Wohin die Krähen fliegen - Ann-Marie MacDonald

  • # Taschenbuch: 1072 Seiten
    # Verlag: Piper; Auflage: 3 (Mai 2006)
    # Sprache: Deutsch


    Über den Autor
    Ann-Marie MacDonald, geboren 1958 in Baden-Baden und aufgewachsen in Europa und Nordamerika, ist eine der bedeutenden neuen Stimmen Kanadas. Bekannt wurde sie durch ihr preisgekröntes Theaterstück »Goodnight Desdemona«, aber auch als Theater- und Filmschauspielerin (zuletzt in »I've heard the Mermaids Singing«). Für »Vernimm mein Flehen«, ihr Romandebüt, das sie über Nacht auf die kanadischen Bestsellerlisten brachte, wurde sie mit dem Preis »Commonwealth Writers Best First Book« ausgezeichnet.


    Kurzbeschreibung
    Hoch oben am Himmel ist der Mond zu sehen, eine blasse Oblate. Wir haben vor, ihn zu erreichen, bevor das Jahrzehnt zu Ende ist. Präsident Kennedy hat es fest versprochen. – Es sind die frühen 60er Jahre, die Welt ist technicolor-bunt, und die achtjährige Madeleine fährt zusammen mit ihren Eltern nach Centralia, einem abgelegenen Luftwaffenstützpunkt in Ontario. Madeleine liebt es, wie ihre Mutter Mimi dem Vater mit ihrer schlanken Hand über den Nacken fährt. Sie genießt die Geborgenheit auf der Rückbank des 1962er Ramblers und freut sich auf das neue Zuhause. All ihre Klugheit und Phantasie aber lassen sie nicht ahnen, welche Geheimnisse sie bald mit sich herumtragen wird. Mit dem schrecklichen Mord an ihrer Schulfreundin Claire nimmt die unschuldige Zeit ihrer Kindheit für immer ein Ende.


    Meine Meinung


    .. Wenn Geschichten nicht erzählt werden, laufen wir Gefahr, uns zu verirren. Die Zeit zerbirst, und obwohl wir uns Mühe geben, den Splittern zu folgen, wie einer Kieselsteinspur im Wald, kommen wir weiter und weiter vom Weg ab. Wir verlieren unsere Erinnerung. Das kann Menschen krank machen. Das kann eine Welt krank machen.


    "Wohin die Krähen fliegen" spielt Anfang der 60er Jahre und damit zu Beginn der Kennedy-Ära.
    Die Geschichte wird aus der Sicht von dem Ehepaar Mimi und Jack und ihren Kindern Mike und Madeleine erzählt. Das Leben der Familie von vielen Umzügen geprägt und zu Beginn des Buches ziehen die McCarthys gerade an einen Airforcestützpunkt nach Centralia. Dort - in einer eigentlich ruhigen und beschaulichen Wohngegend - geschieht dann der Mord an Madeleines Schulfreundin Claire, der nicht nur ihr Leben, sondern das Leben der ganzen Siedlung aus dem Gleichgewicht bringt.


    Mit fast 1000 Seiten ist der Roman sehr lang und dazu kommt, dass die ersten 100 Seiten mitunter sehr zäh sein können - ich kann aber nur sagen: durchhalten lohnt sich. Ann-Marie MacDonald bietet mit "Wohin die Krähen fliegen" eine vielschichtige und dichte Geschichte, die sowohl Elemente eines Familienepos enthält, als auch Züge einer Kriminalgeschichte.
    Die Sprache ist sehr intensiv und detailliert und vor allem die Passagen, die aus der Sicht Madeleines erzählt werden, sind mitunter sehr beklemmend.


    Wir alle müssen gelegentlich unter den Stein sehen. Wir alle haben Angst vor der Dunkelheit und fühlen uns von ihr angezogen, weil wir wissen, dass wir dort etwas zurückgelassen haben, direkt hinter uns. Hin und wieder spüren wir es, aber wir haben Angst, uns umzudrehen, weil wir etwas erblicken könnten, nach dem wir uns sehnen. Unser eigener Schatten jagt uns Angst ein.


    Interessant ist sicherlich auch die Tatsache, dass der Roman an der wahren Geschichte des Kanadiers Stephen Truscott angelegt ist, über den man besser aber erst nach dem Lesen recherchieren sollte.


    Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, auch wenn ich zugeben muss, dass mir - ohne zu viel zu verraten - die letzten 200 Seiten nicht ganz so gut gefallen haben. Aber das ist sicherlich auch Geschmackssache. Ansonsten aber ein interessanter und gut zu lesender amerikanischer Roman.


    8 Punkte. :-)

  • Es ist schon eine Weile her, dass ich es gelesen habe. Etwas zäh ab und zu war es sicher. Vor allem die Ereignisse auf dem Airforcestützpunkt werden zu ausführlich und langatmig erzählt. Man hat die ganze Zeit das Gefühl, gleich wird was passieren, aber es dauert noch eine Weile, bis etwas passiert.
    Trotzdem hat es mir gefallen.

    [SIZE=7]. [/SIZE] Lg, Ann O'Nym [SIZE=7] ........................ ..............:spinne.............. .[/SIZE]

  • Danke buzzaldrin für deine ausführliche Rezi.
    Wie gesagt auf dem SuB liegt es ja schon eine ganze Weile, vielleicht schafft es 2010 den Weg nach oben :-)

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Ich habe diese Geschichte ebenfalls vor ein paar Jahren gelesen und habe sie als beeindruckend zwar aber durchaus auch langatmig in Erinnerung. Ich meine mich zu erinnern, dass sich die Story nach ca. 1/3 des Buches sehr zieht (ich glaube auch, dass es um diesen Stützpunktabschnitt ging). Ich habe es damals zur Seite gelegt und nach einer Weile wieder angefangen, in Folge dann aber sehr gerne zu Ende gelesen.
    Ein bisschen Durchhaltevermögen ist auf jeden Fall nützlich, im Großen und Ganzen erhält man mit diesem Buch jedoch eine beeindruckende Geschichte mit viel Stoff zum Nachdenken.

