Fischer Taschenbuch, 106 Seiten
Kurzbeschreibung:
Von Joachim Fest für die Sendereihe des ZDF »Zeugen des Jahrhunderts« befragt, erteilt Marcel Reich-Ranicki Auskunft über seine Erlebnisse und Erfahrungen »zwischen Diktatur und Literatur«. Er wurde 1920 in Wloclawek an der Weichsel geboren, wuchs aber in Berlin auf. Im Herbst 1938, kurz nach dem Abitur an einem preußischen Gymnasium, nach Polen deportiert, war er während des Krieges zunächst im Warschauer Ghetto und dann im Untergrund. Nach 1945 betätigte er sich in Warschau als Kritiker deutscher Literatur, 1958 kehrte er von einer Studienreise in die Bundesrepublik nicht mehr nach Polen zurück. Von 1960 bis 1973 war er ständiger Literaturkritiker der Wochenzeitung Die Zeit und leitete von 1974 bis 1988 den Literaturteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er ist überdies Honorarprofessor an der Universität Tübingen. Im Mittelpunkt des Gesprächs stehen Reich-Ranickis ebenso persönliche wie zeitgeschichtlich symptomatische Erlebnisse im nationalsozialistischen Deutschland und im kommunistischen Polen.
Über die Autoren:
Marcel Reich-Ranicki, geb. 1920 in Wloclawek an der Weichsel, ist in Berlin aufgewachsen. Er war 1960-1973 ständiger Literaturkritiker der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" und leitete 1973 - 1988 in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Redaktion für Literatur und literarisches Leben. In den Jahren 1968/69 lehrte er an amerikanischen Universitäten, 1971-1975 war er ständiger Gastprofessor für Neue Deutsche Literatur an den Universitäten von Stockholm und Uppsala, seit 1974 ist er Honorarprofessor an der Universität Tübingen, in den Jahren 1991/1992 bekleidete er die Heinrich-Heine-Gastprofessur an der Universität Düsseldorf. Seit 1988 leitet er das "Literarische Quartett" im Zweiten Deutschen Fernsehen.
Reich-Ranicki erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem: die Ehrendoktorwürde der Universitäten Uppsala, Augsburg, Bamberg und Düsseldorf, den Ricarda-Huch-Preis (1981), den Thomas-Mann-Preis (1987), den Bayerischen Fernsehpreis (1991), sowie
den Ludwig-Börne-Preis (1995).
Joachim Fest, geboren 1926, war einer der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen.
Er starb 2006.
Karl B. Schnelting, geboren 1930, war1976 Leiter der Hauptredaktion Kultur des ZDF.
Er starb 1999.
Meine Meinung:
Im Dezember 1982 interviewte Joachim Fest Marcel Reich Ranicki über seine Stellung als Kritiker und über sein Leben. Dieses Gespräch wurde dann im ZDF als Teil der Reihe Zeugen des Jahrhunderts ausgestrahlt.
Herausgegeben wurde das Buch von Karl B. Schnelting, der auch das Vorwort schrieb.
Einige Themen sind aufgrund des Alters des Gesprächs nicht mehr so aktuell. Seitdem hat sich MRR wiederholt zu seiner großen Bedeutung als Kritiker geäußert. Durch seine Autobiographie „Mein Leben“ hat er vermutlich auch wichtige Themen dieses Gespräches in ausführlicher Form verarbeitet.
Trotzdem ist dieses Buch gut zu lesen. Der Verdienst daran steht vor allem Joachim Fest zu, da er die Gesprächsführung äußerst geschickt leitete.
Spannend waren die Abschnitte, in denen MRR über seine Jugend- und Schulzeit in Berlin berichtete und seine Aussagen zum Theater in der Zeit des Nationalsozialismus.
So lobt er zum Beispiel Gustaf Gründgens ausdrücklich für sein Wirken als Intendant am Theater.
Am beeindruckensten sind aber die Abschnitte, in denen MRR ausführlich und detailliert über die Zeit im Warschauer Ghetto berichtete. Das Leben dort war unvorstellbar hart, die Menschen waren von Deportationen bedroht. Reich Ranickis Eltern wurde nach Treblinka deportiert und dort vergast. Reich Ranicki und seine spätere Frau flohen aus dem Ghetto und überlebten versteckt.
1959 folgt die Rückkehr nach Deutschland und der Aufstieg als Kritiker.
Es bleibt natürlich die Frage, ob dieses Buch Lesern, die „Mein Leben“ bereits kennen, noch viel bietet. Ich fand es auf jeden Fall interessant.