Um es vorweg zu nehmen, dieser Amerikatrip war ein grandioser Urlaub. NY kannte ich zwar schon, aber man sieht trotzdem immer was Neues, wenn man hinkommt. Mein Mann meinte nach dem Erlebnis seiner ersten Fahrt mit einem NYer Taxifahrer, dass es kaum etwas gefährlicheres geben könnte, als sein Leben in dieser Stadt einem mörderisch die Fahrspuren im Tiefflug schneidenden Taxifahrer anzuvertrauen. Er könnte Recht haben. Vielleicht hätten wir statt des Festpreises doch eine Kilometerpauschale mit ihm vereinbaren sollen. Egal, wir haben es überstanden. Unser Hotel am Broadway war eine gute Wahl, nicht nur aufgrund der zentralen Lage. Danach sind wir ins brodelnde Leben Manhattans eingetaucht und haben uns von der Menge treiben lassen, was das konsequente Ignorieren von roten Fußgängerampeln gleich mit einbezog. Dieser erste Tag dauerte dann auch satte 30 Stunden. Die nächsten Tage vergingen wie im Flug mit Besichtigungen von Museen und Gebäuden und immer wieder gern mit dem Beobachten von Land und Leuten. Kontakte bekommt man schnell, wenn man sich traut, die Leute anzusprechen. Man wird dann meist auch sofort in ein Gespräch verwickelt, woher man stammt und wohin man möchte.
Nach 4 Tagen und dem Besuch bei meiner Freundin 70 Meilen nördlich von NYC haben wir uns mit dem Mietwagen auf den Weg Richtung Süden gemacht und nach einem Tag Aufenthalt in Philadelphia, das Dutch County rund um Lancaster auf Landstraßen durchstreift und auf dem Weg nach Washington tatsächlich viele Amishkutschen auf den Landstraßen gesehen. Washington selbst hat mich mit seinen Regierungsgebäuden weit weniger beeindruckt, als ich gedacht hatte. Alles ist sehr monumental und hat mir nicht so gut gefallen. Vielleicht lag es auch daran, dass wir vieles nur von außen ansehen konnten, da entweder die Sicherheitsvorschriften seit den Terroranschlägen verschärft wurden, oder schlicht und einfach renoviert wurde. Ich dachte schon, wir hätten ein Schild auf der Stirn, so oft ist uns das passiert. Der Soldat vor dem Weißen Haus erklärte mir, dass man für ein Besuchsticket mittlerweile 46 Wochen Vorlauf braucht. Komisch, da hatte mein Reiseführer wohl gelogen. Viel wohler haben wir uns dann abends im Stadtviertel Georgetown gefühlt, einem Viertel mit einem sehr einladenden Flair und viel Leben in den Straßen und Kneipen.
Das Autofahren in den USA finde ich höchst entspannend. Da alle die gleiche Geschwindigkeit fahren einschließlich der Trucks, geht es sehr viel ruhiger zu, als auf unseren Straßen und auch in den großen Ballungszentren hatten wir trotz rush hour rund um NY so gut wie keine Probleme mit Staus oder genervten Autofahrern. Auf den interstates oder highways stellt man den Tempomat auf die zulässige Geschwindigkeit ein und fährt völlig entspannt. Wenn man das Straßensystem einmal verstanden hat, kommt man prima klar und auch die Gefahr, sich zu verfahren, ist dann äußerst gering. In keiner der Großstädte hatten wir damit Probleme. Das ist etwas, was ich definitiv vermissen werde. Bei manchen Dingen bin ich froh, dass sie bei uns anders gehandhabt werden. Selbst in den guten Hotels ist es durchweg üblich, dass auf wieder verwendbares Geschirr komplett verzichtet wird und das hat uns schon sehr nachdenklich gemacht. Kaffee aus Styroporbechern, Pappteller und Plastikbesteck gehören selbstverständlich in den Frühstücksraum, genauso wie die raumfüllenden Abfallbehälter, die man dann natürlich auch benötigt. Der völlig sorglose Umgang mit Energie und Wasser ist uns genauso fremd gewesen und wir haben oft genug die Klimaanlagen in den Hotelzimmern erst mal aus dem Kühlschrankbereich in höhere Temperaturbereiche eingestellt oder das Ding gleich abgeschaltet.
