Hanser Verlag, September 2009
gebundene Ausgabe, 288 Seiten
OT: Portnoy's Complaint (Ersterscheinen 1967)
Neuübersetzung: Werner Schmitz
Kurzbeschreibung
Der 33-jährige Alexander Portnoy berichtet seinem Psychoanalytiker Dr. Spielvogel, wie sein Leben verlief. Er beginnt mit seiner Kindheit in einem jüdischen Viertel in Newark. Zwischen einer Übermutter, einer übergewichtigen Schwester und einem weichen, hypochondrischen Vater aufwachsend, entwickelt Portnoy bald Anzeichen eines ödipalen Komplexes. Der hervorragende Schüler und Student vollzieht äusserlich eine an den American Way of Life angepasste Entwicklung, die ihn schliesslich zum amtlich bestellten Verteidiger der Menschenrechte in New York werden lässt. Hier wird ihm bewusst, was er schon lange ahnte, dass er die Vorurteile der Juden durch die nichtjüdischen >>Gojim<< zwar äusserlich bekämpfen kann, in ihrem Inneren jedoch nicht zu zerstören vermag. So steht denn von früher Jugend an diesem äusserlich angepassten Leben Portnoys der Versuch gegenüber, sich mittels Sexualität in allen Spielarten aus dem jüdisch-amerikanischen Mittelklassedasein und den dort an ihn gestellten Erwartungen zu befreien. Zunächst entwickelt Portnoy als Teenager exzessive Selbstbefriedigungspraktiken, die ihn schliesslich zu einem ausschweifenden Sexualleben mit häufig wechselnden Partnerinnen treiben. In den Beziehungen, zunächst mit Jüdinnen, dann auch mit nichtjüdischen >>Schicksen<<, versucht Portnoy stets aufs Neue seine Überlegenheit zu beweisen und fällt doch stets seinen Minderwertigkeits- und Schuldkomplexen anheim, die sich bis zu konkreten Kastrationsängsten auswachsen. Sein letztes Verhältnis mit dem ungebildeten, aber in allen sexuellen Praktiken bewanderten Mannequin Mary Jane Reed, die er >>The Monkey<< nennt, gefährdet Portnoys berufliche und emotionale Existenz. Nach einer Nacht zu Dritt, gemeinsam mit einer Prostituierten, zu der Portnoy >>The Monkey<< in Rom überredet, verlässt er sie kurze Zeit später und flieht nach Israel, wo er das Gefühl geniesst, nicht mehr Teil einer Minderheit zu sein. Bald erkennt er jedoch, nicht zuletzt durch seine Impotenz, dass er als Amerikaner auch hier Aussenseiter ist.
Über den Autor
Philip Roth wurde 1933 in Newark, New Jersey, geboren. Für sein Werk wurde er mit allen bedeutenden amerikanischen Literaturpreisen ausgezeichnet. Im Jahre 2001 erhielt er die höchste Auszeichnung der American Academy of Arts and Letters, die Goldmedaille für Belletristik, die alle sechs Jahre für das Gesamtwerk eines Autors verliehen wird. 2006 wurde Philiph Roth mit dem Pen/Nabokov-Preis ausgezeichnet, 2007 erhielt er den Saul-Bellow-Preis des Schriftsteller-Verbands und 2009 den "Welt"-Literaturpreis.
Meine Meinung
Der 33-jährige amerikanische Jude Alexander Portnoy berichtet in einer Art Monolog seinem Psychoanalytiker Dr. Spielvogel seine Lebensgeschichte, wobei er assoziativ von einem Ereignis zum nächsten springt.
Als Sohn eines jüdischen Versicherungsvertreters und einer jüdischen „Übermutter“ ist Alexanders Leben von klein auf von Schuldgefühlen, Scham, Hemmungen und Versagensängsten geprägt. Der Vater, lebenslang an Verstopfung leidend, erscheint verweichlicht, gedemütigt, verständnislos, die Mutter allgegenwärtig, perfekt, kontrollierend, mit einem gestörten Verhältnis zu den Gojims.
Alexander, ein hochbegabter Schüler und Student, lehnt sich früh gegen die Beschränktheit seines Elternhauses auf. Er erklärt sich zum Atheisten und in der Pubertät beginnt er geradezu manisch zu onanieren – immer im Geheimen, immer mit der Angst vor Entdeckung. Später versucht er sein sexuelles Verlangen mit immer neuen Frauen zu stillen. Bis er das Mannequin Mary Jane Reed, eine blonde schikse, trifft, die seine sexuellen Bedürfnisse zu teilen scheint. Aufgrund ihrer Herkunft und ihres Auftretens muss auch diese Beziehung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.
Während einer Reise nach Rom und Athen kommt es zu einer dramatischen Trennung, die Alexander nach Israel fliehen lässt, auf „Erlösung“ hoffend. Dort in Israel muss Alexander eine herbe Niederlage hinnehmen.
Der jetzt von Werner Schmitz neu übersetzte Roman Philp Roths erschien erstmals 1967 in Amerika. Damals aufgrund des Themas und der oft schamlosen Sprache spektakulär, kann dieses Buch heute nicht mehr so entsetzen. Trotzdem ist „Portnoys Beschwerden“ zeitlos lesenswert.
Sehr überspitzt schildert Philip Roth das Leben eines Juden in Amerika des 20. Jahrhunderts, ständig auf der Suche nach der eigenen Identität, unglücklich, verkrampft und verkniffen.
Wie zerrissen Alexander zwischen Lust und Schuld, zwischen sexuellem Verlangen und seinen hohen moralischen Ansprüchen an sich selbst ist, schildert der Autor wortreich und mit hohem Tempo. Sprühend von Einfallsreichtum und schrägen Situationen, ist das Buch eine kurzweilige und witzige Lektüre.
Philip Roth schildert Alexander Portnoys Leben, als Jurist stellvertretender Kommissar der New Yorker Gleichbehandlungskommission, der nicht zu seinen sexuellen Begierden und Vorlieben stehen kann und darf in drastischer Sprache. Es ist die Lebensbeichte eines amerikanischen Juden, der sich auch mit 33 Jahren nirgends zugehörig fühlt und sich durch seine Selbstanklagen zu zerfleischen droht.
7/10 Punkten