär sieht sich in Vietnam mit einem Guerillakrieg der nordvietnamesischen Armee konfrontiert, der ihnen immer mehr entgleitet. Hanson ist Sergeant bei den Special Forces, stationiert in einem kleinen Camp in der Nähe der Grenze zwischen Nord- und Südvietnam. Das Camp besteht hauptsächlich aus südvietnamesischen Soldaten und nur wenigen amerikanischen Special Forces Soldaten, die aber die eigentliche Führungsrolle haben. Da Hanson nur noch kurze Zeit seiner Tour (jeweils ein Jahr) in Vietnam zu absolvieren hat, erzählt er seinen Freunden, dass er zurück in den USA wieder zum College gehen und ein neues Leben beginnen wird. Seine Freunde Quinn und Silver glauben nicht daran und sind überzeugt, dass er in Kürze zurück sein wird. "Zuhause" merkt Hanson auch schnell, dass er im zivilen Leben nicht mehr zurechtkommt und er meldet sich für eine weitere Tour. Er macht sich keine Illusionen darüber, dass der Krieg für Amerika noch zu gewinnen sein könnte, oder dass sein eigener Einsatz einen Unterschied machen würde.
Die Handlung von "Sympathy for the Devil" ist episodenhaft und nicht chronologisch erzählt, nach dem ersten Drittel in Vietnam und den USA folgt der Beginn von Hansons Zeit beim Militär. Zur Zeit des Vietnam-Krieges bestand in den USA noch "Draft", Wehrpflicht. Allerdings war die "Draft Lotterie", wie dieser Spitzname schon sagt, nicht wirklich gerecht. Überproportional häufig wurden Söhne aus den unteren Schichten und Farbige eingezogen, aber es konnte grundsätzlich jeden treffen.
Hanson war Collegestudent und wäre selbst nie auf den Gedanken gekommen zum Militär zu gehen. Bei der Grundausbildung zur regulären Armee merkt Hanson schnell, dass die eingezogenen Jungs hauptsächlich Kanonenfutter sind. Die auf der gleichen Militärbasis stationierten Special Forces Soldaten beeindrucken ihn, diese aus Vietnam zurückgekehrten Elitesoldaten haben eine Aura von Stärke und Selbstbewusstsein, die ihn anzieht, er bewirbt sich und wird zur Ausbildung aufgenommen. Diese Stärke selbst zu erreichen fordert aber einen Preis, in den folgenden Jahren wird er selbst den Krieg "lieben lernen".
In "Sympathy for the Devil" geht es nicht um militärhistorische Gefechte, Action oder Abenteuer. Das Thema des Buches ist die Natur des Krieges - nicht nur des Vietnam-Krieges - und die Psyche seiner "Krieger", die Psyche von Hanson und einem bestimmten Typ von Mensch, Typ von Soldat.
Hansons Gedanken nach seinem ersten Gefecht:
He was more afraid than he had ever thought possible, not just an exaggeration of the fear he had known in his life before but a whole new emotion, an emotion as powerful and unexpected as love. He would begin volunteering for every operation as a means of beating the fear. Far better than waiting passively for his turn to come around again to go on operation. Attacking the fear, taking charge of it, was better.
"It's not the round with your name on you gotta watch out for, it's the one that's addressed "to whom it may concern", was the phrase that contained the two ways of looking at life and death in Vietnam.
Hanson believed in the round with his name on it, in a universe as ordained and relentless as the tracked passage of a locomotive. If he lost his belief in that bullet, he would be hostage to a random universe, to chance and sleepless fear, constantly trying to avoid the coincidence that would kill him, unable to do his job. And besides, he thought, recalling the soldiers he had killed, if he died now he would still be one life ahead. It occurred to him that the more people he killed, the stronger he would be.
Weitere Gedanken: "Entweder du tötest, dann hast du vielleicht noch einen weiteren Tag oder ein Jahr zu leben, oder du wirst getötet und alle deine Probleme sind vorbei", und die Einstellung, "Als Soldat muss man sich professionell verhalten, sein eigenes Leben aber nicht zu wichtig nehmen, daraus kann dann sogar eine gewisse Unverwundbarkeit entstehen".