Je weiter wir nach Süden fuhren um so besser hat uns die Landschaft gefallen und wir haben es genossen, von Washington über die outer banks ins Warme zu fahren. Ab South Carolina hat uns nicht nur der Baustil immer besser gefallen sondern auch die Freundlichkeit der Leute. Wir fühlten uns als Touristen einfach rundum wohl. Wo es uns gefiel, haben wir angehalten und sind einen Tag geblieben. Auf diese Weise haben wir Charleston mit seinen Südstaatenvillen und Savannah mit den schönen Parks in der Innenstadt bewundert. Savannahs Parks sind durch den Film Forrest Gump berühmt geworden, ihr wisst schon, die mit Forrest Gump auf der Parkbank beim Warten auf den Bus.
In Florida ging es dann weiter an der Atlantikküste runter bis Merrit Island zum Cape Canaveral. Die Nasa hat das Kennedy Space Center nach den Hurrikaneschäden im August wieder eröffnet und wir waren schwer beeindruckt. Wenn man bedenkt, dass es einen Haufen Leute gibt, die ernste Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Mondlandung amerikanischer Astronauten haben, dann haben die sich eine Menge Mühe gegeben, dieses grandiose Schauspiel zu inszenieren. Nach diesem Tag waren wir fast geneigt, ihnen die Mondlandung abzunehmen. Ich war trotz großzügigem Antimückenmitteleinsatz um unzählige Mosquitostiche und beeindruckende Bilder von Mondraketen und Space-Shuttle reicher, als wir nach 9 Stunden unser Auto auf dem Riesenparkplatz wieder gefunden hatten. Von dort gings an die Golfküste und wir haben erst mal 2 Strandtage auf Sanibel Island eingelegt. Hier haben wir leider auch die meisten Hurrikaneschäden gesehen und einiges über die letzten Wochen erfahren.
Über Sarasota (hier gibt es ein beeindruckendes Kunstmuseum) fuhren wir weiter Richtung Süden durch die Everglades auf die Keys. Key West ist ein Tummelplatz für altgediehnte Hippies und buntes Völkergemisch. Ein Ort an dem man sich enorme Mühe geben muss, wenn man auffallen will! Dort haben wir den Sonnenuntergang am Kai mit Bewohnern und Besuchern der Keys gefeiert und uns danach den Heimweg zum Motel ertastet, da wir nur unsere Sonnenbrillen dabei hatten. Es war abenteuerlich. Der letzte Tag dieser wie im Flug vergangenen drei Wochen hat uns dann nach Miami geführt. Dort hatten wir ein Zimmer in Miami Beach mit Blick auf den Atlantik und direkten Zugang zum Meer – genau das Richtige, um nicht nach Hause zu wollen. Abends haben wir uns zum Abschluss ins bunte Art Deco-Viertel fahren lassen (mit dem Bus) und am nächsten Morgen haben wir nach einem Sonnenaufgang und Kaffee auf der Hotelterrasse den letzten Tag am Strand gelegen, bevor wir uns nur widerwillig auf den Weg zum Flughafen gemacht haben.
Jetzt hat uns der normale Alltag wieder und wir sortieren langsam unsere Eindrücke, Bilder und Erinnerungen. Gar nicht so einfach, aber sehr schön. Autofahren in Deutschland ist auch etwas gewöhnungsbedürftig, nicht nur in Bezug aufs Umgewöhnen auf das Schaltgetriebe. Bilder gibt es morgen. Es sind über 800 und die liegen alle auf dem Notebook und müssen erst rüberkopiert werden. Trotz Betteln wird das erst morgen erledigt.