Wintereinbruch in Deutschland - Geht es uns zu gut?

  • Ich lache mich halt immer tot, wenn es heißt "überraschender Wintereinbruch". Also erstens wird der ja meistens im Wetterbericht vorhergesagt und zweitens: was ist denn bitte, im Januar an Schnee überraschend? :pille


    An sich finde ich das Wetter jetzt auch nicht so dramatisch (wir hatten in Leipzig letzte Nacht immerhin -20 Grad und es liegt seit Ende Dezember wirklich viel Schnee).


    Was mich allerdings massiv gestört hat dieses Jahr war das Verkehrschaos.
    Am 22. Dezember wurde mein Flug von Berlin nach Paris gecancelt und ich habe feststellen dürfen, dass Easyjet den schlechtesten Kundenservice der Welt bietet, das war denen nämlich absolut schnuppe.
    Ich durfte dann am nächsten Tag (glücklicherweise habe ich Verwandte in Berlin) 200 Euro für ein Zugticket aus eigener Tasche bezahlen und natürlich 9 Stunden fahren, mit dem Zusatzbonus, dass der Zug wegen dem Ausfall des Berlin-München Zugs total überfüllt war. Naja, jedenfalls habe ich es noch zu Weihnachten nach Hause geschafft, was nicht jedermanns Fall war.
    Das ist mir unverständlich: denn vor Weihnachten war ja keine Rekordkälte. Ich bin auch schon bei Schnee und Kälte im Flieger gesessen. Und: in Deutschland sollte man das doch auch gewohnt sein?! Warum ist da alles still gestanden? :fetch


    Um also die Ausgangsfrage zu beantworten: ich habe kein Problem mit Schnee und Eiseskälte (auch wenn ich mich alle 2 Minuten auf eine karibische Insel wünsche), ich habe was gegen unzumutbare Reisebedingungen aufgrund der Kälte.

  • Ich gebe zu dass ich mich über die Leute aufrege die vor uns auf der Autobahn rumrödeln, wenn nur 2 Schneeflöckchen zu sehen sind, wir fahren jeden Morgen um 6:30 Uhr mit unserem Bus durch die Pampa und sammeln Behinderte Kinder ein um diese zur Schule zu bringen, dann gehts ab auf die Autobah, da fängt der Horror an, die Leut haben vor Schneeflocken angst. Klar brauch ich den Schnee auf der Autobahn nicht unbedingt vorallem bei solchen Schleichern, aber wenn ich dann Feierabend habe und genug Schnee gefallen ist dann pack ich meinen Junior ein und ab raus mit Schlitten etc.


    Als Kind haben fast alle im Schnee gespielt, in der Schule sich gefreut wenn draußen alles mit Schnee bedeckt war. Und heute sitzen die meisten in ihren Autos und jammern da sie evtl einen Unfall haben können wenn sie 100 KMh fahren.


    Das die Leute panik machen weils -10°C sind oh leut. Dafür gibts Klamotten.


    Es gibt kein schlechtes Wetter nur schlechte Kleidung :grin


    Wir sind immer gut eingepackt, meist morgens noch bewaffnet mit Thermobecher und Thermoskanne zur Arbeit :grin
    So schlimm ist das alles gar nicht

  • das Wetter ist doch nie richtig wie es ist.... Jetzt haben wir nen ordentlichen Winter, da schreien die Medien Wetterchaos. Hätten wir jetzt Temperaturen um die 10 Grad plus würden schon wieder alle Klimaktastrophe schreien.


    Ich kann mich aus meiner Kindheit auch erinnern, daß selbst in München am ersten Tag mit Schneefall immer Chaos war, am Tag drauf hat es keinen mehr interessiert. Und in den siebzigern hatten wir jedes Jahr richtig Schnee, sofern man meinen Kinderbildern trauen kann ;-)


    Nachdem Erlangen ja eher das Wärmeloch Bayerns ist, ist es schon ungewöhnlich, daß so viel Schnee liegt und auch mal länger als ne Woche liegen bleibt. Aber Himmel, dafür ist es ja Winter....


    Ich find es nicht schlimm, ich mag es, wenn die JAhreszeiten auch ihr Gesicht zeigen. Nur hoffentlich gibt es dieses Jahr auch einen Frühling den man als solchen erkennen kann.

