Helene Tursten - Das Brandhaus

  • Klappentext:


    Göteborg im Mai: An der Küste wird die Leiche eines Mädchens aus dem Meer gefischt. Schnell stellt sich heraus, dass es sich um die 14jährige Alexandra handelt, deren Verschwinden seit Tagen die lokale Presse beschäftigt. Seltsame Schnittverletzungen an ihrem Körper weisen auf ein brutales Gewaltverbrechen hin: Offensichtlich hatte der Mörder versucht, ein Muster in die Haut zu ritzen. Die Mordkommission – zudem mit dem Fall eines mysteriösen Leichenfunds nach einem Brand befasst – hat alle Hände voll zu tun, als bald darauf ein Spaziergänger im Wald ein weiteres totes Mädchen entdeckt. Auch ihr wurden ähnliche Verletzungen zugefügt. War es derselbe Täter? Kannten die Mädchen ihren Mörder womöglich? Als die Polizei den Internet Aktivitäten der Teenager nachgeht, erhärtet sich der Verdacht von Irene Huss, und schon bald kommt sie dem Mörder näher, als ihr lieb ist…


    Meine Meinung:


    Gleich zwei Fälle, die aber nichts miteinander zu tun haben, beschäftigen uns in diesem neuen Buch mit Irene Huss. Ihre Kinder sind mittlerweile aus dem Haus und so muss sich die Inspektorin auf ein neues Leben mit ihrem Mann Krister einrichten. Ihre Mutter wird auch immer pflegebedürftiger und so hat sie schon privat einiges um die Ohren, als die beiden Mädchenleichen gefunden werden. Hinzu kommen noch die Neuordnungen in der Abteilung, eine neue Chefin, von der Irene sich benachteiligt fühlt.


    Früh keimt der Verdacht auf, dass es sich bei den beiden um den gleichen Täter handelt - aber wo ist die Gemeinsamkeit? Wie hat sich der Täter in das Vertrauen der Mädchen geschlichen und wo hat er sie kennengelernt? Waren es doch nicht die lieben Mädchen, wie die Eltern glauben wollen? Schnell finden die Ermittler Spuren im Internet, und was sie da finden lässt ihnen den Atem verschlagen. Gibt es womöglich noch mehr Opfer?


    Daneben gibt es noch einen weiteren Fall. In einem abgebrannten Haus werden zwei Leichen gefunden, die des Eigentümers und eine zwanzig Jahre alte, eingemauert in einem Kamin. Als sich herausstellt, dass es sich um den Vermissten Mats Persson handelt, der einwandfrei ermordet wurde, schiebt Irenes Chefin geschickt den Fall der Cold Case Einheit zu, sie haben noch ein halbes Jahr Zeit, bevor der Mord verjährt. Auch die Mordwaffe liegt bei der Leiche praktischerweise dabei, zu aller Überraschung stellt sich heraus, dass mit ihr vor vielen Jahren bereits schon einmal jemand ermordet wurde. Und zwar der Vater von Mats Persson, dessen Fall aber nie aufgeklärt wurde. Den Ermittlern ist nun klar, dass sie sehr weit in die Vergangenheit zurückmüssen, bis in den Zweiten Weltkrieg hinein.


    Helene Tursten vermag durchaus zu fesseln. Mit Irene Huss hat sie eine sympathische Ermittlerin erschaffen, die ein normales Familienleben hat und nicht durch irgendwelche Drogen-, Alkohol- oder Sexprobleme beeinträchtigt ist. Die immer wieder geschickt eingeflochtenen Familienprobleme nicht nur von Irene lockern den Roman auf und machen die Personen sehr menschlich.


    Brisant ist allerdings der Fall der zwei getöteten Mädchen. Trotz aller Aufklärung in Schulen und Medien findet der Täter eine Menge argloser und naiver Mädchen, die glauben, mit einem netten Jungen und Gleichgesinnten zu chatten. Selbst als er nach freizügigen Photos fragt, finden sie das nicht merkwürdig, sondern eher im Gegenteil sind die meisten bereit, sich ihrem vermeintlichen Freund freizügig zu präsentieren. Er weiß aber auch genau, welche Seiten er bei den Mädchen ansprechen muss, alle fühlen sich einsam und ungeliebt. Erschreckenderweise gibt es immer noch genügend Kinder, die freimütig Daten im Internet preisgeben und sich derer Konsequenzen überhaupt nicht bewusst sind. Hier beweist es sich wieder, dass man Jugendliche nie genügend aufklären kann, glücklich können sich diejenigen schätzen, deren Eltern oder Geschwister ein wachsames Auge auf sie haben. Die Aufklärung gestaltet sich völlig normal, Serienvorgehen bei Serientätern.


    Der zweite Fall sieht da allerdings schon etwas anders aus. War es wirklich derselbe Täter, der die beiden Männer im Abstand von vierzig Jahren erschoss? Wie alt muss er denn dann heute sein, lohnt sich da das Einsperren überhaupt noch? Die Fragen stellen sich wohl auch die Cold Case Ermittler, denn es ist nicht grade Begeisterung, die sie zur Lösung des Falles treibt. Sie schaffen es zwar, aber auch dieses Ende ist nicht besonders überraschend. Die Mitwirkenden aber auf alle Fälle, es gibt ein paar sehr interessante Einblicke in Diplomatenlaufbahnen.


    Was mir allerdings aufgefallen ist - die Ermittler gehen einfach für vier Wochen in Urlaub, und zwar alle. Obwohl der eine Mord kurz vor der Verjährung steht. Und machen die Verbrecher auch Urlaub? Es war ja keiner mehr da. Bleiben die Ermittlungsarbeiten einfach liegen? Ich persönlich fand das ziemlich merkwürdig, alle sind weg und alles bleibt einfach liegen - als ob das ganze Land in einen Ruhezustand gefallen ist *g*.


