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'Chinatown' - Seiten 287 - Ende
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Ein gefährlicher Plan, den Alexandra da hat, um Mai Ling außer Landes zu bringen. Und er klappt leider auch nicht wie erhofft. Was Heinrich mit Alexandra macht, ist furchtbar.
Aber es zeigt sich doch deutlich, wie sehr sich Alexandra verändert hat. Sie ist verantwortungsvoller und lässt sich nicht mehr nur in ihrem Leben treiben.
Auch Mai Ling hat mehr Mut bzw. Selbstvertrauen und es ist sicher ein großer Schritt für sie, Alexandra so zu vertrauen, wurde sie doch schon oft enttäuscht (nach dem Tod des Vaters von Mrs. Johnson und von Baihe vor allem).Erschreckend wie tief Michelle gesunken ist. Kokainabhängig lässt sie sich von Heinrich behandeln wie eine Puppe.
Und zum Schluss sag ich nur: die letzten Seiten habe ich geheult :schaem.
Tereza, ich bin wirklich sehr beeindruckt von Deinem Buch. Diese Zeit und Liebe zwischen Frauen, besonders dann noch zwischen einer Chinesin und einer Deutschen, waren mir völlig fremd. Aber Du hast mir das alles auf so schöne Weise nahe gebracht, dass ich nun schon "Schwarze Seide" bestellt habe.
Deine Geschichte hat viele Emotionen in mir ausgelöst, ich war oft erschrocken, auch mal ärgerlich (über Alexandra) und vor allem ganz tief berührt.
Danke für dieses tolle Leseerlebnis, gleich das erste Buch im neuen Jahr :anbet. -
So sorry, ich bin heute tagsüber nicht zum Posten gekommen, habe aber in jeder freien Minute gelesen und bin von daher einfach durchgeprescht.
Jetzt muss ich erst mal zu einem Termin, später mehr, momentan nur: wow! -
Zitat
Original von Sigrid2110
Und zum Schluss sag ich nur: die letzten Seiten habe ich geheult :schaem.
Oh je, dabei war es doch ein glückliches Ende, wenigstens für die zwei Hauptfiguren. Denen, die im Hamburg bleiben, stehen allerdings harte Zeiten bevor, wie wir alle wissen.
Es freut mich sehr, dass dir das Buch gefallen hat. "Schwarze Seide" scheint im Moment wieder vergriffen zu sein, wenigstens in den Internet-Shops. Der Verlag braucht immer eine Weile, bis er die neue Auflage fertig hat.
Falls du warten musst und nicht willst: es gibt das Buch noch bei einigen amazon-Händlern und in ebay-shops.Viele Grüße
Tereza
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Ja sicher war es ein glückliches Ende für Alexandra und Mai Ling. Aber ich war so gerührt. Ich hatte jetzt auch nicht damit gerechnet, dass das alles doch noch klappt und vor allem, dass Alex mitkommt.
Ich habe "Schwarze Seide" bereits bei einer Buchhandlung aufgetrieben (und schon bezahlt :lache). Wird mir nun demnächst zugeschickt.
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Ich musste zwanzig Seiten vor Ende unterbrechen- bis heute abend wird hart...
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Zitat
Original von beowulf
Ich musste zwanzig Seiten vor Ende unterbrechen- bis heute abend wird hart...
Ich habe auf Seite 333 unterbrechen müssen, hatte eiskalte Hände und war kurz vorm losheulen..... musste mich erst wieder sammeln.Ich habe in diesem Abschnitt auch nicht mehr mitgeschrieben, war so spannend, da wollte ich nicht dadruch gestört werden.
Das Mail Ling sich nochmal mit Heinrich eingelassen hat, konnte ich nicht ganz nachvollziehen. Vielleicht ticken Chinesen da anders als Deutsche??
Mich würde interessieren, wie Katerina das von der psychologischen Seite aus sehen wird???ZitatOriginal von Sigrid2110
Was Heinrich mit Alexandra macht, ist furchtbar.
