Hallo,
ich möchte Euch hier ein Buch vorstellen, daß zwar auch als Buch für Jugendliche gilt, daß ich aber eher als Buch für (bzw. auch) Erwachsene ansehe.
Dietlof Reiche: der Bleisiegelfälscher
Kopie von Amazon:
"Ein Klassiker: Aufregung bei den Lodenwebern in der freien Reichsstadt Nördlingen im Jahre 1613.Aufregung herrscht bei den Handelsherren und Lodenwebern in der freien Reichsstadt Nördlingen im Jahre 1613. Aus Bozen kommt die Nachricht, man habe gefälschte Siegel entdeckt. Der gute Name der Nördlinger Loden steht auf dem Spiel. Aber die Lodenweber könnten ohne die zusätzlich gewebten Loden nicht leben, und die Handelsherren wissen, dass die Siegel gefälscht werden. Aber das stört sie nicht, denn sie verdienen mehr, wenn sie auch die zusätzlichen und mit gefälschten Siegeln versehenen Ballen verkaufen können. Jetzt gilt es, den guten Ruf zu retten.
An Meister Kratzer soll ein Exempel statuiert werden. Als scheinbar einziger Schuldiger soll er bestraft werden. Der Geselle Martin, der Kratzers Tochter liebt, will seinem Meister helfen. Und er hat sich gerade eine ganz neue Art der Fälschung ausgedacht.Es ist nicht die Geschichte der Herrschenden, sondern die Geschichte der einfachen Menschen, in ihrer ganzen Abhängigkeit, die Dietlof Reiche in seinem spannenden Roman lebendig werden lässt.Aus der Begründung der Jury zum Deutschen Jugendbuchpreis:"Der Autor hat den komplizierten Stoff überaus sorgfältig und detailliert nach Quellen aus dem Nördlinger Stadtarchiv bearbeitet und schriftstellerisch über das Schicksal weniger Leitfiguren und eindringlicher Situationen meisterhaft erschlossen."
Meine Meinung:
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, da es auf spannende Weise einen Bereich von Handwerksgeschichte beschreibt, der mir bisher fremd war. Dietlof Reiche beschreibt sehr detalliert die Lebensbedingungen der Loder bzw. der Handwerker in Nördlingen, das Zunft-Regime, die Korruption der Ratsmitglieder und spart bei seinen Schilderungen auch nicht grausame Szenen wie Folter und Verhöre aus. Was mich ein klein wenig gestört hat war, daß er ein paar sehr moderne Ausdrücke benutzt hat (scheißegal oder andere), aber da es ein Buch u.a. auch für Jugendliche ist, hat er das vielleicht bewußt so formuliert.
Die Charaktere sind lebendig geschildert, die Handlung entwickelt sich ohne Längen und man erhält ein sehr plastisches Zeitbild. Er verwendet etliche Fachbegriffe, die ansatzweise in einem Glossar am Ende erklärt werden. (meiner Meinung nach hätten noch ein paar mehr Ausdrücke erklärt werden können).
Dietlof Reiche hat noch andere historische Romane für Jugendliche geschrieben, wobei dieses Buch "der Bleisiegelfälscher" in meinen Augen erst für Jugendliche ab 14/15 Jahre geeignet ist aufgrund der Beschreibung der Folterszene (wobei das nur eine Szene ist und nicht den ganzen Roman durchzieht) als auch aufgrund der Beschreibungen des Handwerks, die möglicherweise für jüngere Jugendliche etwas zu langweilig sein könnten. Wer sich für Handwerksgeschichte interessiert, der sollte dieses Buch lesen, denn man lernt schon einiges über die Arbeits- und Lebensbedingungen der Loder.
Ich werde mir jedenfalls die anderen Bücher des Autors auch mal anschauen.