    LG
    Patty

  • Zitat

    Original von tinkerbell


    Was mir allerdings aufgefallen ist - die Ermittler gehen einfach für vier Wochen in Urlaub, und zwar alle. Obwohl der eine Mord kurz vor der Verjährung steht. Und machen die Verbrecher auch Urlaub? Es war ja keiner mehr da. Bleiben die Ermittlungsarbeiten einfach liegen? Ich persönlich fand das ziemlich merkwürdig, alle sind weg und alles bleibt einfach liegen - als ob das ganze Land in einen Ruhezustand gefallen ist *g*.


    Hm, wenn man wie ich im öffentlichen Dienst arbeitet, so wundert das nicht wirklich.... :grin


    Insgesamt bin ich sehr neugierig auf die Autorin geworden, denn sie wird mir immer wieder empfohlen. Bis jetzt habe ich noch nichts von ihr gelesen, aber das wird sich jetzt ändern. Danke für deine Rezi. :wave

  • Gleich zwei Fälle auf einmal, irgendwie hatte ich gedacht, sie passen am Ende doch noch zusammen. Aber es sind wirklich zwei getrennte Fälle.
    Komisch fand ich das auch, das alle zur selben Zeit in Urlaub gehen. Etwas seltsam. Aber vielleicht ist das da so!??!
    Das mit dem Internet fand ich sehr realistisch und es macht einen auch ein wenig Angst............

  • Bisher habe ich festgestellt, dass man mit Helene Tursten eigentlich nichts falsch machen kann - und uneigentlich auch nicht. Und wenn ich die Rezi dann lese, dann wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben als auch dieses Buch zu kaufen. Herzlichen Dank für diese sehr informative Rezi. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Bis auf dieses habe ich bisher alle Bücher um Irene Huss gelesen. Dieses ist natürlich jetzt langsam mal fällig. Ich mag diese Krimireihe sehr :-).

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Dies war mein erster Roman der Autorin, sodass mir jegliche Vergleichmöglichkeiten mit ihren Vorgängern also fehlen.


    Die unterbesetzte Mordkommission hat es mit zwei unterschiedlichen Fällen zu tun, die in keiner Beziehung zueinander stehen. Zum einen müssen sie einen sadistischen Serientäter ausfindig machen, der seine jungen Opfer im Internet findet und zum anderen einen mysteriösen Mord in einem abgebrannten Haus aufklären.


    Der wegen seiner Aktualität brisantere Fall des Serientäters, wird flüssig erzählt, spannend, jedoch war ich etwas enttäuscht von der Auflösung und die unzureichende Erklärung der Motivation des so pfiffigen und intelligent konstruierten Täters.
    Da hat mich der zweite Fall dann schon mehr begeistert, hier stimmte meiner Meinung nach alles.


    Insgesamt ein solider Krimi mit sympathischen Charakteren, gut recherchiert und flüssig erzählt.

  • Habe gerade gesehen, daß ich meinen Senf noch nicht dazugegeben habe :lache


    Hier mal meine Meinung:
    In einem kleinen schwedischen Ort ist ein Haus abgebrannt und bei der Beseitigung des Kamins wird eine eingemauerte Leiche entdeckt. Sie muß schon über 40 Jahre dort in der Brennholznische samt einer Tokarevpistole und Munition liegen.


    Zeitgleich werden zwei Mädchenleichen gefunden. Sie weisen seltsame Schnittverletzungen auf und tragen Reizwäsche.


    Außerdem wütet noch ein Bandenkrieg, so daß die Göteborger Mordkommission mit Arbeit völlig überlastet ist.


    Die neue Leiterin, Efva Thylqvist, verhält sich Irene Huss gegenüber sehr zurückhaltend und bevorzugt eindeutig die männlichen Mitarbeiter. Trickreich gelingt es ihr, den Fall der eingemauerten Leiche in die Abteilung Cold-Case abzuschieben. Irene Huss und ihre Kollegen haben so etwas mehr Luft für die Mädchenmorde. Es stellt sich heraus, daß die Teenies durch eine Internet-Bekanntschaft animiert wurden intimere Fotos einzustellen und sich mit dem vermeintlichen Verehrer zu treffen. Bei den Ermittlungen stellt sich heraus, daß er bereits weitere Mädchen im Visiert hat. Die Abteilung gerät unter Druck, um dem Mörder zuvorzukommen.


    Nebenbei erfahren wir wieder mehr über das Privatleben von Irene Huss, die während dieser Zeit auch etliche private Streßsituationen zu bewältigen hat.


    Helene Tursten erzählt die Story aktuell, temporeich, spannend und fesselnd. Mir hat dieser Fall wieder sehr gut gefallen.

  • Mit Das Brandhaus hat die Autorin wieder einen soliden Krimi abgeliefert.
    Diesmal bekommt man zwei Kriminalfälle in einem Roman.
    Der erste Fall handelt von zwei ermordetet Mädchen, die im Internet die Bekanntschaft von Jungs machen wollten. Allerdings geraten sie an den Falschen.
    Hier machen einen die Darstellung der ganzen Problematik mit Internet und den damit verbunden Gefahren mal wieder nachdenklich.


    Beim zweiten Fall wird in einem, durch einen Brand zerstörtem Haus, eine Leiche gefunden, die dort schon über zwanzig Jahre eingemauert war. Doch es geht im Laufe der Aufklärung noch weiter in die Vergangenheit zurück.
    Dieser Teil des Krimis gefiel mir am besten.


    8 von 10 Punkten