Sie geht ja danach gleich zur Tagesordnung über und packt die Taschen
Wie sie wohl darüber hinwegkommen wird?!?ZitatTereza, ich bin wirklich sehr beeindruckt von Deinem Buch. Diese Zeit und Liebe zwischen Frauen, besonders dann noch zwischen einer Chinesin und einer Deutschen, waren mir völlig fremd. Aber Du hast mir das alles auf so schöne Weise nahe gebracht
Da kann ich Sigrid nur zustimmen
Wobei diese Liebe zwischen Alexandra und Mai Ling zu keiner Zeit dominant in den Vordergrund gerückt wurde.
Ich bin immer noch ganz hin und weg wie Du immer die richtigen Töne/Zwischentöne gefunden hast, mein Kompliment.Danke für die gelungene Leserundenbegleitung
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Ich habe fertig. Ein nicht ganz Happy -end, ein teilweise Offenes, aber um so schöneres Ende.
Danke an Tereza für die Begleitung der Leserunde.
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Zitat
Original von bonomania
Das Mail Ling sich nochmal mit Heinrich eingelassen hat, konnte ich nicht ganz nachvollziehen. Vielleicht ticken Chinesen da anders als Deutsche??
Mich würde interessieren, wie Katerina das von der psychologischen Seite aus sehen wird???Es ist ihre einzige Chance, in die Wohnung und so an das Geld zu kommen. Deshalb überwindet sie sich. Wegen ihrer Vergangenheit ist sie notgedrungen auch etwas härter im Nehmen geworden als es eine Frau wäre, die sich niemals prostituieren musste. Ich glaube nicht, dass es da viel Unterschied zwischen Asiatinnen und Europäerinnen gibt.
Einen guten Therapeuten könnten nach diesen Erlebnissen beide Frauen brauchen, ich glaube, da wird Katerina mir zustimmen. Alexandra ist eher die Verdrängerin. Sie versucht, so zu tun, als wäre nichts geschehen.
Es freut mich sehr, dass dir das Buch gefallen hat.
Tereza
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Zitat
Original von beowulf
Danke an Tereza für die Begleitung der Leserunde.
Es hat wirklich großen Spaß gemacht mit euch. Jetzt bin ich gespannt auf die Meinung der etwas langsameren Leser. Ein paar wollten ja noch mitmachen.
Viele Grüße
Tereza
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Ich (wie bekannt Langsamschreiber, Langsamleser) bin auch auch durch mit diesem wunderbaren, spannenden und ja, auch das ist kein Schimpfwort, lehrreichen Roman.
Ich habe ihn sehr gern gelesen und ich werde ich auf alle Fälle weiterempfehlen und auch verschenken!
Im letzten Teil waren mir Mai Ling und Alexandra fast zu mutig (allzu Aufregendes halte ich z.Zt. irgendwie schlecht aus :lache), mir ging es wie in einem Thriller, wo man den Leuten zurufen möchte: "Neinnein, geh nicht in den Keller, du dumme Kuh, da wartet doch schon der Schlitzer!" (Nicht, dass ich sowas angucken würde, da hab ich nicht die Nerven für.)
Dass Alexandra nun auch noch vergewaltigt wurde, habe ich schlecht aushalten können.
Und tatsächlich gibt es nur ein halbes happy end, wie es, um glaubwürdig zu sein, in dieser Geschichte ja auch gar nicht anders sein kann. (Außerdem bin ich ja sowieso der Meinung, dass der Unterschied zwischen happy und unhappy end nur darin besteht, an welcher Stelle man den Schnitt macht.)ZitatOriginal von Tereza
Es ist ihre einzige Chance, in die Wohnung und so an das Geld zu kommen. Deshalb überwindet sie sich. Wegen ihrer Vergangenheit ist sie notgedrungen auch etwas härter im Nehmen geworden als es eine Frau wäre, die sich niemals prostituieren musste. Ich glaube nicht, dass es da viel Unterschied zwischen Asiatinnen und Europäerinnen gibt.
Lalü, lala, der psychologische Notfalldienst fährt mit starker Verspätung, aber mit quietschenden Reifen vor!
Da bleibt mir nichts zu tun, als Tereza zuzustimmen. Welche Alternativen hat das Leben Mai Ling sonst zu bieten? Sie geht das Wagnis ein und gewinnt.
