Der Koch - Martin Suter

  • Autor: Martin Suter
    Titel: Der Koch
    Verlag: Diogenes
    Seiten: 312


    Über den Autor:


    Martin Suter, geboren 1948 in Zürich, ist Schriftsteller, Kolumnist (er schrieb die wöchentliche Kolumne ›Business Class‹ und verfasste die Geschichten um Geri Weibel) und Drehbuchautor (u.a. schrieb er das Drehbuch zu dem Film ›Giulias Verschwinden‹, 2009). Bis 1991 arbeitete er als Werbetexter und Creative Director, bis er sich ausschließlich fürs Schreiben entschied.


    Über den Inhalt:



    Weltweite Finanzkrise, Bürgerkrieg in Sri Lanka und ein Firma, die in aller Verschwiegenheit boomt: Love Food fürs Tête-à-Tête.


    Wir begegnen Maravan, der tamilische Asylant der als Einziger seiner Familie in die Schweiz fliehen konnte, arbeitet als Kochhilfe in einem Züricher Sternerestaurant, wo er allerdings tief unter seinem Niveau fürs Spülen und heranschleppen von Gerätschaften arbeitet.
    Maravan ist 33 Jahre alt und ist seit Kindesbeinen leidenschaftlicher Koch.
    In Sri Lanka ist er in der Küche seiner Tante aufgewachsen, die ihn nicht nur die Zubereitung von Currys gelehrt hat, sondern auch die Geheimnisse der ayurvedischen Küche beigebracht hat.


    Als Maravan entlassen wird, gründet er mit seiner Kollegin Andrea einen ganz besonderen Catering Service: "Love Food", der sich auf aphrodisierende mehrgängige Menüs für Paare spezialisiert hat.


    Anfangs kochen sie für Paare, die von einer Sexualtherapeutin vermittelt wurden, doch ihr Erfolg lockt schnell einen ganz anderen Kundenstamm an: Männer aus Politik und Wirtschaft – und deren Grauzonen.
    Maravan lebt ab nun an ständig in Sorge, dass das von Ihnen verdiente Geld „unanständig“ werden könnte, und als es das wird, muss er sich entscheiden, entweder für Menschen kochen, die aus tiefsten Herzen verabscheut, oder seine Familie in Sri Lanka am Leben erhalten, denn die dortige Situation spitzt sich immer weiter zu.



    Meine Meinung:


    Martin Suter ist den meisten Lesern bekannt, allerdings wagt er sich hier an ein ganz neues Thema.


    Die molekulare, ayurvedische Küche vor dem Hintergrund fast tagesaktuellen internationalen Wirtschaftspolitik.


    Diese beiden Faktoren sind nie zu vereinen habe ich gedacht, allerdings meistert Suter das wieder einmal mit Bravour.


    Maravan die stille Hauptfigur des Buches lebt in der für Ihn kalten Fremde und entfremdet sich mit der Wahl zu seinem Catering Service immer mehr von seiner eigentlichen Kultur, von der der Leser en passent eine ganze Menge erfährt.
    Die Tamilen werden uns als höfliches, zurückhaltendes Volk vorgestellt, die jedoch nach strengen kulturellen Richtlinien innerhalb ihrer Kasten leben.
    Jeder Ausbruch wird nicht nur mit persönlicher Ächtung bestraft, sondern fällt sogleich auf die gesamte Familie zurück und ist daher völlig undenkbar.


    Ich habe den Koch mit Spannung gelesen, er hat mir gefallen, sprachlich wie gewohnt sicher und der eigentliche Handlungsstrang geht nie verloren, auch wenn man sich fragt, wie der Autor es am Ende schaffen soll, all die angefangenen, losen Enden zu verknüpfen.


    Eine weitere Tatsache muss ich noch erwähnen, dieses Buch macht Hunger, beschäftigen sich Maravan und Suter gemeinsam mit der schier unerschöpflichen Kreativität der Zubereitungen von Speisen (deren genaue Rezepte im Anhang aufgelistet sind) die meines Erachtens aber nur von Menschen mit einer großen Kocherfahrung nachgekocht werden könnten.


    Und immer wenn Maravan eine seiner Pfannen auf den Herd stellt, bekommt der Leser Hunger und schielt schon nach den gelben Seiten um die Telefonummer des nächsten Tamilischen Restaurants zu finden!



    Zufriedene Grüße von Elbereth :wave


    Edits: millionen Tippfehler

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

    Dieser Beitrag wurde bereits 6 Mal editiert, zuletzt von Elbereth ()

  • Herzlichen Dank für diese tolle Rezi, liebe Elbereth. Ich bin sehr gespannt wie Martin Suter mit diesem neuen Thema umgeht. Bisher haben mich seine Bücher durch die Bank überzeugt.


    Also werde ich mir dieses Buch in jedem Falle auch zulegen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Orginal von Elbereth
    Und immer wenn Maravan eine seiner Pfannen auf den Herd stellt, bekommt der Leser Hunger und schielt schon nach den gelben Seiten um die Telefonummer des nächsten Tamilischen Restaurants zu finden!