(Das durchschnittliche Alter der eingezogenen Soldaten in Vietnam war 19, bei den im Kampfeinsatz Getöteten lag der durchschnittliche Sterbezeitpunkt etwa zwei Monate nach Beginn ihrer Tour. Es gab in Vietnam keine festen Einheiten, sondern ein rotierendes System mit ständig neu hinzugekommenen Soldaten. Es klingt zynisch zu hören: "In der ersten Zeit lohnt es kaum die Neuen kennenzulernen, da die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sie sowieso nicht lange am Leben bleiben. Wer die ersten Monate überlebt hat, hat zumindest ein paar Überlebensmechanismen für den Dschungelkampf gelernt.")
Die USA sind wegen ihrer technischen Überlegenheit siegesgewiss in den Vietnam-Krieg hineingegangen und haben nicht damit gerechnet, dass der Wille und die Opferbereitschaft der Nordvietnamesen in einem langen Guerillakrieg dazu führte, dass sie diesen Krieg verlieren. Zudem war der Krieg durch die Amerikaner schlecht geplant und ausgeführt. In jedem Krieg gibt es außer Kampftruppen eine riesige Maschinerie aus Bürokratie und Versorgungseinheiten, Beispiele für Stümperhaftigkeit kommen anekdotenhaft im Buch vor. Inzwischen wird der Irakkrieg teilweise als das zweite Vietnam bezeichnet. Es gibt natürlich wesentliche Unterschiede, er hat sich aber in der Ausführung zu einem ähnlich Desaster für die USA entwickelt.
"Sympathy for the Devil" habe ich Anfang 2002 gelesen. Nach dem "11. September" fand im Herbst 2001 der erste Kampfeinsatz der USA in Afghanistan statt. Mitte 2002 wurde bereits berichtet, dass mehrere aus Afghanistan in die USA zurückgekehrte Soldaten Selbstmord begangen hatten. Durch "Sympathy for the Devil" und "Night Dogs" ist mir der psychologische Hintergrund von Post Traumatic Stress Disorder PTSD (deutsch: PTBS Posttraumatische Belastungsstörung) ansatzweise klar geworden. Faktoren von PTSD sind Erinnerungen an Erlebnisse des Krieges oder an begangene Taten, die im Nachhinein von dem Soldaten selbst oder von außen als falsch oder grausam eingestuft werden, Survivor's Guilt (Schuldgefühle des Überlebenden, warum musste der Kamerad / Freund sterben; wenn nicht gerade der Zufall im Spiel gewesen wäre, wäre man selber derjenige gewesen welcher … ). Erinnerungen an Erlebnisse kommen bei bestimmten Auslösern, Bildern, Geräuschen, Gerüchen, in Gedanken, Flashbacks oder Träumen immer wieder hoch, führen zu Depressionen, Schlaflosigkeit, Angstzuständen, auch zu aggressivem Verhalten, das für die Umwelt, die Ehefrauen und Familien unverständlich und auch befremdlich wirkt.
Die psychischen Belastungen sind ein Phänomen vieler Kriege. Je nachdem, wie die Wahrnehmung eines Krieges durch die Bevölkerung zuhause ist, beeinflusst dieses auch die psychischen Belastungen. Die amerikanische Soldatengeneration, die im zweiten Weltkrieg gekämpft hatte, waren "Helden, weil sie die Nazis besiegt hatten". Der Vietnam-Krieg war ein unpopulärer Krieg, der erste Krieg, der in der Fernsehehberichterstattung stattfand, gegen den es große Protestaktionen gab und zurückgekehrte Veteranen beschimpft wurden.
Hanson ist sicherlich kein "netter" Typ, aber ein spannender, vielschichtiger und faszinierender Charakter. Seine Faszination besteht für mich aus der Widersprüchlichkeit verschiedener Charaktereigenschaften, die sich in ihm vereinen, Intelligenz, Stärke, Bereitschaft zu Gewalt, aber auch Mitgefühl, Zynismus, die Faszination besteht auch aus der Entwicklung, die seinen Charakter ausmacht. Und leidenschaftlicher Leser ist er auch.
Der Autor
Kent Anderson, geboren 1946, war Soldat in Vietnam, später Polizist in Portland und Kalifornien und danach Hochschullehrer für Literatur. "Sympathy for the Devil" war 1986 sein erster Roman, 1996 folgte "Night Dogs", außerdem hat er Kurzgeschichten und Drehbücher geschrieben.
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