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'Roman eines Schicksallosen' - Seiten 086 - 198
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Die Transporte im Viehwaggon über Tage ohne Wasser und Essen waren für Schwache und Alte tödlich. Da kann kein Optimismus übrig bleiben.
Trotzdem nimmt György noch alles Neue interessirt auf. Zu schaffen macht auch ihm allerdings die Warterei.Ich erinnere mich an einen beeindruckenden Roman von Jorge Semprun, der sehr ausführlich nur über seine 5-tägigen Transport ins KZ Buchenwald handelte.
Ich vermute, nur die Altersangabe 16 und Arbeitsfähigkeit lassen Györky die Selektion überstehen.
Danach Demütigungen durch die Rasur und Einkleidung. -
Zitat
Herr Palomar:
Ich vermute, nur die Altersangabe 16 und Arbeitsfähigkeit lassen Györky die Selektion überstehen. Danach Demütigungen durch die Rasur und Einkleidung.
Das vermute ich auch - gut, dass die Sträflinge diesen Tipp gegeben haben.Schlimm ist dann, wenn man lesen muss, dass Kinder eine besondere Behandlung bekommen - Schule statt Arbeit und noch später liest man vom Krematorium.(S.120)
Was mir auch aufgefallen ist, wie der Ich-Erzähler Truppe der SS schreibt:er findet sie gar nicht gefährlich, sie schreiten gemütlich die Länge der Kolonne auf und ab, beantworten Fragen, klopfen herzlich auf den Rücken (S.95)
Auch zeigt er Verständnis, dass jeder ein Gewehr auf der Schulter hat -schließlich sind sie Soldaten oder eine Peitsche - schließlich waren ringsum Sträflinge. (S. 96) -
Imre Kertesz schreibt sehr detailliert über seinen ersten Eindruck und die Behandlung in Auschwitz.
Das hat auch Primo Levi in seinem ersten Buch Ist das ein Mensch? – Primo Levi gemacht, er hat aber betont sachlich als Bericht geschrieben. Später hat auch Levi andere literarische Mittel eingesetzt.
Wikipedia über Primo Levi
Primo Levi blieb 11 Monate in Auschwitz.
In "Roman eines Schicksallosen" bleibt der Protagonist letztlich nur 3 volle Tage in Auschwitz, dann geht die Reise weiter nach Buchenwald.
Es ist interessant, wie er die Unterschiede von Auschwitz und Buchenwald beschreibt.
Seite 143 ein unglaublicher Satz: „ich kann sagen, auch ich habe Buchenwald bald liebgewonnen.“
Dann Zeitz, einer Filiale von Buchenwald, ein Provinz-Konzentrationslager. -
S. 173:
Das Vorstellungsvermögen bleibt bei der Arbeit frei.
Er ist zwar körperlich zugegen,aber steht trotzdem irgendwie neben sich, allerdings ist auch die Phantasie begrenzt. Er kann sich nicht in weit entfernte Länder versetzen -am liebsten versetzt er sich nach Hause.
Dies ist sicher auch eine Art Flucht.Außerdem beginnt er zu bereuen, dass er z.B.so manches Essen abgelehnt hat oder sich wegen Nichtigkeiten gestritten hat - jetzt will er, dass Frieden herrscht, wenn er nach Hause kommt.
Auf S. 192 ist mir aufgefallen, dass nicht von "Menschen" die Rede ist, die auf den Lastwagen geworfen werden, sondern von "Körpern".
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Wer kennt die Verfilmung Fateless?
Imre Kertesz hat ja anscheinend sogar das Drehbuch geschrieben.
Ich habe mir die DVD bestellt. Mal sehen, wann sie ankommt.
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Herr Palomar:
Ich kenne die Verfilmung nicht - aber das werde ich wohl noch nachholen.
Übrigens wollte ich noch danken für die Buchtipps, die du gegeben hast. -
Gern geschehen!
Mann könnte viele Bücher erwähnen, die thematisch passen. Aber ich habe nur die genannt, die ich im Zusammenhang für wichtig und gut geschrieben halte.
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Zitat
Original von Conor
Auf S. 192 ist mir aufgefallen, dass nicht von "Menschen" die Rede ist, die auf den Lastwagen geworfen werden, sondern von "Körpern".
Das ist sicher auch eine Art Selbstschutz. Nur so kann er sich innerlich von dem tödlichen Schicksal fernhalten.Es fällt außerdem auf, dass er auch von seinen Mitgefangenen eher distanziert bleibt. So werden kaum mal deren Namen genannt.
Eine Ausnahme ist Bandi! -
S. 91
In Auschwitz angekommen erleichtert ihn der Anblick der deutschen Soldaten mit ihrer grünen Mütze und ihren beredten und richtungsweisenden Armbewegungen die auf alles einAuge hatten.Das läßt doch vermuten dass er sich zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt keine Gedanken macht was da noch auf ihn zukommen könnte.
Und wohl ist er durch die Geschehnisse so abgelenkt dass er nicht einen Gedanken an seine Stiefmutter bzw. Mutter verschwendet die sich doch sicherlich unglaubliche Sorgen machen wo er abgeblieben ist.
S. 102
Die Freude über den Fußballplatz, die zum Spielen notwendigen Tore und weiß ausgezogenen Linien.
Die Aussicht der Jungen "na, da spielen wir nach der Arbeit Fußball....einmal mehr die Unbedarftheit und Sorglosigkeit.
