Des Teufels Maskerade - Victoria Schlederer

  • So, das ist also der Gewinner des Heyne-Schreibwettbewerbs: Schreiben Sie einen Magischen Bestseller


    Nach dem ich mich durch diesen Roman 537 Seiten gelangweilt habe, möchte ich von den anderen nichts mehr wissen. Für Magie scheint schon auszureichen einen Privatdetektiv für Okkulte Angelegenheiten zu erfinden, Aleister Crowley am Rande zu erwähnen, einen Vampir und eine Gestaltwandlerin auftreten zu lassen und das ganze in Prag und Wien der K.u.K.-Monarchie anzusiedeln.
    Wobei die Zutaten sind eigentlich nicht schlecht, nur kommt es, wie bei jedem Rezept, auf die Mischung an. Und die ist für mich einfach misslungen. Allein die Orte Prag und Wien haben für Freunde der Phantastische Literatur schon einen magische Klang und zaubern atmosphärische Bilder hervor. Leider ist hier nichts, aber auch gar nichts davon zu spüren. Die handelnden Personen erscheinen ohne jeden Charakter, allein der Otter Lysander und die Bordellbesitzerin Esther bringen durch ihre Bissigkeit etwas Leben in die Dialoge.
    Die Handlung dümpelt schwer fällig vor sich hin, Beweggründe sind kaum nachvollziehbar.
    Der Roman schwimmt auf der Biss-Welle, die das neue Genre Romantasy begründet, das wohl Pferdebücher für vorpubertierende Mädchen ablöst.
    Bevor ich zu einem weiteren Roman dieser Art greife, lese ich eher zum x-ten Male Perutz, Meyrink und sogar Ewers

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Mich persönlich hat (eigentlich positiv) überrascht, dass die Jury aus Hennen und K. Lange ein solches Werk gekürt hat, denn diese beiden Autoren schreiben ja völlig anders und haben einen sehr "einfachen" Stil - zumindest das, was ich von ihnen kenne.


    Ich kann dyke zustimmen, dass die Zutaten nicht schlecht sind und Prag und Wien eigentlich was "Magisches" an sich haben, aber in "Des Teufels Maskerade" kommt dies kaum rüber. Man erwartet etwas Bestimmtes, vielleicht so wie in den vielen London-Fanatsy-Romanen und irgendwie klappt es dann nicht so recht, weil es zu sehr Krimi ist.


    Aber ob der Roman auf der Biss-Welle schwimmt ... klar, es fällt auf, dass "zufällig" ein Roman gewonnen hat, der zum aktuellen Vampirtrend passt - aber "Biss" ist, glaube ich, eher "primitiv" geschrieben, nach dem, was ich so gelesen zu haben glaube (kenne die Bücher allerdings noch nicht). Auf der Biss-Welle schwimmt es für mich nicht wirklich mit, denn Romantik ist ja nun wirklich nicht das dominierende Feeling im Buch. Romantisch ist da kaum was. Es ist viel mehr kriminalistisch, detektivisch, adlig nüchtern. In gewisser Weile wohl das Gegenteil von Biss, allerdings innerhalb derselben Vampirtrend-Welle. Für pubertierende Mädchen ist "Des Teufels Maskerade" aber definitiv nichts, im Gegenteil, es ist eher was für sehr Anspruchsvolle, für Liebhaber von Klassikern und Hochliteratur.

  • Hallo!


    Also es mit Biss zu vergleichen, nur weil ein Vampir vorkommt, das ist schon übertrieben. Das ist wieder der gegenteilige Effekt, dass nun alles, was von weitem nach Vampir riecht, verurteilt ist. Wie Annorra sagte, "bissig" ist da nichts, es gibt keine Teenagerliebe, der Vampir ist nicht übermäßig attraktiv und verfolgt ganz andere Ziele, außerdem ist er nur eine Nebenfigur, die durchaus ihren Sinn und ihre Berechtigung in diesem Setting hat. Biss-Leser würden, glaube ich, nicht viel Freude mit dem Buch haben, dazu ist es zu wenig kitschig/romantisch und zu intellektuell.