Allerdings finde ich, dass Du auch recht hast, Bonomania. Selbst wenn Mai Lings Vater sich von anderen Eltern in China zu dieser Zeit unterscheidet, ist sie doch in einer Kultur aufgewachsen, in der Gehorsam und Sich-Fügen ein hoher Wert war. Sagen wir mal so: Das "Ich bin doch nicht bekloppt, etwas zu tun, worauf ich keine Lust habe!" ist ihr nicht gerade anerzogen worden ...ZitatEinen guten Therapeuten könnten nach diesen Erlebnissen beide Frauen brauchen, ich glaube, da wird Katerina mir zustimmen. Alexandra ist eher die Verdrängerin. Sie versucht, so zu tun, als wäre nichts geschehen.
So ganz stimme ich dir da nicht zu.
Zwei Dinge sind mindestens Voraussetzung für eine Psychotherapie:1. Krankheit. Den beiden Frauen geht es zum Ende des Buches den Umständen entsprechend gut, sie sehen der Zukunft einigermaßen hoffnungsvoll entgegen, sie sind froh, zusammen zu sein. Also keine Symptomatik, zu dem Zeitpunkt.
2. Krankheitseinsicht. Ich sage oft: Psychotherapie ist nicht für Leute, denen es schlecht geht. Sondern für Leute, denen es schlecht geht und die an sich arbeiten wollen.
D.h., selbst wenn Voraussetzung 1 hier erfüllt wäre (und das ist sie zum Glück bei den Beiden gerade nicht), müsste noch ein Leiden an sich selbst hinzu kommen, z.B. ein "Warum tue ich das und das immer wieder und warum komme ich da nicht raus?"
Sollte eine von beiden von den Vergewaltigungen oder Misshandlungen ein Trauma davon getragen haben, das bei ihr schwere Symptome verursacht, wäre das natürlich eine andere Sache. In dem Fall wäre (heutzutage) eine Psychotherapie bei jemandem sinnvoll, der auf Traumapatienten spezialisiert ist.
Wenn Alexandra es schafft, mit Hilfe ihrer Verdrängung ein einigermaßen glücklicher und zufriedener Mensch zu werden, besteht kein Therapiebedarf. Verdrängung ist an sich erstmal kein ungesunder Prozess. -
[quote]Original von Katerina
Im letzten Teil waren mir Mai Ling und Alexandra fast zu mutig (allzu Aufregendes halte ich z.Zt. irgendwie schlecht aus :lache), mir ging es wie in einem Thriller, wo man den Leuten zurufen möchte: "Neinnein, geh nicht in den Keller, du dumme Kuh, da wartet doch schon der Schlitzer!" (Nicht, dass ich sowas angucken würde, da hab ich nicht die Nerven für.)
Dass Alexandra nun auch noch vergewaltigt wurde, habe ich schlecht aushalten können.Allerdings finde ich, dass Du auch recht hast, Bonomania. Selbst wenn Mai Lings Vater sich von anderen Eltern in China zu dieser Zeit unterscheidet, ist sie doch in einer Kultur aufgewachsen, in der Gehorsam und Sich-Fügen ein hoher Wert war. Sagen wir mal so: Das "Ich bin doch nicht bekloppt, etwas zu tun, worauf ich keine Lust habe!" ist ihr nicht gerade anerzogen worden ...
/quote]Halle Katerina,
oh, ich hoffe, das Ende hat dich nicht zu sehr geschockt. Es geht ja verhältnismäßig gut aus für beide Mädels und der Bösewicht bekommt auch noch eins auf die Rübe, obwohl er Schlimmeres verdient hätte. Sonst hast du natürlich recht. Es kommt auf den Schnitt an. In Amerika erwartete die zwei Mädels damals eine durchaus auch rassistische, nicht unbedingt tolerante Gesellschaft, und Arbeit war wegen der Depression nicht leicht zu finden.