  • Ich finde es auch, trotz aller Unananehmlichkeiten schön, dass endlich mal wieder richtig Winter ist, da kann ich mich ja kaum noch dran zurück erinnern. 10 Grad plus und Dauerregen im januar und Februar finde ich persönlich schlimmer.
    Wir werden uns halt nahrungstechnsich darauf einrichten, dass am WE ggf. nix geht und dann lassen wir uns mal schön einschneien. Solange Gas und Strom nicht ausfallen ist alles noch im grünen Bereich. Und bis Montag sind die Straßen ja hoffentlich wieder frei.

  • Komischerweise haben dieses Jahr wohl alle mehr Schnee als wir hier in Ostbayern. Wir haben zwar Schnee, aber Schlitten fahren konnten wir diesen Winter noch gar nicht. Also hier vor Ort. Wenn ich 20 km weiter auf einen Berg fahre, dann geht es. Aber wenn ich an meine Kindheit zurückdenke und auch noch so vor 15 Jahren, dann hatten wir jedes Jahr Winter pur. Wir hatten wochenlang richtig tollen Schnee, ich war jeden Tag Schlitten fahren. Das geht schon seit Jahren nicht mehr. Derzeit haben wir immer -5 bis -8°, finde ich auch total normal. Ich kann mich an Zeiten erinnern, da waren -15° normal und es gaben Spitzenwerte bis -25°, da tat das Atmen draußen ziemlich weh.


    Vielleicht liegt das Winterchaos daran, dass sich der "richtige" Winter jetzt nicht mehr auf bestimmte wintererprobte Regionen beschränkt, sondern auch in Regionen vordringt, die nicht daran gewöhnt sind.

    Liebe Grüße
    Sabine


    Ich :lesend"Talberg 1935" von Max Korn

    Ich höre "Mein Leben in deinem" von Jojo Moyes

    SuB: 163

  • Ich finds gut das endlich mal wieder zur richtigen Zeit Schnee und Eis vorherrschen und das schon das 2x in Folge. :grin


    Gut, ist nicht immer leicht im Straßenverkehr oder so Sachen, aber man ist es nur nicht mehr gewöhnt.


    Wäre es all die Jahre gewesen würde sich kein Mensch darum kümmern.

  • Zitat

    Original von Cookiemonster
    Ich lache mich halt immer tot, wenn es heißt "überraschender Wintereinbruch". Also erstens wird der ja meistens im Wetterbericht vorhergesagt und zweitens: was ist denn bitte, im Januar an Schnee überraschend? :pille.


    Mein Reden!!! Noch besser finde ich: Die Autofahrer wurden vom Schnee überrascht :rolleyes Hat ja bestimmt auch vorher kein Wetterbericht von geredet....
    Hier in Nordfriesland gehen wir inzwischen ziemlich relaxed mit dem Schnee um. Jeder Winter wird am Schneewinter 78/79 gemessen, und im Gegensatz zu dem kann man alles aushalten ;-)
    Ich finde es eher gruselig, daß die Leute im Winter eher NICHT mehr mit Schnee rechnen. Und es ist schön für die Kinder, die bisher sowas wie Schlittenfahren und Schneemannbauen hier fast nicht gekannt haben, in Ermangelung an SCHNEE

  • Ich mag Winter und ich mag Schnee. Ich mag nicht, Leute, die auf einmal SUPERvorsichtig fahren. Klar, sollte man vorsichtig fahren, mache ich auch, aber in Schritttempo, wenn die Straßen geräumt sind, nur weil am Rand Schnee liegt - das geht gar nicht. Genausowenig, wenn man sieht, dass es glatt sein könnte und die Leute trotzdem mit 160 über die Autobahn rauschen, auf der im Übrigen nur 120 erlaubt sind. Man sollte schon das Mittelmaß finden.


    Tja, und die Deutsche Bahn ist auch so ne Sache. Ich frag mich, warum bei denen nix klappt und in anderen Ländern die Bahnen trotzdem fahren.


    Meine Kollegin ist total panisch. Die redet von nix anderem als diesem Schneechaos, das gar keins ist und nervt mich damit total.

  • Zitat

    Original von Cookiemonster
    Ich lache mich halt immer tot, wenn es heißt "überraschender Wintereinbruch". Also erstens wird der ja meistens im Wetterbericht vorhergesagt und zweitens: was ist denn bitte, im Januar an Schnee überraschend? :pille


    Das meine ich ... Gut, vielleicht ist es in einigen Jahren anders, vielleicht ist es dann wirklich ungewöhnlich, wenn Schnee liegen bleibt ... Aber jetzt? Mag sein, dass Schnee für mich tatsächlich nichts Ungewöhnliches ist, weil ich ihn einfach jedes Jahr sehe, mal mehr, mal weniger ... Dass es nicht in allen Regionen so ist, ist mir klar.


    Aber dann gleich "Schneechaos" und "überraschender Wintereinbruch" zu brüllen? Das ist es, was mich irritiert ...


    Ich finde schon, dass dieses Thema - wie so viele andere - von den Medien aufgebauscht wird. Was ist denn an Menschen, die auf glatten Flächen stürzen, an Autos mit Sommerreifen, die dann am nächsten Baum kleben, an zu wenig Streusalz so ungewöhnlich? Hatten wir doch jedes Jahr!


    Und da frage ich mich halt, ob wir keine anderen Sorgen haben. Ich weiß gar nicht, ob ich diese anderen Sorgen weiter ausführen soll, ich fürchte, das führt zu weit vom Thema weg ...

  • Der Wintereinbruch fällt zumeist ins Winterloch, und das wiederum ist verantwortlich dafür, dass sich sogar die öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht für Sondersendungen wie "Schneechaos in Deutschland" oder "Die Republik zittert" zu schade sind. Ansonsten ist es, wie nicht anders zu erwarten, kalt, zuweilen eisig, hier und da fällt Schnee, und manch ein Teich ist sogar zugefroren. Das ist jahreszeitlich nicht ganz unüblich, auch in unseren Breitengraden. Man schnallt halt Winterreifen unter, fährt ein bisschen vorausschauender und zieht sich warm an. Das ist aber auch schon alles.

  • Zitat

    Original von Gwendy
    Aber wenn ich an meine Kindheit zurückdenke und auch noch so vor 15 Jahren, dann hatten wir jedes Jahr Winter pur. Wir hatten wochenlang richtig tollen Schnee, ich war jeden Tag Schlitten fahren. Das geht schon seit Jahren nicht mehr.


    Genau das denke ich auch.
    In meiner Kindheit sind wir auf einem zugefrorenen Teich Schlittschuh gefahren. Es ist schon lange her, als dieser das letzte Mal zugefroren war.

  • Immer her mit dem Schnee, ich liebe den Winter und seit diesem Jahr verdiene ich zusätzlich mein Geld als Skilehrerin. Mich stört ein Chaos überhaupt nicht, unser Dorf ist immer gut geräumt. Ok, ich gestehe ich muss selten mit dem Auto fahren, ich kann vieles laufen und sollte wirklich viel Schnee kommen nehm ich die Langlaufski und Rucksack.

  • bienchen69 : Blödsinn. Die Erinnerung trügt. Erst im vergangenen Jahr waren im Januar und Februar republikweit die Teiche zugefroren, und auch da gab es Sondersendungen ("Alle Teiche zugefroren! Deutschland in Angst um die Goldfische!"). Und ich erinnere mich an mindestens drei Winter in den "Nuller-Jahren" (nennen wir das jetzt offiziell so?), in denen ich im Brandenburgischen Schlittschuhlaufen war. Auf dem Rangsdorfer See.

  • Zitat

    Original von Tempe
    Jeder Winter wird am Schneewinter 78/79 gemessen, und im Gegensatz zu dem kann man alles aushalten ;-)


    An den musste ich auch spontan denken. Das war wirklich der schlimmste Winter meiner Kindheit und absolut kein Vergleich mit dem diesjährigen!


    Was ist schon groß los. Nach dem ersten Schnee im Oktober haben wir jetzt gerade mal knapp 3 Wochen lang Winter und schon flippen alle aus. Man könnte fast glauben, Schnee im Januar gehört zu nicht vorhersehbaren Naturkatastrophen im Tsunami-Ausmaß. Dabei sollte eigentlich niemand solche Temperaturen und Wasser in festem Aggregatzustand im Winter für ungewöhnlich halten.


    Vielleicht liegt es an der Rund-um-sorglos-Mentalität und dem Anspruch auf volle Daseinfürsorge durch den Staat, dass die Leute nicht mehr eigenverantwortlich handeln. Da wird erwartet, dass immer alles pünktlich und ohne Ausfallzeiten funktioniert, alle Straßen gefälligst vom Staat freigeräumt werden, bevor man geruht, das Haus zu verlassen und dann wundert man sich, wenn man mit Sommerreifen einfach nicht mehr überall heile hinkommt.
    Dass die Bahn bei Eis und Schnee nicht uneingeschränkt fahren kann, lässt sich bei manchen Wetterlagen nicht verhindern. Wenn die Oberleitungen vereisen, steht der Zug halt. Dafür kann die Bahn nix, die können ja schließlich ihre Oberleitungen nicht aufheizen.
    Ok, ich wäre auch nicht gerade begeistert, wenn ich bei dem Wetter bahnfahren müsste. Ich fahre mangels Alternativen mit dem Auto zur Arbeit und rechne wegen des Wetters momentan die doppelte Anfahrtszeit ein und muss vielleicht mal einen Tag ungeplanten Urlaub einplanen, falls es ganz schlimm wird. Ich glaube aber, wenn man sich auf sowas einstellt, wird es zwar unangenehm, aber nicht mehr so schlimm.


    Kommt alle heil und gesund durch den Winter, auch wenn es länger dauert und anstrengender wird, als in anderen Jahren. :wave

  • Naja, wir hatten halt in den letzten Jahren recht häufig relativ milde Winter mit nur wenig Schneefall und Eis, zumindest hier in Köln.
    Wenn ich mich da zurück erinnere an die Kindheit, haben wir häufig an Ostern noch Schnee gehabt und mußten deshalb die Eier in der Wohnung suchen. Das gab es hier wohl schon ein paar Jahre nicht mehr.


    Ich kriege allerdings immer die Krise, wenn sich die Leute auf so ein Wetter nicht einstellen.


    Übrigens fahre ich mit Sommerreifen in diesem Winter, weil die nagelneu sind und ich den nutzen von Winterreifen eigentlich eher nicht sehe. Wenn es wirklich glatt ist rutscht man mit beidem und wenn man fahren kann, passiert einem auch mit Sommerreifen nichts, man muß halt ein wenig vorrausschauender fahren.
    Den Berg an der Mr. Wohnung komme ich übrigens bei richtigem Schneefall auch mit Winterreifen und im Mr. Mercedes nicht mehr hoch... so what.


    Grad hoffe ich, daß es morgen Nacht nicht zu heftig schneien wird, da ich erst zu Freunden nach Leverkusen fahren will und von dort aus dann zum Mr. in richtung Ahrtal. Sorgen mache ich mir allerdings weniger, wegen meiner Fahrkünste, als deshalb, weil bei dem kleinsten Schneeflöckchen plötzlich das fahrerische Können der meisten anderen Personen auf Null sinkt.


    Ich erinnere mich an einen "plötzlichen" Wintereinbruch auf Kölns Autobahnen, da war ich satte 48 Stunden im Dienst, habe immer mal kurz die Augen auf dem Beifahrersitz zugemacht, wenn es zum nächsten Unfall ging. Da ging in Köln und um Köln gar nichts mehr, teilweise kamen nicht mal die Räumfahrzeuge durch, weil überall Fahrzeuge auf den Autobahnen herumstanden.... war zwar schweinekalt aber irgendwie hat das auch Spaß gemacht so im Schneegestöber.


    Was mich in diesem Jahr irritiert sind die wirklich extrem tiefen Temperaturen... sonst war es ja bei Schnee knapp unter null Grad, diesmal haben wir aber sehr häufig doch die -10 Gradgrenze durchbrochen, das wundert mich schon.

  • Die regionalen Unterschiede in der Wahrnehmung und dem Umgang mit Schnee gibt es nicht nur in Deutschland sondern auch in Kanada und USA.


    Vor ein paar Jahren war ich über Weihnachten in Vancouver, als es dort verhältnismäßig viel geschneit hat: in der Stadt lag die wahnsinnige Menge von etwa 15 - 20 cm Schnee...
    Im Fernsehen haben wir uns den Lokalsender von Seattle angesehen, die "Nachbarstadt" von Vancouver, mit ähnlichen Verhältnissen. Die haben wegen der 15-20 cm tatsächlich den ganzen Tag Sonderberichterstattung von 4 verschiedenen Schauplätzen gemacht, Thema "Snowstorm over Seattle".


    Irgendwann wurden aber auch mal ein paar Zahlen auf den Tisch gelegt, die klar machen, warum 20 cm Schnee in Vancouver gleich Chaos bedeuten, was in Toronto oder so Alltag ist: in Vancouver gab es vielleicht 50 Räumfahrzeuge, in Toronto 700... (Die Zahlen sind jetzt Hausnummern, genau kann ich mich nicht erinnern.)

  • Ich bin zwar kein Reifenexperte, aber soviel ich weiß, ist die Gummimischung von Winterreifen so beschaffen, dass sie bei fallenden Temperaturen weicher sind, als Sommerreifen und so eine bessere Straßenhaftung haben.
    Dass das stimmt, merke ich jeden Winter daran, dass die Vollpfosten mit Sommerreifen unsere Straße eben nicht mehr hochkommen, die mit Winterreifen aber schon (das gilt zumindest fürs Sauerland). In den letzten 10 Jahren ist es erst zweimal vorgekommen, dass ich die Straße nicht mehr befahren konnte. Da war sie vereist und dann ist der Reifen tatsächlich egal.
    Es stimmt allerdings auch, dass der Reifen einen schlechten Fahrer nicht rausreißt. Wer nicht weiß, wie man im Winter fährt, dem hilft eben auch kein Winterreifen.

  • Daran hab ich mich grad erinnert...


    Ich saß eingekuschelt in 2 Pulli, meine Skiunterwäsche, die Lederjacke und meinen riesigen weißen Mantel auf dem Beifahrersitz und beobachtete die vorbei segelnden Schneeflöckchen. Während mein Kollege draußen den Schnee vor dem Streifenwagen wegschippte, drehte ich hier drinnen die Heizung hoch.
    Die behandschuhten Hände aneinander schlagend und mit klappernden Zähnen in einer Schneewolke eingehüllt, ließ er sich schließlich neben mir auf den Fahrersitz plumpsen. Nuschelte in seinen Schal etwas von „faulen kleinen Kolleginnen“ und putzte sich die triefende Nase.
    Ich grinste nur blöde und stierte weiter aus dem Fenster, während ich mich fragte, warum ich ausgerechnet heute nicht im Bett geblieben war.
    „Fahren wir in die Eifel??“ schniefte es vom Fahrersitz erwartungsvoll zu mir rüber. Ich zog die Augenbrauen hoch. „Du willst in die Eifel??? Bist du irre??? Weißt du wie kalt es da ist??“
    „Och komm, bitte, ich find es immer so toll, wenn da Schnee liegt und außerdem sollen wir gucken, in wie weit die Talbrücken vereist sind.“
    Ich verzog angewidert das Gesicht und schüttelte vehement den Kopf. „Ich will aber nicht.“ Der Funk knackte. „Du kleiner fauler, frierender Zwerg. Ich seh dich. Ihr fahrt jetzt aber sofort in die Eifel und nächstes Mal schnippst du Schnee!!!“ Ich blickte aus dem Fenster und drehte meinem Chef, der in der gemütlich beheizten Wache saß und gerade gefunkt hatte, eine lange Nase, während am Funk das Gekicher der Kollegen zu hören war. Wusste natürlich wieder jeder, wer hier zu sehr fror, um in die Eifel zu fahren. Grmpf......
    Minuten später rollten wir gemächlich über die A 1 in Richtung Eifel-Schneesturm.
    Wenigstens war dies das äußerste Ende unseres Bereiches und der Weg dorthin dauerte so lange, daß es im Wageninneren bereits wohlig warm wurde.
    Plötzlich merkte ich wie mein Kollege, sonst ein sehr sicherer Fahrer hektisch wurde.
    „Was ist?“ fragte ich alarmiert und stierte aus dem Fenster.
    „Och nichts, ich versuche bloß gerade zu bremsen, geht aber nicht.“ Ich nickte. „ach so....“ dachte kurz über den Satz nach und stand fast senkrecht auf meinem Sitz.
    „Wiederhol das nochmal!“
    „Ich bremse seit ca. zwei Minuten und nichts passiert!“ schnauzte er mich an. Ich griff zum Funk.
    „Wir brauchen unbedingt mehr Räum- und Streufahrzeuge in den Eifelbereich. Nicht nur die Talbrücken sind vereist. Hier rutscht so ziemlich alles.“ Stille am Funk keine Reaktion. Während wir endlich ein bisschen langsamer wurden wiederholte ich meine Durchsage noch ein paar Mal mit gleich bleibendem Ergebnis. Ich schmiss das Funkgerät gegen die Scheibe „Blöder Scheißdreck!“ und kramte mein privates Handy aus der Tasche.
    „Ja ich bin’s, sind in der Eifel, Funk geht wieder nicht, wie immer. Blöder Scheißmistdreckkack....“ bevor ich weiterfluchen konnte, unterbrach mich die Stimme am anderen Ende
    „Wie sieht’s bei euch da oben aus?“
    „Scheiße sieht’s aus. Hier ist alles vereist. Wir brauchen Räum- und Streufahrzeuge und das möglichst hurtig....“
    Ich wollte weiter sprechen, war aber von dem Anblick der sich mir gerade bot total gefesselt. Vor uns stand ein Tankzug quer und wir rutschten immer noch, und zwar unaufhaltsam auf den Tanker zu.
    Mein Kollege trat immer wieder in kurzen Abständen auf die Bremse... Stotterbremsen, trotzdem rutschten wir munter weiter. Er sah mich an grinste und meinte
    „Festhalten!“
    Aus meinem Handy dröhnte die Stimme des Kollegen von der Leitstelle.
    „Hallo?? Alles klar bei euch??? Seid ihr noch da??“
    Ich ließ das Handy fallen und hielt mich am Armaturenbrett fest. Während mein Kollege das Steuer herumriss und wir langsam rechts am querstehenden Tankzug vorbei rutschten. Ich schnaufte, angelte wieder nach dem Handy.
    „Bin wieder da. Hier steht ein Tankzug quer, die Fahrbahn ist eine Eisfläche und wir wären grad fast drauf gegangen.“
    „Euch geht's gut? Gefahrguttankzug?“
    „Uns geht's gut, kein Gefahrgut.“
    Mein Kollege stürmte nach draußen und belud sich mit Lämpchen und Hütchen und allem was wir so an Flimmer- und Blinkezeug dabei hatten.
    „Schick alles was du so hast hier runter, und mach ne Radiowarnung, dass die Gefahrguttransporter die Rastplätze anfahren sollen. Am liebsten wäre es mir die Bahn komplett zu sperren, aber das kann ich nicht entscheiden.“
    „Ich kümmere mich um alles, behalt dein Handy in Hörweite.“
    Ich legte auf und stieg aus. Wo ich quasi sofort auf meinem glücklicherweise durch den dicken Mantel gepolsterten Popo landete. Ich setzte wieder an zu fluchen, während ich versuchte mich an unserem Bulli wieder aufzurichten.
    Der Fahrer des Tankzugs tauchte vor mir auf.
    „Nix wissen wie passiert. Aber nirgendwo gegengefahren!“ sagte er und streckte stolz die Brust heraus.
    Irgendwie musste ich grinsen.
    „Schneeketten dabei??“ Er schüttelte traurig den Kopf.
    „Kaputt!!“
    Ich nickte und wühlte in den unermesslichen Tiefen unseres Kofferraums einen Sack Streugut hervor. Der kleine polnische Lkw-Fahrer grinste.
    „Das gut, damit geht.“
    Ich lächelte ebenfalls und schleifte den Sack hinter mir her. Gerade wollte ich mich wundern warum das so leicht ging, als ich aus dem Augenwinkel sah wie mein Kollege den Sack am anderen Ende anhob.
    „Hab alles an Absicherrungskrempel aufgebaut was wir so haben."
    „Fein, du weißt was ich vorhab?“
    „Jaja.“
    Zu zweit schleppten wir den Sack von Rad zu Rad des Sattelzuges und streuten Salz auf die Fahrbahn. Der kleine Pole winkte aus dem Führerhaus und fuhr langsam an. Bedrohlich rutschte der Lkw zur Seite auf unseren Bulli zu. Ich schlug die Hände vor den Kopf und wartete auf den unvermeidlichen Aufprall. Doch nichts passierte. Unerklärlicherweise fanden die Räder wieder Halt und der Tankzug rutschte zurück in eine gerade Postition. Ich klatschte vor Freude in die Hände und sprang in die Luft. Ganz sicher wäre ich wieder auf dem Po gelandet, wenn mein riesenhafter Kollege mich nicht am Kragen gepackt und strampelnd in der Luft festgehalten hätte. Er lachte und schleifte mich zurück zum Bulli.
    „Du bist ein Huhn.“ brummte er in seinen Schal und setzte zurück, um unsere Lämpchen einzusammeln. Die Fahrer der ersten Fahrzeuge in dem mittlerweile entstandenen Stau winkten und freuten sich, dass es weiter ging.
    Auch wir fuhren weiter. Während ich den Stand der Dinge wieder per Handy weitergab. Der Funk war immer noch tot.
    Vor uns im Schneegestöber konnten wir einen Corsa im Graben ausmachen. Daneben eine vermummte Gestalt wild winkend. Wir stoppten, diesmal ohne Rutschpartie punktgenau mit Blaulicht hinter dem Kleinwagen. Ein zitterndes vermummtes Mädel zappelte neben dem Wagen herum. Tränchen in den Augen, aber offenbar unversehrt.
    „Ich bin einfach gerutscht. Ich hatte so Angst. Ich hab den Führerschein doch erst seit 3 Tagen.“
    Mein Kollege tröstete erstmal, während ich halb unters Auto krabbelte, um zu begutachten wie kaputt es war. Während der Kollege das Mädel erstmal zum Aufwärmen in unseren Bulli setzte kramte ich wieder in unserem Kofferraum und brachte ein Seil zum Vorschein. Corsa an Bulli befestigt und mit auf dem Eis durchdrehenden Reifen kräftig gezogen, schon stand der Kleinwagen wieder auf der Fahrbahn. Bisschen dreckig aber fahrtüchtig. Lediglich einen Leitpfosten hatte es übel erwischt.
    „Oh ich danke ihnen. Aber was ist denn jetzt mit meinem Führerschein, ich hab ja noch Probezeit und muss ich den abgeben oder zur Nachschulung?“
    Mein Kollege und ich wechselten einen Blick. Ich stapfte zum Leitpfosten und rammte ihn mit Wucht wieder in den Schnee. Mein Kollege grinste sie an.
    „Müssten Sie, wenn sie was kaputt gemacht hätten, haben sie aber nicht, oder?“
    Das Mädchen sah irritiert von mir zu ihm und wieder zu dem ziemlich krumm stehenden Leitpfosten. Ich trat noch zweimal dagegen und schon stand er grade, als wäre nie was passiert. Sie lächelte, bedankte sich artig und stieg wieder ein. Ich legte verschwörerisch einen Finger auf die Lippen.
    „Das bleibt aber unter uns.“
    Sie nickte und rollte langsam mit ihrem Corsa von dannen.
    Auf dem Weg zum Bulli schnappte ich mir unauffällig ein bisschen Schnee, holte aus, warf und traf meinen Kollegen am Kopf. Er schüttelte sich stieg in den Streifenwagen und nuschelte erneut in den Schal „Du Huhn!“
    Den Rest des Tages verbrachten wir damit, Lkws gerade zu rücken, den Streufahrzeugen Platz zu machen oder Fahrzeuge aus dem Graben zu ziehen. Als wir weit nach Ende unserer eigentlichen Schicht auf der Wache eintrafen, tropfend wie die Schneemänner, mit roten Näschen und nassen Haaren, fragte mein Chef mich.
    „Na? Wie war’s in der Eifel?“
    Ich griff in meine Manteltasche, wo ein bereits vorbereiteter Schneeball auf seinen Einsatz wartete. Ich holte aus, zielte und traf.


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