    Das mit den Klassikern und der Hochliteratur finde ich aber auch wieder irreführend. Nur die Sprache passt dahin, sonst ist es einfach ein spannender, unkonventioneller, historischer Briefroman-Krimi mit ein paar phantastischen Elementen, der vor allem durch atmosphärische Dichte überzeugt denn durch Action- oder Liebesszenen. Das muss man mögen, aber wenn man sich drauf einlässt, ist es herrlich anders, ein Lesevergnügen für schrulligere Leser. :-]


    lg Waltraud

  • Meines Erachtens ist Des Teufels Maskerade ein wunderbares Buch, das beim Magische-Bestseller-Wettbewerb völlig zu Recht den ersten Platz erhalten hat.


    Victoria Schlederer schafft es auf meisterhafte Weise, Figuren mit charakterlichem Tiefgang in einer Epoche agieren zu lassen, die mit ihrem Ehrbegriff und ihren moralischen Vorstellungen uns als modernen Menschen einerseits sehr fremd anmuten mögen, andererseits aber im Buch umso greifbarer und überzeugender erlebbar werden, zumal wenn wir durch Briefe und Tagebuchaufzeichnungen unmittelbar ins Leben und Verhalten dieser Figuren hineinschauen dürfen.


    All dies hat mich fast mehr fasziniert als die eigentliche Handlung - die Suche nach dem Schreiber der Drohbriefe, nach den Zusammenhängen des Fluches der Familie Trubic und letztlich nach dem ominösen "Fuchs". Doch diese Suche und die Enträtselung und Abwendung des bevorstehenden Unheils bestimmen stets die Dramaturgie der Handlung, weshalb ich das Buch an keiner Stelle als langwierig oder gar langweilig empfunden habe.


    Faszinierend auch Dejan Sircos von mäßigem Erfolg gekrönte rennsportliche Ambitionen, die sowohl seinen Charakter als auch die Handlung des Buches entscheidend mitbestimmen.


    Die Geschichte wird dargeboten in einer schönen, gewählten, archaisierenden Sprache, die ich unbedingt als literarisch bezeichnen möchte und die in bezug auf Figuren, Plot und Handlungsschauplätze absolut stimmig ist - die aber, zugegeben, im Vergleich mit den meisten anderen Werken aus dem phantastischen Bereich durchaus eigen und deshalb vielleicht nicht jedermanns Sache ist. Wer unsicher ist, kann ja vor dem Kauf einfach mal reinlesen. :wave


    Ich jedenfalls möchte das Buch uneingeschränkt empfehlen! :-)

  • Dieses Buch hat genau meinen Lesegeschmack getroffen. Sicherlich hätte die Autorin das eine oder andere noch etwas besser machen können, aber für einen Debütroman war er wirklich gut.


    Mich hat die Geschichte (trotz des langsamen Spannungsaufbaus) gleich in ihren Bann gezogen. Das Setting und die Atmosphäre fand ich gut gelungen- es hat mich im positiven Sinne an die Bücher von Ju Honisch erinnert. Einen besonderen Reiz hat für mich die außergewöhnliche Liebesgeschichte gemacht- kaum zu glauben, dass ich das schreibe, aber diese hätte gerne noch einen etwas größeren Raum einnehmen können.


    Die Autorin hat eine eingehende Recherche betrieben und das merkt man dem Buch auch an. Sprachlich war er es ebenfalls ein Genuß- auch wenn ich gestehen muß, dass wohl so manche der sehr subtilen Andeutungen an mir vorbeigegangen ist. Ich bin einfach eher der direkte Typ; wahrscheinlich hätte ich zur damaligen Zeit nur die Hälfte der gegen mich vorgebrachten Beleidigungen überhaupt als solche erkannt.
    Auch wenn die Autorin das eine oder andere Versatzstück benutzt, so bringt sie dennoch viele eigene Ideen ein und spielt auch mit der Erwartung des Lesers.


    Einen Vergleich mit den Biss-Romanen oder dem Romantasy-Genre halte ich für nicht angebracht. Das ist, als würde ich Bingo mit Extremsportarten vergleichen: schon allein die Zielgruppe unterscheidet sich stark. Zudem nimmt die Liebesgeschichte (leider) nur einen kleineren Teil der Geschichte ein. Damit tut man Schlederers unkonventioneller Geschichte unrecht.