  • Das hört sich sehr vielversprechend an. Herzlichen Dank für deine sehr schöne Rezi, Buzz. Mal schauen ob auf dem Weihnachtswunschzettel (sprich: Bestellschein :-)) noch Platz ist. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Da eine Miteule darauf aufmerksam gemacht hat, daß zu diesem Buch so wenige Rezensionen existieren, will ich doch noch meine Meinung zu "Wohin die Krähen fliegen" niederschreiben, basierend auf den Notizen in meinem Lesetagebuch :-] .
    Es ist mit 1062 Seiten das bisher dickste Buch, das ich je gelesen habe, und auch ich fand, daß es sich stellenweise etwas arg zog, vor allem die Stellen, in denen um die Royal Canadian Airforce, den Kalten Krieg und Spionage ging. Andererseits erhält man als Leser durch diese Passagen auch tiefen Einblick in die damalige Zeit und erwirbt ein Vorwissen darüber, wie der Kalte Krieg in den Vereinigten Staaten bzw. Kanada erlebt wurde, das man gerade als junger Leser oftmals nicht hat und das im Laufe der Handlung auch wichtig wird.
    Es gibt eine lange Zeit hindurch zwei Handlungsstränge. Zum einen ist da das Familienleben der McCarthys, ganz besonders das Erleben und die Geschehnisse der Kindheit von Madeleine, zum anderen nimmt die Arbeit des Vaters und die damit verbundenen Aufgaben im Kalten Krieg Platz ein. Nach der Ermordung von Madeleines Schulkameradin Claire vermischen sich diese beiden Handlungsstränge und bestimmen so maßgeblich das Schicksal des Nachbarjungen Rick Froehlich.
    Ab Claires Tod nimmt der Roman immer mehr Züge eines Kriminalromans an, den ich kaum mehr aus der Hand legen konnte und dem mit der Entlarvung des Täters eine echte Überraschung gelingt. Zumindest ich habe es nicht vorausgesehen.
    Die Veränderung der kleinen Madeleine durch all diese Ereignisse, die auch abrupt das Ende ihrer unschuldigen Kindheit einläuten, fand ich sehr realistisch und glaubhaft dargestellt.
    Allerdings hat mir der letzte Teil des Romans nicht mehr ganz so gut gefallen, was aber wohl damit zusammenhängt, daß ich mich mit der erwachsenen Madeleine nicht mehr wirklich indentifizieren konnte. Ich fand sie zu radikal, zu übertrieben, aber das ist sicherlich Ansichtssache.


    Fazit: Ein Roman, den ich sehr sehr gerne gelesen habe, der trotz mancher Längen ein echter Pageturner ist, was wohl auch an der wunderschön leichten bildhaften, aber nie überladenen Sprache lag.


    Seite 1005: Wenn dein Vater oder deine Mutter stirbt, verschwindet ein Planet, und der Nachthimmel wird nie wieder so aussehen wie zuvor. Es spielt keine Rolle, wie erwachsen wir sind, wenn wir sie verlieren. Und wenn beide von uns gegangen sind, ist es, als fehlte uns fortan eine Art Dach über dem Kopf - ein unsichtbarer Schutz, die erste Verteidigungslinie zwischen uns und der Sterblichkeit, verschwunden.


    9 Punkte :-]

  • Zitat

    Original von Bücherelfin


    Allerdings hat mir der letzte Teil des Romans nicht mehr ganz so gut gefallen, was aber wohl damit zusammenhängt, daß ich mich mit der erwachsenen Madeleine nicht mehr wirklich indentifizieren konnte. Ich fand sie zu radikal, zu übertrieben, aber das ist sicherlich Ansichtssache.


    Ja, dass habe ich ähnlich gesehen beim Lesen. Die letzten 200 Seiten habe ich als überflüssig empfunden - und auch als ein bisschen unrealistisch. Das Buch hat mir aber trotzdem gefallen.

  • Ich breche das Buch jetzt nach 320 Seiten ab, aber nicht, weil es etwa schlecht oder langatmig wäre, sondern wegen Mr Marchs perverser Umtriebe. Leider wurde in keiner Rezension erwähnt, daß Kindesmißbrauch in diesem Roman eine Rolle spielt, so etwas kann ich einfach nicht lesen, da überkommt mich ein heftiger Widerwille. Schade, ich fand gerade die ersten 200 Seiten, in denen die Autorin Atmosphäre aufbaut, den herrschenden Zeitgeist in den frühen 60ern heraufbeschwört und das Familienleben skizziert, überhaupt nicht langatmig, sondern sehr ansprechend, aber ab dem Auftauchen von Mr March wollte ich einfach nicht mehr.

  • Ist ja nicht weiter tragisch, besser ein Buch abbrechen als mit Widerwillen weiterlesen, das führt nur zu Verdruß. Schade ist es nur insofern, weil dieser Roman stilistisch wirklich gut ist.
    Also von mir soll sich bloß keiner vom Lesen abhalten lassen, ich komme halt nur mit diesem einen Aspekt der Geschichte nicht klar. :wave