James Ellroy-Blut will fließen

  • Kurzbeschreibung Amazon:


    Böse Ex-Cops, intrigante Killer, feige FBI-Informanten und gefährliche Frauen im Spiel um Macht, Millionen und Sex sind sie alle willfährige Marionetten, gelenkt von Politikern und ihren zweifelhaften Freunden. James Ellroys Abschluss der Underworld-Trilogie ist ein gnadenlos spannender Thriller und ein literarisches Ereignis.USA, 1968: Nixon und Humphrey kandidieren für das Präsidentenamt. Der Wahlkampf ist hart und geprägt von Verleumdung und Korruption. Die Ermordung von Martin Luther King und Robert Kennedy, die Proteste von Schwarzen und Studenten wie auch der Vietnamkrieg bringen Unruhe in das Amerika jener Tage. In Los Angeles beschäftigt Scotty Bennett vom LAPD der ungeklärte brutale Überfall auf einen Geldtransporter, bei dem mehrere Millionen Dollar und eine größere Menge Smaragde verschwanden. Je mehr er bei den Ermittlungen in die Nähe der Machtzentren gerät, desto gefährdeter ist seine Mission - und auch sein Leben. Steckte das FBI hinter dem Überfall? Flossen die Millionen in Nixons Wahlkampf? Was hat Howard Hughes Nixon versprochen? James Ellroy führt zu den Hintertreppen der Macht und besticht mit seiner radikalen Gesellschaftskritik, einer explosiven Mischung aus Verschwörung und Gewalt, Besessenheit, Sex und Drogen.




    Eigene Meinung:


    Fast hätte ich aufgegeben und bin stolz durchgehalten zu haben. Das "literarische Meisterwerk" ist bestimmt nicht für jeden etwas. Die Handlungsstränge sind sosehr ineinander verstrickt, dass es schon eine Kunst ist, alles sinngemäß auseinander zu pflücken. Der Fall ist spannend, keine Frage. Auch das stete Ausscheiden und Hinzukommen gewisser Protagonisten macht die Story abwechslungsreich. Das Blut will wirklich fließen. Morden scheint regelrecht an der tagesordung zu stehen. Dennoch wurde der Krimi für mich erst nach 3/4 des Buches wieder spannend und interessant, da ab dort die Zusammenhänge wieder ersichtlicht wurden. So versteht man am Schluss doch tatsächlich, wie es zum Mord an "Tatoo", zum Verschwinden Reggies usw. gekommen ist. Der Krimi bewegt sich nicht nur sprachlich auf höhstem Niveau, auch den einzelnen Protagonisten wird eine sehr hochgestochene Ausdrucksweise in den Mund gelegt, was man z.B an den einzelnen Tagebucheinträgen sehr gut sehen kann. Vielleicht sollte man dieses Buch nocheinmal lesen, um alles genau zu verstehen, ob man sich dies aufgrund der Fülle der Informationen nocheinmal antut ist fraglich.

  • Schöne Rezi, herzlichen Dank dafür. James Ellroy ist in meinen Augen immer eine gute Hausnummer. Erinnert sei hier nur an "Die schwarze Dahlie".

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Am 24.02. 1964 wird in Los Angeles ein Geldtransporter überfallen. Vier tote Sicherheitsleute, drei tote Räuber bleiben am Tatort zurück. Die Tat bleibt unaufgeklärt, die Beute ist verschwunden. 1968 setzt die eigentliche Handlung ein, sie spritzt förmlich in alle Richtungen auseinander. Ellroy streift die Morde an John F. Kennedy und Martin Luther King. Howard Hughes will seine Geschäfte auf die Dominikanische Republik ausweiten. E. Hoover, Chef des Geheimdienstes lässt die Schwarzen Panther auskundschaften. Er lässt überhaupt alles auskundschaften. Nixon wird Präsident, auf anrüchige Weise. Auf den ersten Siebzig Seiten wird viel vergangenes abgehandelt, weil das Buch das Ende einer Trilogie darstellte. Das macht das Lesen nicht gerade leicht, zudem tauchen etliche Details und Personen aus den sechziger Jahren auf, die manchem Heute vielleicht unbekannt sind, wie Sonny Liston, dem Boxer oder Sam Giancana, einem Mafiapaten.


    Der Roman nimmt dann aber rasant an Fahrt auf und führt schließlich in die Eingeweide Amerikas, wo Rassismus eine Selbstverständlichkeit und Schwulenhass zum guten Ton gehört. Ein Kampf der niederen Instinkte, gegen die menschlichen Werte. Auf der einen Seite, die Idealisten, die Roten, auf der anderen Seite eine Traube von Hardlinern, denen die Zeit wegläuft. Es gibt keine richtigen Helden in diesem Roman, dafür einen Haufen pathologischer Fälle, wie Crutch den Voyeur, einen Schnüffler par excellence, ein Getriebener, wie der Autor. Oder Wayne, der zum Vatermörder wird.


    Meinung:


    James Ellroy schreibt, als feuere er Maschinengewehrsalven auf seine Leser ab. Ein wahres Stakkatogewitter an knackig kurzen Sätzen prasselt hernieder. Nach Hundert Seiten konnte ich das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Alles ist Gewalt in diesem Buch, die Sprache, das Innenleben der Figuren, ihre äußeren Handlungen. Wer nur einen Hoffnungsfunken hat, muss brennen. Kaum eine Seite, ohne Drogenmissbrauch, Sex und Hass. Fabelhaft, die Charaktere, das Schicksal zerteilt die Persönlichkeiten, wie eine Guillotine. Joan, eine ungewöhnlich stark gezeichnete Frau, deren Härte E. Hoover, wie einen Waschlappen erscheinen lässt. Das Verrückte ist, dass James Ellroy diese ganzen Handlungsfäden am Schluss nahtlos zusammenfügt. Alles geht auf. Alles geht unter. Außer… Ein tolles Buch!

  • Vorweg: Ich habe die ersten beiden Bände nicht gelesen. Macht aber nix, da Ellroy -wie immer- eigentlich mehr ein Gemälde der Zeit als der Personen zeichnet. Sympathische Protagonisten findet man hier nicht. Höchstens mal den ein oder anderen menschlichen Zug. Die haben alle Dreck am Stecken, jeder auf seine Art. Jeder verfolgt auch seine eigenen Ziele. Und das sehr beharrlich. Da wird zwar mal hier eine Allianz eingegangen, oder da vordergründig geklüngelt, aber schneller als man lesen kann, dreht sich das Kaleidoskop der Beziehungen weiter: Komplizen werden zu Verrätern, verdeckte Ermittler zu Ausgestossenen, Kriminelle zum Verfechter der Rechte Schwarzer, Rechte zu Roten, Polizisten zum Mörder.


    Handlungsstränge gibt es zwar mehr als genug, und Ellroy versteht es auch mal wieder, alle am Ende perfekt zusammenlaufen zu lassen. Aber keiner davon ist eine Tour de Force. Was es auch teilweise nicht einfach macht, alles auseinanderzuhalten. Aber besser als jedem anderen ist es Ellroy gelungen mir ein Gefühl für die Zeit damals zu vermitteln. Wie es war zwischen Polizei, FBI, Verbrechern, Staatsoberhäuptern, Schwarzen und Roten. Oder vielleicht auch heute noch ist. Wer weiß? Vielleicht handelt Ellroys nächster Roman ja vom Hier und Jetzt...


    Was mir mit am besten gefällt an Ellroys Romanen ist die Realitätsnähe. Klar, ein Buch mit einem Helden und Happy End ist toll. Aber ist das realistisch? Nein. Ellroy sagt/schreibt wie es ist. Da sterben halt auch mal Hauptpersonen mitten im Buch/Leben. Da findet nicht alles ein glückliches Ende. Man weiss eigentlich nie, was noch Realität und was schon Roman ist. Und ob er nicht sogar einen Teil davon selbst erlebt hat. Immerhin hat er "Blut will fließen" einer "Genossin" gewidmet. Und war vor seiner Schriftstellerkarriere drogenabhängig.


    Was die derbe, dreckige Sprache betrifft, denke ich nicht, dass Ellroy uns damit schockieren oder provozieren will. Zumindest nicht nur. "Nigger" war 1968 kein Schimpfwort. Ich denke, er will eher zeigen, wie schockierend und provokativ die weissen Amerikaner sich damals verhielten.

    Liebe Grüße :wave


    Waldmeisterin


    Every day I give my family two choices for dinner: take it or leave it!


    Nulla unda tam profunda quam vis amoris furibunda

  • Mir hat das Buch auch gut gefallen. Dies war mein erster Roman von Ellroy.


    Am Anfang musste ich mich erstmal an seinen Schreibstil gewöhnen, dann gings aber gut zu lesen. Toll wie die verschieden Personen und deren Geschichten am Ende alle zusammenhängen. Allerdings hatte ich lange Probleme die ganzen Leute auseinanderzuhalten. Wenn das damals dort wirklich so abglaufen ist :yikes.


    In Zukunft werde ich mir dann noch die ersten beiden Teile der Underworld-Triologie zu Gemüte führen (leider nicht in meiner Bibliothek vorhanden :-( )