Muttermilch - Edward St. Aubyn

  • Muttermilch
    Obwohl weder Klappentext, noch Produktbeschreibung es verraten: dieses Buch ist der vierte Teil der „Some Hope“- Trilogie.


    Wie immer bei den Geschichten um Patrick Melrose, fängt alles ganz harmlos an: nach seiner fürchterlichen Kindheit und dem langen Abtauchen in endlose Drogentrips, scheint Patrick in diesem Buch zunächst seinen Frieden gefunden zu haben. Er ist Vater zweier wunderbarer Söhne und mit einer ebenso wunderbaren Frau verheiratet. Doch sehr schnell wird klar, dass St Aubyn auch in diesem Buch einiges an Schicksalsschlägen für seinen Helden vorgesehen hat.
    Seine greise Mutter Eleanor, mittlerweile in einem Pflegeheim untergebracht, hat das Haus seiner Kindheit, in dem Patrick auch heute noch den Sommerurlaub mit seiner Familie verbringt, an einen esoterischen Scharlatan verschenkt. Dieses Ereignis reicht, die fragile Fassade seines Kleinfamilienidylls zum Wanken zu bringen, und Patrick muss einen neuen Versuch der Vergangenheitsbewältigung starten.
    Denn Patrick verachtet seine Mutter: während seiner Kindheit permanent betrunken oder sonstwie abwesend, hatte sie ihn schutzlos seinem Vater ausgeliefert. Auch später richtet sich ihr Mitgefühl an die ganze Welt, nur der eigene Sohn bleibt unbeachtet. Im Gegensatz dazu steht die Mutter seiner eigenen Kinder, die sich, selbst gebranntes Kind, selbstlos um ihre Söhne kümmert. Dummerweise hat Patrick da auch wieder nichts von, und als er schließlich auch noch die Verantwortung für seine zunehmend siechende eigene Mutter übernehmen muss, bleibt ihm nichts anderes übrig, als endlich selbst erwachsen zu werden.


    Auch in diesem Buch werden wieder die Verhältnisse der besseren Gesellschaft seziert, diesmal muss die (Kern-)Familie dran glauben. Denn was als friedvolles Familienidyll erscheint, stellt sich alsbald als eine mit allerhand Bosheiten, Verletzungen und Versagen verknüpfte Zwangsgemeinschaft heraus, die eigentlich nur gestörte Menschen hervorbringen kann. Während die früheren Bücher St Aubyns mit dem Vater abrechnen, sind diesmal die Mütter dran, insbesondere all die Rabenmütter der High Society, die Kinder lediglich als Mittel zur Mehrung von Geld, Ansehen und Status betrachten.
    Manchmal bewegt sich St Aubyn dabei auf sehr dünnem Eis, es scheint als propagiere er das Modell der Übermutter, die ihr Leben gänzlich den Kindern opfert. Doch mit beißendem Spott und böser Ironie führt er auch diese Vorstellung ad absurdum.
    Überhaupt verbirgt sich das Grauenhafte dieses Lebens mal wieder hinter genial-witzigen Dialogen und überhaupt einer zynischen Sprache, so dass man oft erst, nachdem man schmunzelnd einen Satz gelesen hat, erkennt, wie böse das ist, was er da schreibt. Einfach genial :anbet

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle


    Einfach genial :anbet


    :write :write :write - und danke für die tolle Rezi :wave

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Zitat

    Original von buzzaldrin


    Hui, danke für den Hinweis. :wave


    buzz, schlag zu, du wirst es nicht bereuen :wave

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire