Macht eine Sexszene im historischen Roman ein erotisches Buch daraus?

  • Ich weiß- über Sexszenen im historischen roman haben wir hier schon dutzendweise diskutiert und ich will nicht die Bartwickelmaschine auspacken.


    Aber: Bei der ersten Leserunde in diesem Jahr handelt es sich um einen historischen Roman von Tereza Vanek. An dieser Leserunde machen für historische Romane vergleichsweise wenige Eulen mit. Das mag viele Gründe haben, allerdings ist für mich eine seltsame Geschichte passiert. Das Buch stand im Regal "erotische Literatur" "Bücher von Frauen für Frauen". War das ein Hinderungsgrund?


    Tatsache ist, dass in dem Buch EINE echte Sexszene (kurz und einfühlsam beschreiben und absolut notwendiger Handlungsteil) vorkommt, das Buch aber die historische Situation im Hamburg der 20er Jahre des vorherigen Jahrhunderts beschreibt mit ZWEI Unmöglichkeiten, der Liebe zwischen zwei Frauen und der Liebe zwischen Angehörigen zweier verschiedener Völker nicht nur sehr unterschiedlicher Kultur, sondern auch unterschiedlicher Hautfarbe.


    In fast jedem historischen Roman wird es getrieben, dass der Himmel wackelt- macht das alle diese Romane zu erotischer Literatur? Sind wr als Leser immer noch so geschockt, wenn es hier um die Liebe zwischen zwei Frauen geht, dass wir davor geschützt werden müssen?

  • Meiner Meinung nach, hat der Buchladen ein seltsames Regalsystem.


    Dass ein Buch über lesbische Liebe bei "Bücher von Frauen für Frauen" steht, ist ja okay.
    Dass aber "Bücher von Frauen für Frauen" gleich "Erotische Literatur" sein soll, ist doch Quatsch.



    Ach so, und schlichte Antwort auf deine eigentliche Frage: Nein.

  • Nunja, dann müßte man Herrn Berling ja definitiv bei der Erotik einsortieren... :lache


    Nein, ich finde, daß eine (oder auch mehrere) Sexszenen keinen erotischen Roman ausmachen. Im Prinzip stören mich auch solche Szenen nicht, es sei denn, es nimmt überhand. Um wieder Herrn Berling zu bemühen, bei 80 Seiten darf auch mal ein bißchen gepoppt werden... Solange es nicht von einem Bett ins nächste geht, ist das für mich immer noch Historie, nicht Erotik.

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Na dann gehört aber Die Feuerbraut von Iny Lorentz auch in diese Sparte, da gibt es auch ein paar kurze Szenen zwischen zwei jungen "Damen". Allerdings haben diese Szenen bei weitem nichts mit den Büchern zu tun, die man sonst so unter diesem Genre findet.

  • Hm, also ich denke, eine kurze erotische Szene ist nicht unbedingt ausschlaggebend für einen erotischen Roman. Da müsste dann schon mehr kommen sonst erwarten die Leser der Rubrik mehr als sie bekommen...


    Und Frauenbeziehungen gehören meiner Ansicht nicht unbedingt vorgewarnt...werd nicht mag lässt das Buch liegen wie andere Bücher auch...

  • Vielleicht hat die Buchhandlung das Buch sowohl bei historischen Romanen als auch bei erotischer Literatur einsortiert - damit es mehr Leute kaufen :lache

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Mich würde interessieren, was die Autorin dazu sagt... Ihr lest doch in Begleitung, oder?
    Für mich gehört Sex zum Leben wie essen und sterben, daher stören mich Sexszenen in Büchern nicht.


    Vielleicht fehlte der Szene in Deinem Buch ja nur die Gewalt, um es als historisch anerkannt zu werden *Ironiemodusaus*


    Du kannst ja nochmal gucken, ob vielleicht "Aimée und Jaguar" auch in dem Regal steht... :rolleyes

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Derjenige, der das einsortiert hat, dachte sicher, aha, zwei Frauen lieben sich - ergo Erotik.


    Denken in Klischees plus zusätzlich das Buch nicht kennen.


