Inhalt (Amazon):
Jeanette Wintersons erster, jetzt wieder lieferbarer Roman ist die bizarre Geschichte einer Kindheit und Jugend in England und einer Befreiung.
Jeanette, die Heldin dieses Buches, wächst bei Stiefeltern auf. Sie wurde adoptiert, um ihren Eltern gegen den feindlichen Rest der Welt zur Seite zu stehen und als Kind im Dienste Gottes das sündige Diesseits zu läutern. Damit sie gar nicht erst vom rechten Weg abkommt, schicken sie die Eltern zuerst gar nicht in die Schule. Als sie dann aber doch mit der Außenwelt Kontakt bekommt, begreift Jeanette allmählich, was man mit ihr macht. Als sie sich dann in eine junge Frau verliebt, wird ihr klar, dass sie sich befreien muss, um ein eigenes Leben zu beginnen.
Meine Meinung:
Von Jeanette Winterson habe ich schon viel Gutes gehört und wollte mir endlich auch mein eigenes Bild machen. Ich habe mir ihren Erstling ausgesucht, der einen, meiner Meinung nach, sehr wohlklingenden Titel hat. Die großen Themen des Buches, also Religion (hier eine christliche Sekte), Familie, Aufwachsen in einer kleinen englischen Stadt und den Prozess, seinen Platz in der Welt zu finden, interessierten mich sowieso.
Jeanette Winterson schreibt wunderbar, manchmal fast lyrisch, manchmal auch sehr ironisch. Die Protagonistin Jeanette (man kann also auf autobiographische Elemente tippen) erzählt von ihrem Aufwachsen in einem sehr religiösen Elternhaus. Zuerst relativ harmonisch, wird es dann zunehmend schwieriger. Jeanette kommt in die Schule und merkt, dass sie durch ihre radikalen religiösen Ideen (wenn gebastelt wird, will sie z. B. immer ziemlich nicht-kindgeeignete Szenen aus der Bibel nachstellen) schnell zur Außenseiterin wird. Aber Jeanette wird größer, ihr Weltbild weiter und sie fängt auch an, gewisse Ansichten ihres Elternhauses zu hinterfragen.
Der klare Bruch kommt allerdings erst dann, als sie sich in Melanie verliebt.
Der Anfang des Buches hat mich sofort begeistert, ich tippe ihn mal ab (leider auf Englisch, Entschuldigung an alle, die der Sprache nicht mächtig sind):
"Like most people I lived with a long time with my mother and father. My father liked to watch the wrestling, my mother liked to wrestle; it didn't matter what. She was in the white corner and that was that. She hung out the largest sheets on the windiest days. She wanted the Mormons to knock on the door. At election time in a Labour mill town she put a picture of the Conservative candidate in the window. She had never heard of mixed feelings. There were friends and there were enemies. Enemies were: The devil (in his many forms), Next Door, Sex (in its many forms), Slugs. Friends were: God, Our dog, Aunt Madge, The novels of Charlotte Bronte, Slug pellets
and me, at first."
Ich habe es sehr genossen diese Coming-of-age-Story zu lesen, dennoch habe ich einen Kritikpunkt: Winterson schiebt öfters Kapitel ein, in denen sie Allegorien (christliche aber auch Märchen) erzählt, die wohl die Geschichte untermalen sollen. Leider fehlt mir da vielleicht die Kenntnis, um den Subtext zu verstehen, vielleicht ist es aber auch so gewollt, dass sich der Sinn der Allegorien dem Leser nicht ganz erschliessen.
Gen Ende habe ich diese Kapitel sogar übersprungen, was den Roman für mich straffer und spannender machte, ohne (meiner Meinung nach) an Verständnis einzubüßen.
Dennoch war ich sehr angetan von diesem Erstlingswerk, in dem ich viele Sätze fand, die es würdig waren, herausgeschrieben zu werden.
Z. B.: "I came to this city to escape. If the demons lie within they travel with you. Everyone thinks their own story is most tragic. I am no exception."
Gerne werde ich weitere Romane von Winterson lesen.
7 von 10 Punkten.