Das geheime Leben der Bücher - Régis de Sá Moreira

  • Klappentext:


    Auch Bücher brauchen Liebe!


    Viele wünschen sich, sie könnten von Luft und Liebe leben.
    Er, der Buchhändler, lebt vom Lesen, denn nur dann hat er das Gefühl, geliebt zu werden. Seine Buchhandlung ist sein Universum, die Bücher sind seine Schützlinge. Und bei jedem Klingeln seiner Türglocke ist er immer wieder bereit, seine frohe Botschaft zu verkünden:
    Lesen hilft und macht glücklich …


    Über den Autor:


    Régis de Sá Moreira, Sohn einer Französin und eines Brasilianers, ist 1973 geboren.
    Er ist in Frankreich aufgewachsen und lebt zurzeit in Paris, wo er als freiberuflicher Autor arbeitet. Joseph & Clara. Eine Liebesgeschichte ist nach Das geheime Leben der Bücher sein zweites Buch in deutscher Sprache.


    Meine Meinung:


    Bei diesem mit 170 Seiten sehr schmalen Büchlein handelt es sich weniger um eine chronologisch zusammenhängende Erzählung als vielmehr um in kurzen Kapiteln dargestellte Episoden aus dem Leben eines Buchhändlers. Der Buchhändler lebt in einer namenlosen Stadt, führt dort eine namenlose Buchhandlung und wird selbst auch nicht beim Namen genannt. Der Autor spricht von seiner Hauptfigur konsequent in der 3. Person als „Der Buchhändler“. Diese Unbestimmtheit verleiht dem geheime(n) Leben der Bücher etwas Schwebendes, beinahe Unwirkliches, als könne sich die Geschichte überall und nirgends zugetragen haben.
    Der Buchhändler ist nun ein sehr eigenwilliger Charakter. Ein Sonderling. Ein Kauz. Der Gedanke, ein nach literarischer Erbauung dürstender Kunde könne vor verschlossenen Türen stehen, ist ihm derart unerträglich, dass er reguläre Öffnungszeiten kurzerhand abgeschafft hat und den Buchladen rund um die Uhr geöffnet lässt. Die Vorstellung, wie der Buchhändler einen verirrten Kunden des Nachts bei Lampenschein durch die Regalreihen führt, hat schon etwas sehr romantisches. Die beharrliche Weigerung des Buchhändlers, seinen Kunden „Schund“ zu verkaufen, zeigt ihn als einen liebenswerten Idealisten, der in seiner eigenen Welt lebt, in der wirtschaftliche Aspekte völlig außen vor bleiben. Es gibt einige bezaubernde Momente in diesem Büchlein, einige Stellen, die mir unwillkürlich ein Lächeln auf die Lippen gezaubert haben:
    Als der Buchhändler den Laden kurz verlässt und bei seiner Rückkehr bemerkt, dass Bücher fehlen, zeigt seine Reaktion die besondere Art von Humor, die in der Geschichte immer wieder aufblitzt:
    „Endlich Leute, die keinen Schund stehlen.“
    Auch die Liebe zur Literatur, das vollkommene Glück, das den Buchhändler erfasst, sobald er die Nase in ein Buch steckt, die beinahe heilsame Wirkung des Lesens, kommt in dieser Figur wunderschön zum Ausdruck.
    Und dennoch kann ich kein wirklich positives Gesamturteil abgeben.
    Zu vieles bleibt in Das geheime Leben der Bücher unausgesprochen. An sich wäre das nichts Schlechtes, der Leser soll ruhig selbst ein wenig denken. Ich hatte allerdings immer wieder das Gefühl, dass mir der Autor das entscheidende Puzzleteilchen vorenthält, das ich für ein sinnvolles Gesamtbild dringend gebraucht hätte. Oft habe ich mich am Ende einer Szene gefragt, was mir das Erzählte nun sagen will, ob ich ein wichtiges Detail, gar einen Subtext übersehen habe …
    Ich habe in diesem Büchlein leider nichts von der heimeligen, erbauenden und magischen Atmosphäre gefunden, die Klappentext und Cover suggerieren. Vielleicht gelingt das anderen Lesern.
    Für mich eine Lektüre mit kleinen, charmanten Highlights, aber insgesamt sehr surreal. Das vorherrschende Gefühl während des Lesens: Irritation.

  • Das Buch gefiel mir sehr, ich musste oft lachen, aber z.T. ist es auch ziemlich melancholisch. Der Buchhändler sinniert zum Beispiel über seine Freunde, die nicht mehr seine Freunde sind, seit sie angefangen haben, über ihn zu reden. Dann sind da seine auf der ganzen Welt verteilten Geschwister, denen er herausgerissene Buchseiten schickt, wenn er findet, dass diese der jeweiligen Person etwas sagen oder zu ihnen passen. Und dann sind da noch diese drei Frauen im Prolog und Epilog, waren es seine Exfrauen (ist zu lange her)?


    "Ich habe in diesem Büchlein leider nichts von der heimeligen, erbauenden und magischen Atmosphäre gefunden, die Klappentext und Cover suggerieren."


    Ich auch nicht, und ich finde, "surreal" trifft es ganz gut, und verschroben füge ich noch hinzu, ich musste bei manchen Passagen sogar an Helge Schneider denken (den ich sehr mag).


    Ob man das Buch mag oder nicht, wird man wahrscheinlich schnell merken, wenn man in die ersten Kapitel (sind alle sehr kurz) reinliest.


    Hier noch die gebundene Ausgabe, die sehr schön ist - leider nur noch gebraucht (ich hatte damals Glück, es gab das Buch bei Jokers).


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  • Zitat

    Original von Bell


    Und dann sind da noch diese drei Frauen im Prolog und Epilog, waren es seine Exfrauen (ist zu lange her)?


    Das war auch meine Vermutung, die sich allerdings nicht geklärt hat, wie so vieles andere ...

  • Der Titel hat mich neugierig auf das Buch gemacht, aber irgendwie bin ich jetzt enttäuscht. Ich hatte irgendwie etwas anderes erwartet, mehr über die Bücher und nicht nur über einen schrulligen Kauz als Buchhändler. Manche Szenen fand ich ja zum Schmunzeln, aber zum größten Teil habe ich mich gefragt, was mir die ganze Handlung eigentlich sagen will. Eines steht auf jeden Fall fest, er würde niemals der Buchhändler meines Vertrauens werden.


    Ich bewundere zwar seine Liebe zu den Büchern, seine Konsequenz keinen Schund zu verkaufen bzw. die Buchhandlung rund um die Uhr zu öffnen, aber im Gegensatz dazu steht für mich der völlige Widerspruch mit dem Rausreißen der Seiten aus dem Buch um mit seinen Geschwistern Kontakt zu haben.


    5 von 10 Punkten

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)