Ueber den Autor
Klaus Mann wurde am 18.11.1906 in München als ältester Sohn Thomas und Katja Manns geboren. Er schrieb mit 15 Jahren erste Novellen. Es folgten die Gründung eines Theaterensembles mit Schwester Erika, Pamela Wedekind und Gustaf Gründgens, 1929 unternahm er eine Weltreise "rundherum". In der Emigration (mit den Stationen Amsterdam, Zürich, Prag, Paris, ab 1936 USA) wurde er zur zentralen Figur der internationalen antifaschistischen Publizistik. Er gab die Zeitschriften «Die Sammlung» (1933-35) und «Decision» (1941-42) heraus, kehrte als US-Korrespondent nach Deutschland zurück. 1949 beging er aus persönlichen und politischen Motiven Selbstmord, nachdem er in dem von Pessimismus erfüllten Essay "Die Heimsuchung des europäischen Geistes" noch einmal zur Besinnung aufgerufen hatte. Mann sagte sich früh vom Daseinsgefühl der Eltern-Generation los und stellte die Lebenskrise der «Jungen» in der stilistisch frühreifen" Kindernovelle" und in der Autobiographie des Sechsundzwanzigjährigen "Kind dieser Zeit"' dar. Seine wichtigsten Romane schrieb Mann im Exil: "Symphonia"', "Pathétique"; "Mephisto. Roman einer Karriere im Dritten Reich", und "Der Vulkan"'. In der Autobiographie Der Wendepunkt' gelangt Klaus Manns Diktion zu Reife und gelassener Sachlichkeit.
Die Herausgeber Joachim Heimannsberg, Peter Laemmle, Wilfried F. Schoelller
Eigene Meinung
Diese Tagebücher waren für mich eine recht aufschlussreiche Ergänzung zu all dem was ich bereits schon von und über Klaus Mann gelesen habe. Sie gestatteten mir einen vertieften Einblick u.a. in sein Schaffen, seinen Alltag, seine Persönlichkeit, seinen Freundeskreis, und konnten somit das Bild noch abrunden, das ich mir bisher von ihm gemacht habe.
Ich würde denjenigen, welche sich für diese Tagebücher interessieren, sich bisher aber noch wenig mit Klaus‘ Leben beschäftigt haben, empfehlen, vorerst einmal seine Autobiografie DER WENDEPUNKT zu lesen.
Denn trotz meinen Vorkenntnissen über Klaus und die ganze Mann-Familie gestaltete sich auch für mich der Einstieg in diese Tagebücher recht zäh. In den Anfangszeiten/Anfangsjahren hat er seinen Tagesablauf in recht kurzen, abgehackten Sätzen notiert, aneinander gereihte Stichwörter meist nur. Anhaltspunkte/Gedankenstützen halt, die ihn später an dieses oder jenes Ereignis erinnern sollten. Viele Namen vermerkte er nur mit den Anfangsbuchstaben, und ziemlich verwirrend sind auch die diversen Kosenamen die er für ein und dieselbe Person verwendet.
Die ergänzenden <Anmerkungen> am Ende eines jeden Bandes nehmen somit einen ziemlich umfangreichen Raum ein, dort kann man dann aber alles nachschlagen, was unklar ist.
Es findet sich auch bei jedem Band ein umfassendes Nachwort von einem der Herausgeber, und ein Personenregister.
Ab Band 2 ändert sich sein Schreibstil merklich, er beschreibt die Tagesabläufe ausführlicher, schreibt die Namen öfters aus, legt auch weniger Wert darauf, alltäglichen Kleinkram zu vermerken wie z.B. seine fleissigen Frisörbesuche oder seine Körperpflege (geduscht, gebadet, Haare gewaschen etc) Somit sind die Eintragungen um einiges flüssiger zu lesen. Diesen Stil hält er mehr oder weniger bis zum Ende bei.
Am Anfang des Jahres 1949, seinem Todesjahr, beginnt er sein Tagebuch mit dem Satz: "Ich werde diese Notizen nicht weiterführen. Ich wünsche nicht, dieses Jahr zu überleben."
Doch er schreibt noch paar Monate weiter, wenn auch nur noch sehr unregelmässig. Er beschränkt sich gerade noch auf das, was ihm halt am Wesentlichsten erscheint. Anmerkungen über literarische Tätigkeiten vor allem, über sein eigenes Schaffen und über Bücher, die er liest. Doch immer öfters vermerkt er nun, dass er nicht einmal mehr schreiben mag - das Schreiben war sein Lebenselixier - dass er sogar unfähig geworden sei zum Lesen….
Klaus schreibt eigentlich erstaunlich wenig über seine Depressionen, und wenn er das macht, dann in ein paar knappen Sätzen. Trotzdem erlebt man ganz eindrücklich die ganze Tragik/Tragweite dieser immer wiederkehrenden, schweren seelischen Nöte mit, denn je länger man sich einlässt in diese Tagebücher, desto mehr spürt man alleine schon aus dem Schreibstil heraus seine jeweiligen Verfassungen.
Es ist schon enorm spannend, mittels solcher Tagebücher einen Menschen ein Stück weit durch sein Leben begleiten zu können, vor allem dann, wenn es sich um eine derart vielschichtige und zudem auch wortgewandte Persönlichkeit handelt.
Klaus Mann war ein vielseitig interessierter Mensch, war ein sehr aufmerksamer Beobachter seiner selbst und all dessen, was um ihn herum passierte. Beeindruckend auch, wie er seine Mitmenschen recht klar einschätzen konnte, sie mit ein paar wenigen, trefflichen Worten charakterisieren konnte. So finden sich in diesen Tagebücher viele interessante, aufschlussreiche Charakterbilder über manche Berühmtheiten seiner Zeit.
Auch seine Kritiken über Bücher, Theaterstücke, Filme etc. sind sehr informativ, kurz und gehaltvoll.
Er war einer jener Wenigen, welche schon sehr früh erkannten, wohin ein Wahlsieg Hitlers führen könnte. Fast alle seine Prognosen sind eingetroffen. Und ab sofort hat er einen Grossteil seiner Energien, seines Schaffens dafür eingesetzt, sich dieser politischen Entwicklung entgegen zu stellen. Er meldete sich immer und immer wieder öffentlich zu Wort, und zwar ohne Rücksicht auf persönliche Verluste, denn seine klaren Worte haben ihn manche Freundschaften gekostet. Das zog er über all die Jahre durch. Dieser enorme Einsatz und all die Enttäuschungen darüber, dass seine Bemühungen letztlich zu wenig bis gar nichts verändern konnten, das hat wohl auch einiges beigetragen zu seiner inneren Vereinsamung. Es hat ihn viel Substanz gekostet.....Kräfte, die er eigentlich für sich selber hätte brauchen können.
Er kämpfte gegen seine Drogensucht an, immer und immer wieder, kämpfte gegen seine Depressionen, irgendwann hatte er keine Kraft mehr, seinen letzten Kampf verlor er im Mai 1949....