Piper Verlag, März 2008
gebundene Ausgabe, 248 Seiten
OT: Den som eldker noe annet
aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs
8. Fall mit Hauptkommissar Konrad Sejer
Kurzbeschreibung
Ruhe hatten sie sich von diesem Waldspaziergang erhofft, ein wenig Ablenkung. In ihrer Ehe lief es nicht so gut in letzter Zeit. Und nun diese grausame Entdeckung: Blutüberströmt liegt ein Junge vor ihnen auf dem Weg, tot. Aber für Kommissar Sejer und Assistent Skarre gibt es wenige Spuren: Das Ehepaar Reinhardt will den Täter sogar gese-hen haben, er habe Ähnlichkeit mit Hans Christian Andersen, dem großen Dichter. Dann verschwindet ein zweites Kind, Edvin, und die Angst vor einem Serientäter zwingt Sejer zu einer raschen Lösung - doch Edvin bleibt spurlos verschwunden, und den einzigen Verdächtigen muss Sejer wieder laufen lassen. Psychologische Hochspannung und ein Täter, dem das Gefühl für Richtig und Falsch, Gut und Böse längst verloren gegangen ist.
Über die Autorin
Karin Fossum, geboren 1954 in Sandefjord/Norwegen, lebt in Sylling bei Oslo. Ihre international erfolgreichen Romane um Kommissar Konrad Sejer sind vielfach preisgekrönt und wurden fürs Kino und Fernsehen verfilmt. In Deutschland erschienen von ihr unter anderem »Stumme Schreie«, »Dunkler Schlaf«, »Schwarze Sekunden«, der von der Schwedischen Akademie mit dem Preis des besten ausländischen Kriminalromans ausgezeichnet wurde, und zuletzt »Der Mord an Harriet Krohn« und »Wer anders liebt«.
Meine Meinung
Im Linde-Wald bei Huseby findet das Ehepaar Ris die Leiche des knapp 8-jährigen Jonas August Løwe. Laut Gerichtsmedizin wurde der Junge vergewaltigt und starb an einem starken Anfall des bei ihm bekannten Asthma.
Kurz bevor das Paar den Jungen fand, begegneten sie am Waldrand einem verstörten wirkenden, gehbehinderten Mann.
Hauptkommissar Konrad Sejer und sein Assistent Jakob Skarre, die in diesem Fall ermitteln, stehen zunächst vor einem Rätsel. Der Fundort ist nicht der Tatort. Handelt es sich um einen Ersttäter oder um einen polizeibekannten Pädophilen?
Als wenige Tage später der 10-jährige Edwin Åsalid spurlos verschwindet, geraten die Kommissare unter Druck.
Karin Fossums Roman bezieht seine Spannung weniger aus der Kriminalhandlung als aus der Thematik. Sie beleuchtet das Thema Pädophilie aus verschiedenen Perspektiven ohne Wertung.
Kapitel aus der Sicht des Täters verdeutlichen, wie die psychische Gewalt, die er als Kind von seiner Mutter erfuhr, ihn ängstlich und einsam machte. „Das Schicksal hatte [….] ihn über die Kante geschoben, jetzt stürzte er Zurückweisung und Verurteilung entgegen.“
Besonders interessant und zum Nachdenken anregend sind die kontroversen Diskussionen zwischen Sejer und Skarre. Während Sejer sich eher an den Fakten orientiert, bemüht sich Skarre die Hintergründe zu verstehen, die zu einer pädophilen Tat führen.
In der Nebenhandlung um das Ehepaar Ris stellt Karin Fossum mit Reinhardt Ris einen Menschen dar, der von Sensationsgier getrieben, sich am Drama und der Trauer um Jonas ergötzt. Bei der Beschreibung seiner unglücklichen Ehefrau Kristine, die unter ihrer Kinderlosigkeit und dem Machtgehabe ihres Mannes leidet, bleibt die Autorin leider weitestgehend in dem Klischee des „schwachen Frauchens“ stecken.
Klar, präzise, dabei glaubwürdig und ausdrucksstark hat sich Karin Fossum in diesem Roman den heiklen Thema Pädophilie gewidmet. Den Schwerpunkt richtet sie dabei auf die psychologischen Aspekte und fordert damit den Leser auf, über Menschen nachzudenken, die sich von der Norm abweichend verhalten und vielleicht sogar mit dem Gesetz in Konflikt kommen.
8/10 Punkten