Wolf Serno - Die Liebe des Wanderchirurgen

  • Klappentext:


    England, anno 1588. Vitus, der von Elisabeth I. zum Earl of Worthing ernannt wurde, ereilt der Ruf, die englische Flotte im Kampf gegen die spanische Armada zu unterstützen. Er gerät in einen fast aussichtslosen Konflikt, denn Nina, seine geliebte Frau, will ihn nicht ziehen lasen, und sein bester Freund, der Magister Garcia, schlägt sich auf die Seite des Feindes. Doch die größte Gefahr geht von Isabella aus, einer bildschönen, verruchten Spanierin…


    Meine Meinung:


    Wolf Serno nimmt uns in seinem vierten Band über den Wanderchirurgen Vitus mit auf eine Seereise und gibt uns einen Überblick über die Kunst der Seegefechte. Spanien rüstet seine Armada auf und will England erobern, die natürlich bekanntermaßen etwas dagegen haben. Zweimal ereilt Vitus der Ruf, in seiner Eigenschaft als Chirurg an Bord zu kommen. Beim ersten Mal ist er mit Captain Taggert auf der Suche nach der Armada, um der englischen Flotte genaue Auskunft geben zu können. Beim zweiten Mal wird er auf ein Lazarettschiff abkommandiert, welches sich aus den Gefechten zwar heraushalten soll, aber für die Verletzten in unmittelbare Nähe der Kämpfe erreichbar sein muss. Das Gleichgewicht der Säfte im Körper ist für den Cirurgicus unabdingbar und so erfährt man eine Menge über altertümliche Heilungsmethoden und der Arbeit eines Schiffarztes, der des Öfteren zur Knochensäge greifen muss.


    Sprachlich etwas gestelzt aber durchaus packend fliegen die Seiten nur so dahin. Den größten Teil nimmt natürlich die Schlacht gegen die Armada auf See ein. Serno schafft es aber, nicht nur den Leser bei der Stange zu halten, sondern auch keine Seite zu bevorzugen. Immer wieder hebt er die seemännischen Qualitäten der Spanier hervor, er verwebt die beiden Seiten sogar so hervorragend, dass er einen spanischen Admiral ein englisches Schiff befehlen lässt. Beiden Seiten kommt die gleiche Aufmerksamkeit zuteil und man hat schon ein bisschen Mitleid mit den Spaniern, die am Ende die Segel streichen müssen.


    Das abgrundtief Böse taucht in Form der rassigen Spanierin Isabella auf, die buchstäblich über Leichen geht, um an ihr Ziel zu kommen. Sie ist starrsinnig, herrschsüchtig, rachsüchtig, eigensinnig, hochtrabend und durchtrieben, gnadenlos setzt sie ihre weiblichen Reize ein, ihre schauspielerische Leistung dabei ist fast magisch. Sie ist eine Nichte des Oberbefehlshabers der spanischen Armada und durch unglückliche Umstände an Bord eines englischen Schiffes gelandet. Dort wird sie eingesperrt und missbraucht, lange Zeit wird sie wie ein Tier gehalten. Aber nichts kann ihren Willen und ihren Überlebenstrieb brechen, jedes Mal geht sie als Siegerin aus ihren persönlichen Katastrophen hervor. Nach und nach verliert sie aber das Maß, sie wird immer unverschämter und setzt gnadenlos andere Leute zur Verwirklichung ihrer Ziele ein. Vitus ist ihr Ziel, sie will seine Ehefrau werden und mit ihm leben, keine List ist ihr zu schade und sie trifft Vitus oft an seiner empfindlichsten Stelle. Vitus ist ihr nicht gewachsen, obwohl er sie schnell durchschaut und ihr intrigantes Wesen schnell erkennt, kann er sich ihr nicht widersetzten und lässt sich von ihr so manches Mal zum Narren halten. Sein Verhalten ist nicht verständlich und er erscheint schwach, zu seinem Charakter hätte es besser gepasst, wenn er sie an den Haaren wieder vom Schiff gezogen hätte, als sich von ihr auf der Nase herumtanzen zu lassen. Und das kann Isabella sehr gut, sie beherrscht die Klaviatur der Männer aufs Vortrefflichste.


    Gewöhnungsbedürftig ist auch der Zwerg, der in seiner ganz eigenen Sprache spricht. Zum Glück versteht ihn auch nicht jeder, so muss er manches arg Unverständliches oft in gebräuchlicher Form wiederholen. Dieses stört aber den Lesefluss ungemein, auf seine Art als treuer Freund ist er zwar sehr knuffig, aber die Figur an sich schon ungewöhnlich. Sich vorzustellen, wie er auf dem Schoß seiner achtjährigen Ziehtochter Nella sitzt, weil es andersherum nicht mehr geht, ist schwer vorstellbar. Aber er gehört wie der Magister einfach dazu, der Geschichte würde einiges fehlen, wenn die beiden nicht dabei sein würden. Leider taucht der Magister nur recht kurz auf, seine lateinischen Lebensweisheiten sind unübertroffen und verleiten so manches Mal zum Schmunzeln.