Was Mai Ling betrifft: ja, sie ist in einer Kultur des Gehorsams aufgewachsen. Alexandra hätte sich in vielen dieser Situationen sicher wesentlich vehementer zur Wehr gesetzt (aber ob ihr das viel genützt hätte?). In diesem Fall schlägt Mai Ling ihrem Zuhälter aber sogar selbst vor, dass sie nochmal zu Heinrich gehen könnte, um die Geschäftsbeziehungen dadurch zu verbessern. Sie plant das alles und zieht es durch - was allerdings enorme Selbstdisziplin erfordert. Ein vom Schicksal eher verwöhntes Mädchen wie Alexandra wäre dazu wohl nicht fähig gewesen.
Tja, was Psychotherapie betrifft, habe ich etwas dazu gelernt. Ich dachte, heutzutage schickt man Leute nach traumatischen Erlebnissen gleich zu ein paar Sitzungen, sozusagen als erste Hilfe Maßnahme.
Liebe Grüße
Tereza
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Zitat
Original von Tereza
Tja, was Psychotherapie betrifft, habe ich etwas dazu gelernt. Ich dachte, heutzutage schickt man Leute nach traumatischen Erlebnissen gleich zu ein paar Sitzungen, sozusagen als erste Hilfe Maßnahme.
Ja, das war vor ganz kurzer Zeit auch noch üblich. Aber jetzt rückt man da gerade wieder ein bisschen von ab und bietet Menschen an, für sie da zu sein, wenn sie Hilfe brauchen. Man arbeitet aber eher nicht mehr, bevor Symptome oder sogar auch nur der Wunsch nach Hilfe auftreten, weil man festgestellt hat, dass das wohl eher nicht so viel bringt. -
So, nun habe ich letzte Nacht auch den letzten Abschnitt verschlungen.
Indem Alexandra Heinrichs Party besucht, beweist sie, dass sie es also tatsächlich ernst meint und bereit ist, sich für Mai Ling einzusetzen und Risiken einzugehen. Schnell gerät sie in eine unangenehme und auch bedrohliche Situation, als sie mit Heini allein im Zimmer sitzt und er zudringlich wird. Trotz ihrer sympathisch großen Klappe kommt sie noch einmal ungeschoren davon; vermutlich nur, weil Heini trotz seines Ärgers immer noch ein deutsches "Frollein" mit preußisch-adligem Hintergrund in ihr sieht. Seine verlogen-bigotte Weltsicht entpuppt sich hier als Alexandras Rettung.
Sehr gelungen fand ich dabei die Stelle, als Heini seine Kumpane auffordert, "die Schlampe mit in den Nebenraum zu nehmen" (S. 289/90), und Alexandra denkt, sie sei gemeint. Ich habe mich gemeinsam mit ihr kräftig erschrocken, aber dann war doch "nur" Michelle gemeint. Die arme Sau ist nun endgültig hart aufgeschlagen und ihre Einlieferung ins Krankenhaus ist sicher auch symbolisch zu verstehen. Für die Versorgung mit Koks lässt sie buchstäblich alles mit sich machen. Hier ergab sich für mich eine kleine Ungereimtheit, denn es scheint mir nicht zu Heinis Charakter zu passen, dass er irgendweine Frau mit seinen Helfern teilen würde. Dass er sie ihnen überlässt schon, aber sich so mit ihnen auf eine Stufe zu stellen? Später erklärt er Alexandra, dass Michelle "billig und abgenutzt" sei und es an der Zeit wäre, sie loszuwerden, doch kommt mir dies zu spät. Ersatz würde er leicht finden, daran kann es also nicht liegen.Gut gefallen hat mir, dass Greta aufgrund ihrer Schwangerschaft Zweifel und Ängste befallen - und ebenso gut, dass sie diese später überwindet. Diese "Schwäche" bringt Greta für mich auf ein glaubhaft menschliches Maß und macht sie mir sympathisch. Es wäre dumm von ihr, sich die Schwierigkeiten für sich, Mann und Kind in härter werdenden Zeiten nicht zu vergegenwärtigen - und dumm ist Greta ganz sicher nicht.