    Wenn ich das nächste Mal in meine Lieblingsbuchhandlung komme, werde ich mal nach dem Buch suchen (die haben übrigens eine große Auswahl an erotischer Literatur, auch Frauen für Frauen, Männer für Männer....).

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

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    Dass Zeit sich lohnt

  • Zitat

    Original von killerbinchen
    Mich würde interessieren, was die Autorin dazu sagt... Ihr lest doch in Begleitung, oder?
    Für mich gehört Sex zum Leben wie essen und sterben, daher stören mich Sexszenen in Büchern nicht.


    Vielleicht fehlte der Szene in Deinem Buch ja nur die Gewalt, um es als historisch anerkannt zu werden *Ironiemodusaus*


    Du kannst ja nochmal gucken, ob vielleicht "Aimée und Jaguar" auch in dem Regal steht... :rolleyes


    Tereza hat sich gewundert. Denkt aber wohl, dass es auch am Verlag liegen kann, da der dieses Thema (Frauenliebe) schwerpunktmäßig herausbringt, allerdings im Rahmen von historischen Handlungen o.ä.

    Liebe Grüße, Sigrid

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  • Ich denke, ein Buch kann mehrere Genres gleichzeitig bedienen, und vielleicht machen es sich die Leser selbst schwer bei dem Versuch, immer alles in Schubladen zu sortieren. Für die Buchhändler, die die Romane in die entsprechenden Regale unterbringen müssen, ist es freilich sicher nicht immer einfach.
    Es gibt Bücher, die gleichzeitig Liebesromane, Krimis und historische Romane oder Fantasy (und weiß der Geier noch alles) sind. Das geht für mich auch völlig in Ordnung. Man müsste wirklich jedes Buch zuerst lesen, um zu entscheiden, was es jetzt vorrangig ist.
    So gesehen tun mir die Buchhändler schon manchmal leid. ;-)


    Ich habe in einer Videothek mal den Film "Zeit der Zärtlichkeit" unter Komödien gefunden. (Okay, es kommen schon ein paar Lacher drin vor, aber für mich ist es viel mehr Tragödie als alles andere.) Aber man kann definitiv nicht alles lesen/ansehen, was man verkauft/verleiht.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Mir fallen diverse historische Romane ein, die dann bitte in Zukunft auch alle im Erotikbereich der Buchhandlung einzusortieren sind... Denn die Tatsache, dass es sich hier um die Liebe zwischen zwei Frauen handelt, rechtfertigt die Sortierung nicht. Witzig finde ich es trotzdem! :lache


    Edit: Mir ist gerade noch eingefallen, wie enttäuscht der Kunde wohl ist, der ein erotisches Buch suchte, und einen historischen Roman mit nur einer Sexszene erworben hat !!! :rofl

  • Zitat

    Original von Glücksfee


    Edit: Mir ist gerade noch eingefallen, wie enttäuscht der Kunde wohl ist, der ein erotisches Buch suchte, und einen historischen Roman mit nur einer Sexszene erworben hat !!! :rofl


    Ja, das ist wohl auch ein potentielles Problem an der Sache - sage ich als Autorin. Ansonsten müsste ich sehen, was in dem Regal sonst noch stand.
    Vielleicht werden alle lesbischen Liebesromane da eingeordnet.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Chinatown ist für mich weder ein reiner Liebesroman, noch Erotikroman!
    Um beide Genre mache ich nämlich einen großen Bogen.
    Erst auf Seite 165 kommen sich Alex und Mai Ling so langsam näher, was Tereza aber sehr ästhetisch und erotikfrei auf einer Seite beschreibt, ohne Sensationsgier.


    Für mich ist Chinatown ganz klar ein historischer Roman, der mir die zwanziger Jahre in Hamburg näher gebracht hat, mit sehr viel Lokalklorit rund um das Hafenviertel/Chinaviertel gespickt ist, die Jazzmusik und über die Flapper der roaring twenties berichtet.


    Ich habe in der aktuellen Leserunde sehr viele "Stammeulen" vermisst, die so wie ich gerne historische Schmöker lesen.


