Klappentext:
Auf der Bühne wird Roberto Alagnas sizilianisches Temperament euphorisch gefeiert, und auch außerhalb des Rampenlichts liefert er oft genug Schlagzeilen. Den einstigen Schlagersänger Pariser Vorortlokale machte sein unbändiger Ehrgeiz zu einem Star, der auf internationalen Opernbühnen mit Größen wie Anna Netrebko und Plácido Domingo zusammenarbeitet. Doch nicht nur sein großartiges künstlerisches Schaffen weckt allgemeines Interesse, auch sein Privatleben – insbesondere die Ehe mit der berühmten Sopranistin Angela Gheorghiu.
Die vorliegende Autobiografie gewährt dem Leser einen authentischen Einblick in das Leben des Tenors zwischen Triumphen und Rückschlägen, denn künstlerische Krisen und private Schicksalsschläge stellen Roberto Alagna bis heute auf die Probe.
Autor (dem Klappentext entnommen):
Roberto Alagna kam 1963 in Clichy-sous-Bois als Sohn italienischer Eltern zur Welt und wuchs in Paris auf, wo er auch Gesang studierte. Seit seinem Erfolg beim internationalen Pavarotti-Wettbewerb im Alter von 25 Jahren ist er der Shooting-Star des lyrischen Tenorfaches. Engagements an renommierten Opernbühnen wie der Metropolitan Opera oder der Wiener Staatsoper führten ihn zu weltweitem Ruhm.
Übersetzt worden ist das Buch von Salka Klos.
Meine Meinung:
Nun also ein Buch nicht über, sondern von Roberto Alagna, jenem Sänger, dem man gar zu gerne Starallüren nachsagt, von dem man so oft und gerne zu berichten weiß, wann er eine Vorstellung abgesagt hat. Hin und wieder kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, es gelte heutzutage fast ein wenig als chic, ihn abzuqualifizieren, nur das Negative zu sehen.
„Tenor aus Berufung“ lautet der Titel dieser Autobiografie, die mich, ehrlicherweise sei es gesagt, komplett überrascht hat. Denn da berichtet ein weltberühmter Tenor nicht nur über seine Lehrjahre, über die ersten Erfolge als Sänger in einer Pizzeria oder im Varieté, über die erste Schallplatte, die immer noch nicht der großen Oper gewidmet war, sondern dem Schlager, über seinen Lehrer Rafael Ruiz, über den Erfolg beim Pavarotti-Wettbewerb, über die ersten Schritte auf der Opernbühne, über seine erste Frau Florence und seine Tochter, über seine zweite Frau Angela, sondern auch, und das fand ich fast noch spannender, über seinen weiten familären Hintergrund. Roberto Alagna scheut sich nicht, über seine Eltern, seine Großeltern und einen großen Teil seiner übrigen Familie zu erzählen, über das Auswandern aus Sizilien, über Armut und Reichtum, über den Familienzusammenhalt und über das Singen, das in dieser Familie eine große Bedeutung spielt.
Wer im Übrigen darauf hofft, Einzelheiten zum Scheitern der Ehe mit Angela Gheorghiu zu erfahren, hofft vergebens. Das Buch wurde 2007 in Frankreich veröffentlicht, wie aktuell sich da schon jenes Scheitern abzeichnete, ist mir erstens nicht bekannt und zweitens für mich von untergeordnetem Interesse. Und nach der Lektüre des Buches habe ich auch so meine Zweifel, dass sich Roberto Alagna in allzu unfreundlicher Weise darüber auslassen würde.
Natürlich ist die Hauptperson in diesem Buch Roberto Alagna. Mit einem gesunden Selbstbewusstsein, das ihm weniger freundlich Gesonnene leicht Eitelkeit nennen können, erzählt er, was er erzählen möchte – und da liegt für mich das einzige große Manko: Es ist für mich überaus fesselnd zu lesen, wie er über Musik und sein Lernen der Lieder, der Arien erzählt, über den Wettbewerb, den er gewonnen hat, über die überraschenderweise negativen Auswirkungen seines Versuchs, Mozart sängerisch zu erobern. Ich hätte mir nur noch etwas mehr gewünscht. Mehr zum Beispiel über die großen Produktionen, deren Teil er war, wie zum Beispiel jene wunderbare Lucia di Lammermoor (mit Natalie Dessay) oder den zauberhaften Liebestrank (mit Angela Gheorghiu), von dem Don Carlos, Roméo et Juliette oder der Tosca mal ganz zu schweigen, das Erlernen und Erarbeiten der Partien, das Zusammenwachsen und -fügen des gesamten Teams, nicht nur mit den Sängerkollegen.
Die 226 Seiten nebst einem ausführlichen Interview, das Manuel Brug für die deutsche Erstausgabe mit dem Sänger geführt hat, lassen sich leicht und flüssig lesen, gewürzt hin und wieder mit einer charmanten Prise Humor und einem überraschenden Schuss Selbstironie. Abgerundet wird das Buch mit einer ausführlichen Diskografie, einem ebenso ausführlichen Personen- und Werkregister und einem schönen Fototeil.
Als Fazit kann ich für mich nur ziehen: Das Timbre eines Sängers mag man oder man mag es eben nicht. Da kann jemand noch so gut singen, technisch perfekt meinethalben, Tausende rühren – wenn es nicht passt, dann passt es eben nicht. Roberto Alagna passt für mich schon, so lange er sich der Oper bzw. geistlicher Musik, wie zum Beispiel Verdis Requiem widmet. Und seine Autobiografie hat für mich auch gepasst.
Also ein fast perfektes Buch? Nun ja, es gab neben dem oben erwähnten Umstand, dass und über was ich gerne mehr erfahren hätte, schon die eine oder andere Kleinigkeit, die mir nicht so ganz behagte, von denen ich aber eigentlich nur das „Maestro“, mit dem er Pavarotti stets bedenkt, wirklich erwähnenswert finde. Warum? Das wiederum ist eine ganz andere Geschichte – und hat sehr viel mit dem oben schon einmal erwähnten Timbre eines Sängers zu tun.