Richtig gefreut hat es mich, dass Dehong sich am Ende grade macht und über den Tellerrand seine Familie hinweg endlich auch einen Blick auf Mai Lings Lage und Interessen wirft. Mehr noch - er zieht sogar die Konsequenzen und bietet ihr und Alexandra Hilfe an.
Zum Ende des Buchs werden die Einsätze höher. Alexandra und Mai Ling schmieden einen gefährlichen Plan. Beeindruckt hat mich, dass Alexandra selbst bereit ist, zu seiner Verwirklichung mit Heini ins Bett zu gehen. Ich nehme ihr die Bereitschaft zu diesem Opfer ab, finde es aber konsequent, dass am Ende Mai Ling diese ekelhafte Aufgabe übernimmt. Sie ist determiniert, um jeden Preis zu siegen oder unterzugehen und wird deshalb nicht davor zurückschrecken.
Große Klasse fand ich, dass sie dem Professor in der letzten Nacht mit ihm die goldene Uhr klaut. Nur eine Randnotiz, aber mich hat es gefreut, dass sie auf diese Weise, vermutlich zum ersten Mal überhaupt, eine halbwegs anständige "Bezahlung" für ihre Dienste erhält.
Dann überstürzen sich die Ereignisse. Der Coup gelingt, aber irgendwie war mir klar, dass die beiden, so sehr ich es ihnen auch gegönnt hätte, nicht ungeschoren an ihr Ziel kommen. Alexandra zahlt doch noch einen sehr hohen Preis. An dieser Stelle kann ich nur ein dreifaches Hoch auf die Messinglampe aussprechen, die sie nicht nur vor Schlimmerem (Die Wiederholung der Vergewaltigung durch die Handlanger und mehr) bewahrt, sondern auch einen Teil ihrer Würde wiederherstellt, indem sie geschlagen, aber dennoch als Siegerin aus der Situatuion hervorgeht. Meine kleine Küchenpsychologie sagt mir, dass es die Tat zwar nicht ungeschehen macht, aber zumindest die erfahrere Hilflosigkeit relativiert, als sie Heini die Lampe auf die Birne haut und so letztendlich ihn dominiert.
Mit dem Finale hatte ich ein wenig meine Probleme, muss ich gestehen. Nach hochdramatischen Ereignissen fallen mir die Puzzleteile etwas zu leicht zu einem (gefühlten) Happy End zusammen, z.B. indem Mai Ling als Antwort auf Zukunftssorgen plötzlich die Idee des Restaurants aus dem Ärmel zieht, nachdem sie eine halbe Stunde zuvor noch davon ausging, dass Alexandra sie verraten hat und sie nur noch sterben wollte. Ich stelle mir vor, dass sie unter einem (positiven) Schock leiden müsste und in ihrer Verassung eigentlich keine fünf Minuten voraus denken könnte. Auch dass Alexandra plötzlich das Aufkommen der Nazis und die daraus resultierenden Folgen für die Gesellschaft kontempliert (S. 343) erscheint mir für eine egozentrische Person wie sie - zumindest in dieser emotional angeheizten Situation beim Verlassen des Hafens - wenig wahrscheinlich. Es würde zu Greta passen, aber Alexandra wäre meiner Einschätzung nach mit ihren Gedanken einzig bei den Konsequenzen für Mai Ling und sie selbst. Insgesamt reichen diese kleinen Einschränkungen allerdings nicht aus, um meinen durchweg positiven Eindruck des Buchs zu schmälern.
Ich finde, dass Tereza mit "Chinatown" ein wunderbarer Roman gelungen ist, den ich mit Neugier und Begeisterung gelesen habe. Die Protagonisten sind so glaubhaft und vielschichtig dargestellt, dass es mir leicht fiel, ihnen nahe zu kommen und ihre Motivationen nachzuvollziehen. Die Handlung wird prima entwickelt und hielt mich als Leser jederzeit bei der Stange. Vor einem hochinteressanten Hintergrund baut Tereza neben der an sich schon ungewöhnlichen Liebesbeziehung zwischen einer Deutschen und einer Chinesin eine Vielzahl von Themen wie Prostitution, Rassismus, rechte Gefahr, Drogen, Musik und die Kultur der Flapper in ihre Geschichte ein, wodurch das Buch eine gesellschaftlich relevante Dimenesion erhält. Prima finde ich auch, dass Tereza diese Themen nicht nur anspricht, sondern auch Stellung dazu bezieht! Genau das hebt dieses Buch für mich über den Stand eines reinen Unterhaltungsromans hinaus. Gut!
Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der verbunden mit bester Unterhaltung einen Blick auf ein literarisch ansonsten wenig behandeltes Kapitel deutscher (Kultur-)Geschichte werfen möchte. Auch oder vielleicht gerade jenen, die mit lesbischer Literatur sonst nicht viel am Hut haben.
Von mir gibt es 10 Punkte
@ Tereza: Vielen Dank für die schönen Stunden mit deinem Buch und deine aufmerksame Begleitung der Leserunde! Ich freue mich schon darauf, dich demnächst im Kölibri kennenzulernen.
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Zitat
Original von Katerina
Lalü, lala, der psychologische Notfalldienst fährt mit starker Verspätung, aber mit quietschenden Reifen vor!
Da bleibt mir nichts zu tun, als Tereza zuzustimmen. Welche Alternativen hat das Leben Mai Ling sonst zu bieten? Sie geht das Wagnis ein und gewinnt.
Allerdings finde ich, dass Du auch recht hast, Bonomania. Selbst wenn Mai Lings Vater sich von anderen Eltern in China zu dieser Zeit unterscheidet, ist sie doch in einer Kultur aufgewachsen, in der Gehorsam und Sich-Fügen ein hoher Wert war. Sagen wir mal so: Das "Ich bin doch nicht bekloppt, etwas zu tun, worauf ich keine Lust habe!" ist ihr nicht gerade anerzogen worden ...Ich persönlich glaube, dass es in diesem Fall überhaupt nichts mit Kultur zu tun hat. Mai Ling befindet sich in einer Situation, in der niemand Rücksicht darauf nimmt, ob sie einer Kultur des Sich-Fügens oder der Rebellion entstammt. Sie hat einfach keine Wahl, und auch Alexandra oder jede andere Frau hätten diese in ihrer Lage nicht. Nachdem sie tausendmal gegen ihren Willen mit Männern ins Bett gehen musste, bietet ihr dieses eine Mal die Chance, der Misere zu entkommen. Sie wäre geradezu "bekloppt", diese nicht zu ergreifen und stattdessen weiterhin anderen Männern wie dem Professor zu Diensten sein zu müssen. Die Frage nach der Moral dabei ist ein Luxusproblem, dass uns Leser beschäftigen mag, aber mit Sicherheit nicht Mai Ling in ihrem Sklaventum. Ich an ihrer Stelle würde alles tun, um dem zu entkommen.
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Lieber Harimau,
es freut mich sehr, dass dir mein Buch so gefallen hat. Du hast auch die Situation der Frauen, vor allem Mai Lings, sehr gut erfasst.
Nun zu den Kritikpunkten:
Heini (den Spitznamen finde ich übrigens klasse) hat Michelle schon über und hat Ersatz gefunden. Jetzt will er Alexandra. Er zieht noch mit Michelle herum, da er so den Kontakt zu ihrer Freundin hält, aber eigentlich ist sie für ihn uninteressant geworden. Deshalb überlässt er sie seinen Männern. Ich dachte, das würde sich aus dem Zusammenhang ergeben.Das Ende ist natürlich sehr harmonisch. Es sollte die Leser mit den vorher geschilderten, drastischen Ereignissen versöhnen. Mai Ling hat viel mitgemacht, doch jetzt sieht sie wieder Land (obwohl sie auf See ist) und macht daher Pläne. Alexandra wird bei der Abreise erstmals bewusst, was sie eigentlich gerade tut: sie verlässt ihre geliebte Heimatstadt und alle vertrauten Menschen, die dort leben. Von daher schien es mir schon möglich, dass sie sich erstmals Gedanken macht, was aus den Zurückgebliebenen wohl wird.
