Piper Verlag, September 2009
gebundene Ausgabe, 270 Seiten
OT: Addition
aus dem Australischen Englisch von Brigitte Jakobeit
Kurzbeschreibung
Dies ist die bemerkenswerte Geschichte der Grace Lisa Vandenburg. Seit ihrem achten Lebensjahr zählt sie die Dinge in ihrem Leben, die Buchstaben ihres Namens (19) und die Borsten an ihrer Zahnbürste (1768). Seit einiger Zeit arbeitet sie nicht mehr als Lehrerin und konzentriert sich ganz auf das Zählen und die Ordnung in ihrem Alltag. Nur mit einem hat sie nicht gerechnet: mit ihrer Liebe zu Seamus Joseph O'Reilly (19 Buchstaben). Seamus bringt alles durcheinander. Denn er glaubt, Grace wäre glücklicher ohne die Zahlen. Seamus öffnet eine Tür in ihrer Seele, aber er kennt die Ursache für Grace' Angewohnheit nicht. All ihr funkelnder Humor und ihre kuriosen Listen halten ihn nicht davon ab, die tiefempfundene Not hinter diesem Geheimnis ergründen zu wollen.
Über die Autorin
Toni Jordan, geboren 1966 in Brisbane, studierte Naturwissenschaften an der Universität von Queensland. Sie arbeitete als Mikrobiologin, Lebensmittelchemikerin und Marketingmanagerin, bevor sie mit dem Schreiben begann. Toni Jordan lebt mit ihrem Mann in Melbourne.
Meine Meinung
Als Grace Vandenburg acht Jahre alt ist, beginnt sie zu zählen, die Stufen der Vordertreppe, ihre Schritte auf dem Weg zur Schule. Sie beginnt „die Dimensionen ihrer Welt zu vermessen“. Das Zählen wird Graces geheime Obsession: sie zählt Schritte, Silben, Bisse, die Bürstenstriche durch ihr Haar, die Wäschestücke für eine Maschine, die Borsten ihrer Zahnbürste.
Im Laufe der Zeit wird das Zählen für Grace zum Gerüst ihres Lebens. Dabei bestimmen die Zehner ihre Welt, 10 Dinge, die sie auf den Schreibtisch legt, 10 Weintrauben als Snack, 10 Minuten duschen.
Grace lebt allein, nur mit einem Foto von Nikola Tesla, einem Erfinder des 19. Jahrhunderts, der auch unter Zählzwang litt. Sein Herz schlug für die Drei.
Eines Tages passiert Grace im Supermarkt ein Missgeschick. Sie hat an der Kasse nur neun Bananen in ihrem Korb! Geschickt schnappt sie sich eine Banane aus dem Korb des hinter ihr stehenden Mannes. Seamus O'Reilly bemerkt dies amüsiert.
Als Grace sich eine Woche später in ihr Stamm-Café begibt, bekommt sie fast einen Panikanfall, da sie sich nicht wie gewohnt an den ersten freien Tisch, angefangen links hinten in der Ecke setzen kann. Alle Tische sind besetzt. An einem sitzt Seamus, den sie so wieder trifft. Seamus lädt Grace ein und nach einem ersten, ungewöhnlichen Date, entsteht zwischen beiden eine zarte Beziehung.
Grace möchte sich (und Seamus) beweisen, dass sie ihren gewohnten Ablauf ändern kann, wenn sie nur will. Aber schnell fühlt sie sich orientierungslos, überwältigt von der Größe der Welt.
Mit Seamus' Unterstützung beginnt Grace eine Therapie: Einzelgespräche, Gruppensitzungen, Medikamente.
Die Medikamente haben Nebenwirkungen. So entsteht in ihr das Gefühl, sie habe zwei Gehirne – eines für abstraktes Denken und Ideen, eines für ihren Körper.
Doch nicht nur diese Nebenwirkungen machen Grace zu schaffen....
Toni Jordan hat auf liebenswerte und amüsante Weise den Leser durch Grace einen Blick in das Leben eines Menschen mit einer Zwangsstörung werfen lassen. Dabei bleibt die Autorin kritisch. Grace ist es zwar Leid, alles zu zählen, jeden Abend Hähnchen mit Gemüse zu essen, aber wenn sie sich verändert, was geht dann von ihr verloren, was kann sie gewinnen?
Auch wenn man auf sehr subtile Weise, durch Seamus' liebevolle Beharrlichkeit, eine Ursache für Graces Zählzwang, ihrer Suche nach Halt und Kontrolle erfährt, macht man es sich da nicht zu leicht? Sollte man sich nicht die Mühe machen, über die Vielfältigkeit einer Persönlichkeit nachzudenken?
Obwohl das Buch zum Nachdenken anregt, erzählt Toni Jordan in lockerem, witzigen Tonfall auch einen hinreißend kuriose Liebesgeschichte, die von Toleranz und Hoffnung geprägt ist,
„Denn auch der Durchschnitt kann durchaus einzigartig sein.“
9/10 Punkten