Gebundene Ausgabe: 478 Seiten
Verlag: Berlin Verlag
2009
OT: The Year of the flood
Deutsch von Monika Schmalz
Kurzbeschreibung:
Hoch auf den Dächern der Stadt, dem Himmel am nächsten, liegt das Paradies. Seine Bewohner nähren sich von Gemüse, Früchten und Honig und kultivieren ihren Garten Eden, den sie dem Waste Land einer Stadt jenseits der drohenden Klimakatastrophe abgetrotzt haben. Die junge, kämpferische Toby findet Zuflucht in dieser Gemeinschaft der „Gärtner Gottes“, nachdem sie durch die Maschen der Gesellschaft gefallen ist, die von einer rigiden, militärisch organisierten Wirtschaftsorganisation regiert wird. Hier trifft sie auf Ren, die spätere Trapeztänzerin, auf die anarchische Amanda und Jimmy, der zu ihnen allen in einer ganz speziellen Beziehung steht. Großenteils aus Tobys Perspektive erzählt Margaret Atwood von einer Welt, in der die globalisierte Wirtschaft die Exekutive übernommen hat, in der die Forschung lediglich ökonomischer Kontrolle unterworfen ist.
Über die Autorin:
Margaret Atwoods Bücher gehören zur Weltliteratur und erschienen in mehr als 30 Ländern. Ihr Roman Alias Grace (BV 1996) gewann den kanadischen Giller Prize und den Premio Mondello in Italien. Für Der blinde Mörder (BV 2000, BvT 2002) erhielt sie den Booker Prize. 2005 wurde sie für den ersten Man Booker International Prize nominiert. Im Berlin Verlag erschienen zuletzt Die Penelopiade (2005), Das Zelt (2006), Moralische Unordnung und Payback (beide 2008). Margaret Atwood lebt in Toronto.
Meine Meinung:
Wie bei Margaret Atwood nicht anders zu erwarten, ist auch ihr jüngster Roman „Das Jahr der Flut“ von eindruckvoller Komplexität, steckt voller umwerfender Ideen und ist dabei noch gut lesbar. Das heißt nicht automatisch, dass es sich um leichte Kost handelt, man muss sich stellenweise konzentrieren.
Die Handlung ist nach der wasserlosen Flut ab dem Jahr 1 angesiedelt. Es springt dann meistens zwischen dem Jahr 25 und dem Jahr 10 oder 12 hin und her. Die herkömmliche, geradlinige Erzählweise ist daher natürlich aufgehoben.
Viele Menschen sind an Seuchen gestorben, die nicht so fern von Umweltkatastrophen und verheerenden Viren sind, die auch jetzt schon nicht unbekannt sind. Trotzdem gehört das Buch zur Speculative Fiction, einer Untergruppe der Science Fiction. Damit gehört Margaret Atwood unter anderen tatsächlich heutzutage auch zu den besten zeitgenössischen Science Fiction-Autorinen!
Nach diesen Katastrophen haben sich die überlebenden Menschen in verschiedene Lager aufgespalten. Zum Beispiel die Plesbanden, verrohte und gewalttätige Banden, vom CorpsScCorps notdürftig unter Kontrolle gehalten. Drakonische Strafen sind an der Tagesordnung, zum Beispiel die Painzone für Verbrecher als brutale Alternative zur Todesstrafe oder Gefängnis.
Mehr im Blickpunkt stehen aber die ökologisch geprägten „Gottesgärtner“, die in Einklang mit Gott und der Natur ganz praktisch ihr Leben verbringen. Dabei kommen durchaus auch sektenartige Verhaltensweisen zum tragen, es spricht zum Beispiel immer zu Anfang eines Kapitels Adam 1 zur Gemeinde und sie singen anschließend immer ein Lied aus dem Gesangsbuch der Gottesgärtner. Obskur!
Das dieser Blickwinkel kritisch gehalten wird, liegt an einer der Hauptfiguren, Toby, die einst bedroht bei den Gärtnern Schutz fand und zur Eva aufsteigen wird, obwohl sie bei vielen Regeln der Gärtner kritisch bleibt und nicht alles glaubt.
Ihre Kapitel wechseln sich ab mit den Kapiteln von der jungen Ren, die ebenfalls zwischen diesen Lagern lebt.
Diese beiden Frauen sind sehr gut entworfene Charaktere. Während Ren quirlig und lebhaft wirkt, ist Toby ebenso sperrig wie entschlossen. Fast denke ich, dass Margaret Atwood in dieser Kombination die Zukunft der Menschheit sieht.
Viele andere Charaktere sind leider nicht so gut entwickelt.
Die Handlung verzweigt sich, nach sehr gelungenem Anfang gibt es auch zwischendurch ein paar Längen, die man aber verschmerzen kann, da es zum Ende hin wieder sehr dramatisch wird.
„Das Jahr der Flut“ besitzt Verbindungen zu Atwoods früheren Roman Oryx und Crake, ist aber eigenständig und durchaus gelungen.