Insgesamt sollte die Szene auch verdeutlichen, dass beide Frauen sich gut ergänzen. Alexandras quirliger Revoluzzergeist hat Mai Ling aus der Resignation gerissen. Jetzt versucht sie, ihre traumtänzerische Geliebte auf den Boden der Tatsachen zu holen, indem sie konkrete Zukunftspläne schmiedet. Es wurde ja schon angedeutet, dass sie einen guten Sinn für Geschäfte hat.
Trotz aller widrigen Umstände sehe ich darin eine Chance für beide Frauen.
Sie passen zusammen, gerade, weil sie so unterschiedlich sind.Liebe Grüße
Tereze, die sich auch sehr darauf freut, euch kennen zu lernen. Hoffentlich hindern keine Schneestürme mich im Februar am Abflug nach Hamburg.l
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Danke für die Erklärungen, Tereza. Ich hatte durchaus schon seit der Kniegrabscherei und seinen durchsichtigen Komplimenten im "Vier Jahreszeiten" den Verdacht, dass Heini (Klingt so schön despektierlich, oder? :grin) es auf Alexandra abgesehen hat, allerdings kam es bei mir so an, als würde er weiterhin intimen Kontakt zu Michelle pflegen. So wie du es gemeint hast, macht die Sache für mich Sinn - selbst wenn nicht, wäre dieser Punkt so unbedeutend, dass er den Namen Kritik kaum verdiente.
Mit dem Happy End als solchem habe ich überhaupt kein Problem - im Gegenteil. Ich gehöre zwar zu den Lesern, die nicht zwangsläufig einen guten Ausgang der Geschichte wollen, aber in diesem Fall hätte mich alles andere doch sehr erschüttert. Mai Ling hat einfach schon zu viel durchgemacht, um nicht endlich mal etwas Glück in Aussicht gestellt zu bekommen.
Ich finde übrigens auch, dass die beiden sich prima ergänzen und wünsche ihnen von ganzen Herzen viel Glück in der Zukunft. Mit oder ohne Restaurant.
Miss meinen kleinen Haarspaltereien einfach nicht zu viel Bedeutung zu; so wichtig waren sie mir wirklich nicht. Ich finde das Buch klasse. Punkt.
LG harimau
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Original von Katerina
Ja, das war vor ganz kurzer Zeit auch noch üblich. Aber jetzt rückt man da gerade wieder ein bisschen von ab und bietet Menschen an, für sie da zu sein, wenn sie Hilfe brauchen. Man arbeitet aber eher nicht mehr, bevor Symptome oder sogar auch nur der Wunsch nach Hilfe auftreten, weil man festgestellt hat, dass das wohl eher nicht so viel bringt.Danke liebe Katerina für Dein interessantes Statement.
Wieder was dazu gelernt.
Ich dachte auch, nach so einem Trauma wird man vorsorglich gleich mal zur Therapie angemeldet. -
Zitat
Original von harimau
Ich persönlich glaube, dass es in diesem Fall überhaupt nichts mit Kultur zu tun hat. Mai Ling befindet sich in einer Situation, in der niemand Rücksicht darauf nimmt, ob sie einer Kultur des Sich-Fügens oder der Rebellion entstammt. Sie hat einfach keine Wahl, und auch Alexandra oder jede andere Frau hätten diese in ihrer Lage nicht. Nachdem sie tausendmal gegen ihren Willen mit Männern ins Bett gehen musste, bietet ihr dieses eine Mal die Chance, der Misere zu entkommen. Sie wäre geradezu "bekloppt", diese nicht zu ergreifen und stattdessen weiterhin anderen Männern wie dem Professor zu Diensten sein zu müssen. Die Frage nach der Moral dabei ist ein Luxusproblem, dass uns Leser beschäftigen mag, aber mit Sicherheit nicht Mai Ling in ihrem Sklaventum. Ich an ihrer Stelle würde alles tun, um dem zu entkommen.Okay, Deine Erklärung leuchtet mir ein.
Ich bin halt von mir ausgegangen, wie ich mich dabei gefühlt hätte.
Ich hätte danach garantiert eine Therapie gebraucht -
..die es zu dem Zeitpunkt aber nicht gegeben hätte.