    Sehr verlockend :-)


    Den möchte ich auch uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuunbedingt lesen!


    Edit: die Hälfte vergessen...

  • Hier meine Rezi:
    In seinem neuen Roman „Der Koch“ versteht es Martin Suter, mit leichter Hand so gewaltige Themen wie die Weltwirtschaftkrise und den fast unbemerkten Bürgerkrieg auf Sri Lanka mit den Künsten der molekularen Küche und ihren ayurvedischen Einflüssen zu verknüpfen. In seinem unverkennbaren, heiter-lakonischen Stil greift er nicht nur die Zusammenhänge der globalen Wirtschaft mit ihren skrupellosen Geschäftemachern auf, er macht auch auf einen vergessenen Bürgerkrieg aufmerksam, der schon Jahrzehnte währt.


    Dabei verliert er aber nie seine Geschichte aus den Augen, die er immer wieder mit pikanten Zufällen würzt – und mit jeder Menge famos beschriebener Geschmacksexplosionen, die einem beim Lesen das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Ein Roman, der mit Herz und Verve durch den Magen geht

  • Titel: Der Koch


    Autor: Martin Suter
    Verlag: Diogenes
    Erschienen: Februar 2010
    Seitenzahl: 272
    ISBN-10: 3257067399
    ISBN-13: 978-3257067392
    Preis: 21.90 EUR


    Zum Inhalt sagt der Klappentext:
    Maravan, 33 tamilischer Asylbewerber arbeitet als Hilfskraft in einem Züricher Sternelokal, tief unter seinem Niveau. Denn Maravan ist ein begnadeter, leidenschaftlicher Koch. In Sri Lanka hatte ihn seine Großtante in die Kochkünste eingeweiht, nicht zuletzt in die Geheimnisse der aprodistischen Küche. Als er gefeuert wird, ermutigt ihn seine Kollegin Andrea zu einem Deal der besonderen Art: einem gemeinsamen Catering für Liebesmenüs. Anfangs kochen sie für Paare, die eine Sexualtherapeutin vermittelt. Doch der Erfolg spricht sich schnell herum und eine zahlungskräftige Klientel bekundet Interesse. Männer aus Politik und Wirtschaft und deren anhängenden Grauzonen sind Teilnehmer dieser Menüs. Maravan befürchtet jedoch, dass die Sache langsam „unanständig“ wird – aber er ist auf das Geld dringend angewiesen, muss er doch seine Familie in Sri Lanka finanziell unterstützen.


    Der Autor:
    Martin Suter, geboren 1948 in Zürich, lebt mit seiner Frau in Spanien und Guatemala. Er war Werbetexter und erfolgreicher Werber, ein Beruf, den er immer wieder durch andere Schreibtätigkeiten ergänzt oder unterbrochen hat. Unter anderem "GEO"-Reportagen, zahlreiche Drehbücher für Film und Fernsehen. Seit 1991 lebt er als freier Autor, seit 1992 schreibt er die wöchentliche Kolumne "Business Class" in der "Weltwoche". Martin Suter ist am 29. März 2004 in Zürich mit der Goldenen Diogenes Eule ausgezeichnet worden.


    Meine Meinung:
    Wenn man ein Buch von Martin Suter zur Hand nimmt, dann kann man eigentlich nichts falsch machen. Genauso ist es bei diesem, bei seinem neuen Buch „Der Koch“. Martin Suter hat eine ganz besondere Art des Erzählens. Nichts ist verkrampft, alles ist vielmehr fließend ohne dabei oberflächlich zu sein. Zudem schafft Martin Suter es immer wieder auch über den Tellerrand zu schauen. So erfährt man gerade in diesem Buch sehr viel Interessantes über Sri Lanka, über das Leben der Menschen dort, über den schon jahrelang tobenden Bürgerkrieg. Und so ganz nebenbei schafft es Martin Suter auch seine Leser sehr neugierig auf die tamilische Küche zu machen. Sehr schön der Rezeptteil am Ende des Buches. Bisher schafft es Martin Suter – offenbar spielend leicht – sein gutes Niveau zu halten. Auch „Der Koch“ fällt gegenüber seinen Vorgängern nicht ab. Martin Suter liefert seinen Lesern – mal wieder – anspruchsvolle und kurzweilige Unterhaltung. Dieses Buch kann uneingeschränkt empfohlen werden.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Schön, dass es Dir auch gefallen hat :-)


    was ich auch immer wieder erwähnenswert finde und in meiner Rezension gar nicht mehr explizit erwähnt habe: Diogenes macht einfach sehr schöne Bücher mit einer auffällig guten Papierqualität, die sich für mein Gefühl unheimlich schön anfasst, das besser gekreidete Papier ist gleich auch immer ein haptischer Höhepunkt.



    haptische Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson


  • Diogenes-Bücher sind durchaus auch ein sinnliches Erleben. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