    Das Ende lässt tatsächlich die Hoffnung auf eine Fortsetzung zu- ich bin auf jeden Fall mit dabei.


    Zitat

    Original von Schlummerschaf:
    Das muss man mögen, aber wenn man sich drauf einlässt, ist es herrlich anders, ein Lesevergnügen für schrulligere Leser.


    Ich gehöre dann wohl zu den schrulligeren Lesern.



    Ach ja, zu Zimööönchens Frage (auch wenn sie schon eine Weile her ist):


    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Des Teufels Maskerade
    Victoria Schledderer
    Heyne Verlag


    Mein erster Eindruck
    Aufgrund des großen Echos für den Wettbewerb von Heyne und auch den Siegertitel, wurde ich neugierig auf das Werk. Der erste Eindruck ist, dass dank der bei Heyne üblichen großzügigen Schrift und des Zeilenabstandes, die etwa 500 Seiten des Buches ca. 350-400 Standardseiten in anderen Verlagen hergeben würden. Durch diesen Font lässt sich das Buch angenehm lesen, ohne die Augen zu ermüden.


    Das Buch
    Die ersten beiden Kapitel lesen sich recht gut und haben einen interessanten Aufbau, der sich etwas abseits des Mainstreams bewegt. Frau Schlederer hat den typisch österreichischen Charme in ihren Roman eingebaut und ich musste als eher nördlicher Bewohner Deutschlands über das Deutsch-Österreichisch Wörterbuch herzhaft lachen.
    Aber hier sehe ich auch ein Problem mit dem Buch, denn irgendwann wirkt dieser Sprachgebrauch etwas aufgesetzt. Teilweise hatte ich dadurch auch Probleme mit dem flüssigen Lesen, weil sich meine Lesezunge verknotete.
    Ein wenig übertrieben fand ich auch das Verhalten bzw. die Aktionen zwischen zwei der Hauptpersonen, das für die Handlung keine große Relevanz hat. Ich möchte hier nicht spoilern, deswegen gehe ich darauf auch nicht näher ein.


    Der Text ist Mischung aus Briefen und Tagebucheinträgen.
    Das passt zur gewählten Zeit und erinnert an einige Größen des fantastischen Romans. Heutzutage ist es allerdings ein echtes Wagnis, so zu schreiben, vor allem ein Debut.
    Dieser Punkt ist es dann auch unter anderem, der mich mit gemischten Gefühlen das Buch zuklappen ließ.
    Ich mag Tagebuch- oder Briefromane nur sehr bedingt, obwohl hier diese Mischung recht gut funktioniert.


    Es ist schwer dem Roman ein Etikett zu vergeben. Es wird einerseits die Existenz von Drachen, Vampiren und anderer übernatürlicher Wesen nicht, oder nur von sehr wenigen angezweifelt. Andererseits agieren diese Geschöpfe sehr subtil.
    In diesem Punkt ist der Roman nicht Fleisch, nicht Fisch … er ist eigenständig, was nach meinem Gefühl schon ein Pluspunkt ist.
    Die Figuren sind schön herausgearbeitet, mit Ecken und Kanten, teilweise aber auch zu übertrieben dargestellt (siehe meine Bemerkung oben).


    Mein Fazit:
    Selten hat mich ein Buch so unentschlossen zurückgelassen, wie „Des Teufels Maskerade“.
    Einerseits ist es für ein Debut ein wirklich gelungenes Buch. Andererseits soweit ab von der üblichen Kost, dass es ohne die Marketingmaschine des Wettbewerbs vielleicht untergegangen, oder sogar nie veröffentlicht worden wäre.
    Frau Schledderer hat eine eigene Erzählstimme, die immer wieder durchschimmert, was dem Buch neben dem gewählten Stil seinen Stempel aufdrückt, und es aus der Masse der „üblichen Verdächtigen“ hervorhebt.
    Diese Erzählstimme ist allerdings gewöhnungsbedürftig.
    Ebenso bin ich mir sicher, dass sie mehr aus diesem Stoff hätte machen können.


    Von mir gibt es für dieses Buch 5 Sterne