Auf jeder Seite dieses Buches (wie von Herrn Palomar schon erwähnt) finden sich soviele Details und nennenswerte Zitate.
So auch auf S. 144, wo man meinen könnte in seinen Reisen von Auschwitz nach Buchenwald und dann nach Zeitz liegt schon eine gewisse Routine.
Und in Zeitz angekommen findet er ein "kleines, armseliges, abgelegenes, sozusagen ein Provinz-Konzentrationslager" vor.Herr Palomar - teilst du uns bitte mit ob sich die Verfilmung lohnt anzuschauen
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Zitat
Original von FrauWilli
Herr Palomar - teilst du uns bitte mit ob sich die Verfilmung lohnt anzuschauen
Ja, werde ich machen! -
Das Ende dieses Abschnitts und die nachfolgenden Seiten war für mich der am schlimmsten zu lesende Teil des Buches. Und einmal mehr musste ich feststellen dass ich mich nie, nie daran gewöhnen werde, egal wieviele Bücher über dieses Thema ich noch lese.
Erstaunt war ich über die Einlieferung auf eine Krankenstation. Wurden schwer kranke Menschen denn nicht gleich in die Gaskammer gebracht? Oder wurde er zu Forschungszwecken gepflegt?
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Spätestens ab der Seite, auf der Györky erfährt, dass es sich bei Auschwitz um ein Vernichtungslager handelt, ist es auch mit dem heiteren Erstaunen vorbei.
Er erkennt, dass er manipuliert wurde, erkennt das wahre Gesicht von Auschwitz und ist daher sehr froh, dass er nach Buchenwald kommt. Leider muß er ja dann weiter nach Zeitz und verliert dabei auch die Jungs und alle anderen Bekannten.Ab und zu trifft er ein altbekanntes Gesicht wieder, erkennt dieses jedoch kaum noch - dem "Zierlederer" geht es allerdings mit ihm genauso.
Sein Glück ist, dass er sich mit B. Citrom anfreundet, soweit man das so nennen kann. Dieser bringt ihm zumindest die Grundregeln für ein Gefangenenleben bei und nimmt ihn ein bisschen an die Hand, später wird er ihm allerdings auch zur Last, da er sich schon fast aufgegeben hat.Ich glaube übrigens nicht, dass man mit einem entzündeten Knie gleich komplett aussortiert wurde (ich muss es ja irgendwie benennen, sorry).
Dieses Buch verfolgt mich bis in meine Träume. Im Kopf werde ich es wohl nie wieder los.
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Zitat
Original von killerbinchen
Ich glaube übrigens nicht, dass man mit einem entzündeten Knie gleich komplett aussortiert wurde (ich muss es ja irgendwie benennen, sorry).
Dieses Buch verfolgt mich bis in meine Träume. Im Kopf werde ich es wohl nie wieder los.
Aber meinst du nicht auch dass das ein bißchen mehr war als nur ein entzündetes Knie. Er konnte ja auch nicht mehr "zur Arbeit" gehen, war also nicht mehr nützlich. Und dann kam ja auch noch der Schnitt am Bauch dazu. Die arme Socke war ja voll mit dem Zeug bis obenhin.
Ach, du hast Recht man weiß garnicht wie man das bennen soll. Alleine das Wort Gaskammer und aussortieren tut schon weh.Nein, dieses Buch vergißt man nicht mehr.
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Zitat
Aber meinst du nicht auch dass das ein bißchen mehr war als nur ein entzündetes Knie.
Also, er hat ja geschrieben, er habe die "Phlegmone", was laut Wiki eine eitrige Infektionskrankheit der Weichteile ist. Diese sei in Arbeitslagern keine Seltenheit.
Hinzu kommt, dass es dort in Zeitz keine Vorrichtungen zur Entledigung nicht mehr brauchbarer Arbeitskräfte gab (ich kann es einfach nicht beim Namen nennen).
Damit der Rücktransport, der ja auch damals mit Verwaltungsaufwänden und somit Kosten verbunden war, nicht sofort vorgenommen werden mußte, hat man anscheinend zumindest halbherzig versucht, die Kranken zu heilen... -
Zitat
Original von killerbinchen
Sein Glück ist, dass er sich mit B. Citrom anfreundet, soweit man das so nennen kann. Dieser bringt ihm zumindest die Grundregeln für ein Gefangenenleben bei und nimmt ihn ein bisschen an die Hand, später wird er ihm allerdings auch zur Last, da er sich schon fast aufgegeben hat.
Das er von Bandi Citrom die Einstellung annimmt, sich nicht gehen zu lassen und nicht die letzte Hoffnung zu verlieren, rettet ihm sicher das Leben. Davon bin ich überzeugt.
Bandi und die anderen tragen ihn ja sogar, als er wegen seinem Knie nicht mehr gehen kann. Der-Storch-trägt-sein-Junges-Spiel nennen sie die Art des Tragens. (Seite 191) -
Ich bin auch der Meinung, dass Bandi ihm das Leben gerettet hat. Vor allem dass er Imre ins Krankenlager geschleppt hat. Da konnte er sich quasi "ausruhen".
Ich hätte nicht gedacht, dass der körperliche Verfall so schnell von statten geht. Schlimm fand ich, dass die Leute das selber erst gar nicht bemerkt haben. Und als sie es bemerkten, waren Sie schon schlimm dran, körperlich und vor allem auch seelisch.