Kurzbeschreibung
Floressas Des Esseintes flieht vor der Grobheit und Banalität der Zeitgenossen ins Exil seines Landhauses, wo das Schlafzimmer als Mönchszelle gestaltet, seine Dienerin als Nonne verkleidet ist. Alles Natürliche, der Außenwelt Zugehörige wird konsequent ferngehalten, aus Kunst und Künstlichem schafft er sich sein eigenes Paradies.
Die Tage verrinnen in ausschweifenden Phantasien über symbolistische Gemälde und Literatur, Schwelgereien in Farben und Düften, Träumen, die ihm die Wirklichkeit ersetzen; nach immer morbideren Sinnesreizen verlangt es Des Esseintes. Da wird die Kunstwelt brüchig: Alpträume und Halluzinationen über vergangene Exzesse drängen sich ins Dasein des Ästheten, treiben seine Neurose ins Extrem, so daß schließlich nur eine Rückkehr in die »Normalität« sein Leben retten kann.
Über den Autor
Joris-Karl Huysmans, 1848 in Paris geboren und 1907 dort gestorben, war lange Zeit Angestellter des Innenministeriums in Paris, wo er von Aufenthalten in Klöstern und kurzen Reisen abgesehen, immer lebte. Um 1892 konvertierte er zum Katholizismus. Von seinen Zeitgenossen gefeiert gilt er als prominenter Vertreter der literarischen Dekadenz wie als Wegbereiter der Symbolisten.
Meine Meinung zum Buch
Als ich mit dem Buch begann, hatte ich etwas wie "Das Bildnis des Dorian Gray" - nur in verschärfter Form - erwartet. Tatsächlich fiel dieses Buch dann ganz anders aus. Es beschreibt vor allem das Seelenleben und die Gedankengänge/Betrachtungen der Hauptfigur. Als Leser nimmt man an diesen imaginären Streifzügen durch die Welt des Floressas Des Esseintes teil und fremdelt doch mit dem, was dort ausgebreitet wird. Seitenlange Abhandlungen über Autoren der katholischen Theologie haben für mich den Lesefluss nicht gerade begünstigt. Explizite Handlung tritt in diesem Buch fast gar nicht auf - die einzige Stelle dieser Art ist jedoch bemerkenswert:
Des Esseintes geht es in seiner Klause immer schlechter, und er setzt sich die fixe Idee in den Kopf, dass ihn eine Reise nach England kurieren würde. Er trifft die Reisevorbereitungen und begibt sich in das ihm verhasste Paris um den Zug zu nehmen. Die Wartezeit überbrückt er mit einem Spaziergang durch das nebelige Paris, das ihn geradezu schon nach London versetzt, bevor er die Fahrt auch nur angetreten hat. Er kehrt in ein von Engländern frequentiertes Restaurant ein, das von Gestalten bevölkert wird, die ihm aus einem von Dickens' Büchern entsprungen zu sein scheinen. An diesem Ort lebt er richtig auf und tut alles um den Aufbruch zu verzögern, die Zeit bis zum Letzten auszukosten. Huysmans beschreibt diesen Prozess und die Atmosphäre in Paris mit einer wunderbaren Sprache, die dieses Kapitel für mich zum absoluten Höhepunkt des Buches gemacht hat.
Fazit: Ein bemerkenswertes, wenn auch über weite Strecken recht zähes Buch, das mir wegen seiner Besonderheit und dem oben beschriebenen Kapitel doch recht gut gefallen hat. Lesenswert.