Vor ca. einem halben Jahr war es endlich soweit: Ich habe meinen ersten Roman fertiggestellt! Rasch nochmal alles überflogen, hie und da ein paar Tippfehler und unsaubere Formulierungen entfernt, dann wagte ich den Schritt, es in ausgedruckter Form an einen Verlag zu versenden. Es geschah das schier Unglaubliche: Bereits nach der ersten Anfrage wurde mein Manuskript angenommen!
In meiner Euphorie reiste ich einige Kilometer weit in eine Kleinstadt, in der mich mein künftiger Lektor empfangen sollte, um sich dort persönlich mit mir über mein kleines "Werk" zu unterhalten. Was ich dort zur Begrüßung bekam, war allerdings kein Präsentkorb, sondern mein Manuskript, an dem ordentlich der Rotstift angesetzt wurde.
Ich wurde stutzig. Eigentlich hatte ich alle Fehler doch bereits eigenständig ausgemerzt und selbst, wenn ich nicht so verblendet war und ernsthaft glaubte, mein Manuskript wäre einwandfrei, einfach perfekt, so hatte ich nie erwartet, dass man wirklich so viel ausbessern konnte, ja, vielleicht sogar musste.
Ich nahm in einem schicken Café Platz und ging das "neue" Manuskript eingängig durch. Rasch fielen mir einige Merkwürdigkeiten auf, die aus meiner Sicht überhaupt nicht in den Roman passten. Mein Hauptcharakter - ein junges und doch taffes Mädel aus einer "Durchschnittsfamilie" - wurde plötzlich zu einer zickigen Tussi, die eine Liaison mit einem Nebencharakter anfing, obwohl dieser doch eigentlich einen schmierigen "Handlanger" des Antagonisten darstellen sollte. Doch das Schlimmste sollte noch kommen, denn wurde das Ende des Manuskriptes komplett verworfen. Ursprünglich sollte die Protagonistin am Ende des Buches sterben, stattdessen entkommt sie dank einem unbekannten Retter knapp dem Tode und als Dank beginnt sie im letzten Kapitel eine weitere Bettgeschichte - und das, obwohl sie doch bereits mit einem anderen fest zusammen sein sollte.
Die Begründung: Man wolle sich das Ende offen halten, für einen möglichen Nachfolger.
So nicht! Schlagartig wandelte sich meine Freude in verzweifelte Wut um, grußlos verließ ich den Lektor, den Autorenvertrag unterschrieb ich natürlich nicht.
Nun, ich gebe zu: All das war gelogen. Zwar schreibe ich aktuell an einem Roman, dieser ist aber noch lange nicht fertig, an eine Veröffentlichung ist daher gar nicht zu denken. Und doch stelle ich mir immer mal wieder die Frage, wie es wohl aussehen könnte, wenn ich einmal mit meinem fertigen Manuskript an einen rennomierten Verlag trete und in deren Programm aufgenommen werde.
Nicht selten habe ich beim Stöbern auf den Seiten einiger BoD-Autoren und Eigenverlegern gelesen, dass sie diesen oftmals umstrittenen Weg eingeschlagen haben, weil sie ihr Werk ganz so, wie es nunmal ist, bewahren und sich nicht den Entscheidungen ihrer Lektoren beugen oder die Rechte an ihrer Geschichte abtreten wollten. Und auch sonst sieht man nicht selten, dass hässliche Cover und unpassende Titel einen eigentlich wunderschönen Roman zieren und das höchstwahrscheinlich nur, weil dies dem Verlag am lukrativsten erschien.
Meine Frage wäre deshalb: Wie steht ihr dazu? Welchen Weg würdet, werdet oder habt ihr vielleicht bereits ein(ge)schlagen und seht ihr das (drastisch ausgedrückte) Entfremden des eigenen Manuskripts als bezahlbaren Preis für eine Veröffentlichung an?
Liebe Grüße,
Kristallfeder