    Für mich ist Chinatown mein Januar 2010 Monatshighlight :anbet

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
    _______________________________________________________
    :kuh:lesend

  • Zitat

    Original von bonomania


    Ich habe in der aktuellen Leserunde sehr viele "Stammeulen" vermisst, die so wie ich gerne historische Schmöker lesen.


    Historische Schmöker ja aber nicht aus dem beginnenden 20. Jahrhundert. Das ist eine Zeit, die mir nicht liegt. Und ich bin ehrlich - gleichgeschlechtliche Liebesbeziehungen in Büchern auch nicht. So hat mich weder der Inhalt noch das Setting angesprochen. Aus dem Grund habe ich die Runde nicht mitgemacht.


    Um zum Thread-Titel zu kommen: Ein erotisches Buch ist ein historischer Roman für mich erst dann, wenn sich die ganze Geschichte um nichts anderes dreht als Sex. Genau genommen also ein Nackenbeißer :grin

  • Zitat

    Original von Bouquineur


    Historische Schmöker ja aber nicht aus dem beginnenden 20. Jahrhundert. Das ist eine Zeit, die mir nicht liegt. Und ich bin ehrlich - gleichgeschlechtliche Liebesbeziehungen in Büchern auch nicht. So hat mich weder der Inhalt noch das Setting angesprochen. Aus dem Grund habe ich die Runde nicht mitgemacht.


    :write Ich mag auch lieber das Mittelalter als das 20. Jahrhundert. Ich hab ja auch schon oft bei LR mitgemacht, aber in letzter Zeit hatte ich oft keine Lust zu lesen und deshalb halte ich mich momentan mit Anmeldungen etwas zurück. (muss ja nicht sein, dass man sich anmeldet und dann nichts postet).
    Ausserdem sind LR im Januar für mich immer nicht so toll, da ich ja hoffe, dass ich Bücher zu Weihnachten und Geburtstag bekomme und dann die zuerst lesen will.


    Also @topic: Vllt. lags gar nicht so sehr an der Thematik oder wo das Buch eingeordnet war...

  • Ich habe die LR nicht mitgemacht - rein aus zeitlichen Gründen.


    Aber eine Frage an Beowulf: Hast Du Deinen Dealer gefragt, warum das Buch so eingeordnet war? Dessen Meinung wäre natürlich auch von Interesse. Vielleicht hat ja auch nur ein Kunde das Buch dort hingestellt.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Ich habe das Buch bei "Historische Romane" gesucht. Daraufhin wollte ich es bestellen. Die Mitarbeiterin erklärte daraufhin nach Blick in den Computer, das haben wir dreimal da- das Steht in der Ecke für lesbische Literatur. Daraufhin ging ich erstmal nach Hause um in den Eulenrubriken nachzuschauen, ob ich was in den falschen Hals bekommen habe. Anschliessend ging ich das Buch aus der Ecke holen und dort steht am Regal eben "erotische Literatur" und dann die Unterteilung... Mit meiner Lieblingsdealerin konnte ich noch nicht sprechen, die hat diese Woche Frühschicht- und sie ist für Krimis und historische Romane zuständig.


    Ich habe die Frage aber bewusst aus der LEserunde herausnehmen wollen, da ich davon ausgehe, dass viele dort nicht in die Freds reinschauen. Meine Frage läuft ja daraufhinaus- ist eine gleichgeschlechtliche Liebe in einem Buch ein Grund das Buch anders zu behandeln. #Es sieht so aus, als würde der eine odere andere ein vielleicht, keiner aber ein JA dazu sagen.

  • Zitat

    Original von Bouquineur


    Historische Schmöker ja aber nicht aus dem beginnenden 20. Jahrhundert. Das ist eine Zeit, die mir nicht liegt. Und ich bin ehrlich - gleichgeschlechtliche Liebesbeziehungen in Büchern auch nicht. So hat mich weder der Inhalt noch das Setting angesprochen. Aus dem Grund habe ich die Runde nicht mitgemacht.


    Kein Problem. Der nächste Roman spielt wieder im Mittelalter und es steht eine heterosexuelle Beziehung im Mittelpunkt. Vielleicht treffen wir uns dann in einer Leserunde wieder. :wave


    Tereza