    Ein wahres Highlight ist der Charakter des spanischen Admirals Don Pedro. Stolz aber dabei gerecht verkennt er nie seine Situation und erweist sich in größter Not als wahrer Freund. Es ist die Freundschaft, die Standesdünkel und feindliche Nationen überlebt, erfreulich, wie Wolf Serno hier einen Charakter erschaffen hat, der einfach nur menschlich ist und beweist, dass verfeindete Nationen auch aus ganz normalen Menschen bestehen.


    Vitus Schwäche Isabella gegenüber hinterlässt einen faden Beigeschmack des ansonsten recht kurzweiligen Buches. Ansonsten hat Wolf Serno einen gut recherchierten Historienschmöker abgeliefert, der zwar zum größten Teil auf See spielt, aber doch viele Einblicke in die mittelalterliche Heilkunst und die Enge eines Schiffes hergibt. Das Buch lässt sich auch gut ohne Vorkenntnisse der vorherigen drei Bände lesen, alles Wichtige wird kurz erläutert und schnell auf den Punkt gebracht.


    LG
    Patty

  • Ich bin ein großer Fan von Vitus und seinen Freunden und ich fand es immer spannend, den dreien durch die Welt zu folgen. Klar war nicht immer alles logisch oder realitisch und klar ging es immer gut aus, aber das machte mir nichts.


    So ist es an sich auch hier, nur dass sich der Magister schon schnell verabschiedete und auch der Zwerg nicht so häufig in der Nähe von Vitus war.


    Beide Seefahrten gleichten sich meiner Meinung nach zu sehr und so fehlte es etwas an Spannung. Es war für mich kein richtiges Abenteuer. Das sie am Ende das Schiff verfolgen, auf dem der Magister ist, nur um zu helfen, erscheint mir auch etwas zu gewollt. Davon abgesehen lief einfach alles zu glatt ab, es gab keine echte Krise, die es zu bewältigen galt.
    Auch medizinisch gesehen, kam ich zu kurz und die x-te Amputation die braucht nun wirklich keiner.


    Die Geschichte um Don Pedro ist mir etwas zu rührselig auch wenn ich den Charakter sehr mochte. Ich frage mich, woher er z.B. medizinische Kenntnisse hatte, um bestimmte Situationen einschätzen zu können?


    Die notwendige Intrige durch Isabella fand ich ausgesprochen langweilig und fast schon einfallslos. Für mich der überflüssigste Charakter im Buch. Das wirkte für mich einfach zu gezwungen und brachte keine Spannung ins Buch.


    Zwar war das Buch sprachlich wie immer und man flog nur so über die Seiten, Eanos Rotwelsch ist fast schon notwendig, und nach dem 4. Buch versteht man sie auch perfekt, aber auch da gab es zuviele Wiederholungen.


    Alles in allem würde ich sagen, von mir aus muss es keine Fortsetzung mehr geben, wenn sie so ausfällt. Auf mich wirkte der Roman einfach nur zusammen geschustert und oberflächlich und es fehlte der übliche Witz und die Spannung. Schade.

  • Nach den bisherigen drei Bänden und einigen Jahren Abstinenz habe ich jetzt den vierten Band „Die Liebe des Wanderchirurgen“ gelesen.



    Ich war schnell wieder vertraut mit den „alten Freunden“ und bin mit Vitus und Eano auf die Reise gegangen. In diesem Band wurde Vitus zweimal aufs Schiff befohlen und musste als Chirurgicus an den Seeschlachten zwischen England und Spanien teilnehmen. Das Leben auf dem Schiff und seine Arbeit wurde anschaulich geschildert. Unterbrochen wurde dies vor allem durch die intrigante Spanierin Isabella, die es sich zum Ziel gemacht hatte, Vitus zu verführen und zu ihrem Mann zu nehmen. Vitus möchte so gerne treuer Ehemann und Vater sein, aber er erliegt immer wieder ihren Verführungskünsten.


    Seine Freundschaft zum Magister wird auf eine sehr harte Probe gestellt, dafür ist der Zwerg stets hilfreich an der Seite von Vitus und lockert das Geschehen mit seinem rotwelschen Geplauder auf.


    Neben dem Kapitän Taggart und seiner Besatzung lernen wir an Bord auch den Spanier Don Pedro kennen, eine sehr beeindruckende, starke Persönlichkeit.



    Der Autor ist seinem Stil treu geblieben und der Schmöker lässt sich flüssig und angenehm lesen. Einen 5. Band braucht es aber meiner Meinung nach nicht mehr zu geben.


    von mir 7 Punkte