250 Millionen Dollar soll die Herstellung gekostet haben, weitere 150 Millionen flossen ins Marketing. Gestern lief der Film in Deutschland an, nach einigen Vorpremieren am Mittwoch, die unter technischen Problemen mit dem "Digital Rights Management" der digitalen 3D-Version litten.
So auch gestern Abend im "Titania Palast" in Berlin, dessen Saal 3 gut gefüllt war (20.30). Um dreiviertel neun, nach der Werbung, ging das Licht an, und das blieb es dann auch. Irgendwann um kurz vor neun kam ein Mitarbeiter in den Saal und erklärte, man müsse den Server neu starten, gleich danach ginge es los. Und das tat es dann auch.
Mehr als ein Jahrzehnt nach "Titanic" hat James Cameron wieder mal eine extrem simple Geschichte aufwendig verfilmt - "Avatar" dauert 160 Minuten. Die Vorstellung wurde von einer Pause unterbrochen, die allerdings etwas seltsam ausfiel. Erst sah man minutenlang das eingefrorene Bild, mit dem der erste Teil geendet hatte, dann begann bei Saallicht und weiterhin laufender Pausenmusik der zweite Teil. Erst nach vier Minuten merkte man, dass etwas nicht stimmte. Die technischen Probleme mit diesem Mammutfilm, der auf Festplatten an die Kinos geliefert wird und 150 Gigabyte an Daten umfassen soll, sind offensichtlich.
Aber nicht im Film selbst. Die Story ist, wie gesagt, simpel, und erinnert - nicht ohne Absicht - an Indianerfilme und Motive aus Karl-May-Büchern. Auf einem Lichtjahre entfernten Mond namens "Pandora" schürfen die Erdmenschen ein Material, das pro Kilo 20 Millionen Dollar wert sein soll. Das ganze findet im Jahr 2145 statt. Zigaretten gibt's da übrigens noch - Sigourney Weaver als Chef-Wissenschaftlerin zieht eine Fluppe nach der anderen. Das ist aber auch die einzige inhaltliche Überraschung.
Auf Pandora leben die "Na'vi" in Einklang mit der Natur. Die 3 Meter großen, schwanztragenden und blauen Humanoiden glauben an eine Göttin namens "Eywah" (oder so ähnlich), die das gesamte Gefüge zusammenhält. Wenn die Na'vi ein Tier töten, natürlich nur, wenn es unbedingt nötig ist, entschuldigen sie sich bei dem Viech und beten ein bisschen. Alles ist sehr grün, eigentlich aber kunterbunt, und im Zentrum des kulturellen Lebens stehen zwei Bäume - ein gewaltig großer, unter dem der Stamm, um den es geht, lebt. Und ein "Lebensbaum", der Zufluchtsstätte für die verstorbenen Seelen ist.
Jake Skully war Marine, kann aber durch einen Wirbelsäulenschaden seine Beine nicht mehr bewegen. Er ist die zweite Wahl für das "Avatar"-Programm, mit dessen Hilfe Menschen in gezüchtete Na'vi-Körper schlüpfen können, denn die Atmosphäre des Mondes ist für Menschen tötlich. Eigentlich sollte Skullys Bruder, ein Wissenschaftler, diesen Avatar steuern, doch dieser Bruder starb. Aufgrund der genetischen Übereinstimmung bekommt nun der behinderte Ex-Marine den drei Meter großen blauen Körper. Er kann schnell mit der Hülle umgehen, erlangt das Vertrauen der Na'vi und wird sogar Stammesmitglied.
Was die Eingeborenen nicht wissen: Unter ihrem Baum - der mehrere hundert Meter hoch ist und aus dem Wald herausragt - befindet sich das größe Vorkommen jenes Erzes, um das es geht. Eigentlich soll Skully den Stamm dazu bewegen, den Standort zu wechseln, doch er verliebt sich in die Kultur der Na'vi - und in die schlanke Schönheit, die ihn betreut hat. Am Ende wird er die Seiten wechseln und gegen den knorrigen Colonel kämpfen, der natürlich von Anfang an am liebsten die Waffen gegen das vermeintlich rückständige Völkchen einsetzen würde. Damit verrät man nichts, denn die Story ist wirklich sehr vorhersehbar, trieft vor Klischees und Stereotypen.
Trotzdem ist der Film sehr kurzweilig, und das liegt an den Bildern. Unfassbar, was man da zu sehen bekommen. Wirklich unglaublich. Der 3D-Effekt tut das seinige - man sollte diesen Film nicht in der "Normalversion" anschauen, denn da verpasst man etwas. Der Effekt wird auch nur hin und wieder um seiner selbst Willen eingesetzt. Nein, man taucht in diese schillernde, leuchtende, rasante und beschauliche Welt, die aber keineswegs ohne Gefahren ist. Es ist ein visuelles Erlebnis ganz besonderer Art, und dieses Erlebnis täuscht sogar darüber hinweg, dass eine Geschichte erzählt wird, die man auch in zwanzig Minuten hätte erzählen können. Und die an keiner Stelle - wirklich an keiner - überrascht.
"Avatar" ist ein unvergleichliches Kinoerlebnis. Selbst der aufwendige "Der Herr der Ringe" wirkt dagegen wie ein Knetfigurenfilm.