Öl – Lukas Bärfuss

  • Schauspiel


    Wallstein, 67 Seiten


    Im September 2009 erschienen. Ein 67seitiges Theaterstück, in Berlin im September uraufgeführt.


    Kurzbeschreibung
    Lukas Bärfuss ist ein Moralist, der nicht moralisiert, sondern uns Konstellationen vorführt, zu denen wir uns verhalten müssen.


    Eva langweilt sich. Sie lebt in einem unterentwickelten Land, das ihr fremd ist und in dem sie nichts zu tun hat. Dass es an Luxus nicht mangelt, weil ihr Gatte Chef in einer Erdölfabrik ist, tröstet sie wenig. Auch wenn Eva sich leidenschaftlich geliebt weiß, so ist er doch immerzu unterwegs, um die Zivilisation »voranzubringen« und gegebenenfalls die benötigten Flächen von ihren Bewohnern zu befreien. Immerhin kommt ein wenig Abwechslung in den Alltag, als Evas Mann einen neuen Assistenten bekommt. Elsa, dessen mitreisende Ehefrau, hört klassische Musik, ernährt sich ökologisch, liest Gedichte und ist voller guter Vorsätze. Elsa ist »überzeugt, dass ein Austausch zwischen den verschiedenen Kulturen möglich ist«, und geht Eva damit gehörig auf die Nerven. »Sie sind gestern früh angekommen, neugierig, aufgeschlossen. Sie wollen sich Ihre Abenteuerlust nicht von der Wirklichkeit kaputtmachen lassen«, quittiert Eva zynisch. Diesen Widerspruch stellt Bärfuss ins Zentrum seines Dramas, ohne ihn zu verkürzen; er wendet ihn ins Tragische, ins Komische und schließt raffiniert die privatesten Techtelmechtel mit den großen gesellschaftlichen Koordinaten zusammen.


    Der Autor
    Lukas Bärfuss, geboren 1971 in Thun/Schweiz, zählt zu den erfolgreichsten Dramatikern der letzten Jahre. Seine Stücke werden weltweit gespielt. Bei der Kritikerumfrage der Zeitschrift Theater heute wurde Bärfuss zum Dramatiker des Jahres 2005 gewählt, neben zahlreichen anderen Auszeichnung erhielt er den Mühlheimer Dramatikerpreis. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Zürich. »Hundert Tage« ist der erste Roman des gefeierten Dramatikers.


    Meine Meinung:
    Lukas Bärfuss gilt momentan als einer der interessantesten zeitgenössischen Dramatiker Deutschlands. Das Stück Öl wurde im September 2009 in Berlin uraufgeführt.
    Ich habe es leider nicht gesehen, aber der Wallstein-Verlag hat das Schauspiel als Buch herausgebracht und es lässt sich auch so mit Gewinn lesen.


    Das Schauspiel besitzt drei Akte.


    Herbert Kahmer ist zusammen mit seiner Frau Eva in einem unterpreviligierten Land um nach Öl zu suchen. Dabei sind sie bei der Bevölkerung als europäische Ausbeuter verhasst. Das hat entsprechenden Einfluss auf das Verhalten, insbesondere als es sogar einen Brandanschlag auf einen ihrer Fahrer gibt.


    Es bilden sich im Stück überwiegend 2 Paare. Die nervlich zerrüttete und trunksüchtige Eva mit ihrer Dienerin Gomua. Eva ist fordernd und despotisch zu ihrer Dienerin. Hinzugefügt wird in Evas Phantasie noch Elsa, die praktisch ihr Gewissen oder ähnliches darstellt, mit der sie ihr Verhalten und ihre Verzweiflung diskutiert. Um Evas geistigen Zustand steht es offenbar nicht zum Besten.


    Das zweite Paar ist Herbert Kahmer und sein Ingenieur Edgar, der ihm seit Jahren treu zur Seite steht.
    Das Verhältnis der Protagonisten zueinander steht kontinuierlich unter starker Spannung, das überträgt sich in aller Deutlichkeit auf den Leser. Es ensteht eine bedrückende, verzweifelte Atmosphäre. Die Lage kann sich nur zum Verderbnis entwickeln, selbst dann als endlich nach 3 Jahren wirklich Öl gefunden wird.
    Ein packendes Stück mit ekstatischen Dialogen und einer Handlung, die sich immer mehr zuspitzt! Und ein schön gestaltetes Buch. Gute Arbeit von Autor und Verlag!

  • Ich habe das Stück am Deutschen Theater gesehen mit Nina Hoss in der Hauptrolle. Ich bin kein erfahrener Theatergänger, aber diese Aufführung hat mich sehr beeindruckt.


    Nina Hoss spielte Eva als durchgehend nervöse und dem Wahnsinn nahe Figur. Sie ging bis an ihre Grenzen. Die Dienerin Gomua war vielleicht meine Lieblingsfigur. Mit ihr hat man als einzige Sympathie. An mindestens einer Stelle bekam die Darstellerin Szenenapplaus. Eine sehr geradlinige, aber interessante Figur. Die beiden Männerfiguren in dem Stück sind da eindeutig eindimensionaler angelegt.


    Die Beschreibung von Elsa in der Kurzbeschreibung irritiert mich ein wenig. Der Assistent von Evas Ehemann hat keine Ehefrau (es sei denn ich habe da etwas verpasst). Stattdessen gibt es eine namenlose Frau. Von Susanne Wolff mit Kurzhaarschnitt und im Herrenanzug androgyn verkörpert. Sie eröffnet das Stück und tritt immer wieder zwischen den Szenen auf bis sie dann irgendwann anfängt mit der inzwischen komplett durchgedrehten Eva zu interagieren. Die Figur ist sehr mysteriös angelegt. Ich habe es auch so verstanden, dass es sich hierbei um Evas Unterbewusstsein handelt. Ich frage mich, ob das eine dramaturgische Abweichung zum Ursprungstext ist.