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  • Molekulare Küche ist sogar nicht mein Fall, aber Suter verbindet in seinem Roman die schwierigen Themen der Ausbeutung von Asylbewerben, des Desinteresses der Europäer an Angelegenheiten der Länder der dritten Welt, die Finanz- und Wirtschafskrise, Waffenschiebereien und das Thema Nr. 1, die Liebe, so geschickt, dass man sich nur wundern kann, dass auf 272 Seiten keine Überfrachtung entsteht und alle Fäden ohnelose Ende bleiben. Etwas unbefriedigend schnell finde ich den Schluß, wieso da soviel Schranken auf einmal zusammenbrechen kann man zwar ahnen, aber erklärt und wirklich verständlich gemacht wird das nicht. Insgesamt aber wieder ein sehr lesenswertes Buch.

  • Zitat

    Original von Queedin
    ohhh, den Thread entdecke ich ja erst jetzt. bin ja auch ein Suter-Fan und wenn ich Eure begeisterten Rezis so lese, wird wohl dieses Buch auch bald in meinem Regal landen.


    Du wirst es sicher nicht bereuen. Vertrau mir. :grin

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


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  • Für den neuen Suter liess ich alles stehen und liegen!


    Inhalt:
    Der tamilische Asylbewerber Maravan arbeitet als Küchenangestellter in einem Restaurant, weit unter seinen Fähigkeiten. Seine Spezialität sind aphrodisierende Gerichte, mit denen er auch seine Kollegin Andrea betört. Die beiden beschliessen einen Catering-Service zu eröffnen – “Love Food”. Zuerst kochen sie vor allem für Pärchen, die ihnen von einer Paartherapeutin vermittelt werden. Als dann aber immer mehr hohe Tiere aus Wirtschaft & Politik ihren Dienst in Anspruch nehmen, beginnen für Maravan & Andrea die Schwierigkeiten.


    Meine Meinung:
    Wer die älteren Suter mag, wird auch diesen mögen. "Der Koch" vereint alles, was Martin Suter auszeichnet: Aktualität, gute Recherchearbeit (so weit ich das beurteilen darf), detaillierte und wunderbar beschriebene Einzelheiten. Auch wenn ich mir unter den ausufernden Kochbeschreibungen nicht immer etwas vorstellen konnte, hat das alles etwas total faszinierendes!
    Empfehlenswert!

  • Minichapatis mit Curryblätter-Zimt- Kokosöl-Essenz


    Urd-Linsen-Cordons in zwei Konsistenzen


    Ladies-Finger- Curry auf Sali Reis mit Knoblauchschaum


    Curry vom Huhn auf Sashtika-Reis mit Korianderschaum


    Hört sich gut an, finden ihr nicht?


    Um dieses Menü geht es unter anderem in dem neuen Roman von Martin Suter. Aber hätte der Roman nur aus Gerichten und Anleitungen bestanden, hätte ich ihn bestimmt nicht gelesen.


    Maravan ist Tamile und lebt in der Schweiz. Er darf arbeiten, was ihn als privilegiert gelten lässt. Er ist eigentlich Koch, jedenfalls in Sri Lanka, aber in der Schweiz darf er nur Pfannen schrubben. Als es zu einem Streit in der Küche kommt, wird er fristlos entlassen. Gut, dass Andrea diesen Umstand ungerecht findet. Zusammen gründen sie einen illegalen Cateringservice: „Love Foods“. Dort kocht Maravan ein Menü, das nicht nur Herzen, sondern auch Körper in Wallung bringt. Sogar Andrea verfällt diesen Kostbarkeiten…..


    Sinnlich und exotisch entführt uns Suter in eine Welt, die es tatsächlich so gibt. Denn er lässt nichts aus, ob weltweite Finanzkrise oder Bürgerkrieg in Sri Lanka. Jedes dieser schwierigen Themen verpackt er geschickt und macht es gleichzeitig unentbehrlich für die gesamte Geschichte. Schließlich ist das Ende eine wahre Überraschung.


    Nach viereinhalb Stunden Lesegenuss bin ich tatsächlich wieder aus dem Sog der Geschichte aufgetaucht. Und finde es sehr, sehr schade, dass dieses Buch schon wieder zu Ende ist.

  • Nach "Dem letzten Weynfeldt" wollte ich nie wieder einen Suter lesen. Da über dieses Buch so viel positives berichtet wurde, konnte ich nicht widerstehen und ich bin begeistert. Ab der ersten Seite war ich in der Geschichte drin. Die Wirtschafts- und Finanzwelt interessiert mich normalerweise nicht, aber Suter schafft es, dieses Thema so in die Geschichte einzubauen, dass es keine Minute langweilig ist. Die Rezepte im Anhang sind sehr interessant, aber für mich definitiv nicht umzusetzen.


    Ein wirklich gutes Buch.

  • @Vorleser


    Prima dass dir das Buch gefallen hat. Dein Beitrag ist übrigens ein weiterer Beweis für die These, dass "man niemals nie sagen soll". :grin

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.