„PopCo“ von Scarlett Thomas ist eine ungewöhnliche Reise in die Grenzwelten von Naturwissenschaft und Lebensphilosophie
Die 29jährige Engländerin Alice Butler arbeitet als Produktentwicklerin für einen multinationalen Spielwarenhersteller. Als sie eines Tages von ihrer Firma auf ein mehrtägiges Innovationscamp in eine mondäne Landvilla im Dartmoor eingeladen wird, weiß sie erst nicht so richtig, was sie davon halten soll. Zusammen mit anderen jungen Leuten hat sie den Auftrag,
DAS ultimative neue Spiel für junge Mädchen entwickeln. Je länger sich Alice mit den hektisch sprudelnden Ideen der Kreativen auseinandersetzt, desto mehr beschäftigt sie sich auch mit ihren eigenen Kindertagen. Wie war das eigentlich so, als sie selbst noch mit all ihren schönen Sachen spielte und sich stundenlang mit Rätseln und Zahlenspielen beschäftigte? Als Alice eines Tages eine geheime Botschaft auf ihrem Zimmer findet, ist es für sie nicht schwer, den Code zu knacken. Aber wer ist der Absender und was will er von ihr?
„PopCo“ von Scarlett Thomas ist eine ungewöhnliche Reise in die Grenzwelten von Naturwissenschaft und Lebensphilosophie. Ihre Heldin und Ich-Erzählerin Alice muss sich nicht nur mit mathematisch vertrackten Marketing-Strategien auseinandersetzen, sie beschäftigt sich auch mit ihrer eigenen Vergangenheit und den Problemen, die sie als eigenbrödlerische Außenseiterin in der Schulzeit hatte - und die sie in der Gruppensituation des Camp-Aufenthalts schnell wieder einholen. Diese sympathische Geschichte verknüpft Scarlett Thomas mit einem kritisch-philosophischen Geländeritt durch unsere heutige Lebenswelt. Es geht um Homöopathie und Pharmaindustrie, um die fröhliche Gleichzeitigkeit von moderner Arbeitskultur und schamloser Ausbeutung, um Globalisierungskritik und die Vorzüge fleischloser Esskultur.
Garniert mit kryptologischen Rätseln, einem verborgenen Piratenschatz und dem Wunder unerwarteter Freundschaften, ist PopCo trotz gelegentlicher Längen gute postmoderne Unterhaltung mit nachdenklichen Untertönen – auch wenn manche technische Neuerungen in den fünf Jahren zwischen englischer Erstveröffentlichung und deutscher Übersetzung längst schon wieder Normalität geworden sind.