Heyne Taschenbuch 2009, 541 S.
Gewinner des Heyne-Schreibwettbewerbs „Schreiben Sie einen magischen Bestseller“
Klappentext:
Das Bureau für Okkulte Angelegenheiten ermittelt ...
Prag 1909: Seltsame Dinge geschehen in der Goldenen Stadt: Der gefürchtete Master
Buckingham ist zurückgekehrt, ein Major stirbt einen mysteriösen Tod, und Dejan Sirco, Hauptmann a.D. und derangierter Detektiv in Okkulten Angelegenheiten, erhält einen äußerst delikaten Auftrag: Er soll den Fluch einer uralten Adelsfamilie brechen. Und im Zuge der Ermittlungen stößt Dejan gemeinsam mit seinen Gefährten auf ein Geheimnis, das das Antlitz der Welt für immer verändern wird.
Über die Autorin:
Victoria Schlederer wurde 1985 in Wien geboren, wo sie nach mehreren Auslandssemestern in Rotterdam derzeit wieder ihren Wohnsitz hat. Sie studiert Politikwissenschaft und Slawistik und ist als freie Journalistin tätig. Neben dem Schreiben gilt ihre Faszination dem Reisen, Sprachen und der Vergangenheit.
Meine Meinung:
Die noch sehr junge Autorin (Jahrgang 1985) hat hier ein beachtlich reifes Werk vorgelegt, für das sicher einiges an Recherchearbeit notwendig war. Es ist kein direkter Fantasy-Roman, sondern eher im Genre der "Phantastischen Literatur" anzusiedeln.
Prag und Wien zur Zeit der K & K Monarchie 1909 bilden den Rahmen für diesen phantasievollen Roman. Es ist weniger die Spannung als die durch stimmungsvolle Szenen geschaffene besondere Atmosphäre, die mich an dem Buch interessiert hat. Auf Landschafts- und Stadtbeschreibungen hat Schlederer fast gänzlich verzichtet.
Eine originelle und recht kuriose Geschichte breitet sich vor dem Leser aus. Gelegentlich bereitete es mir etwas Mühe, die eigentliche Handlung aus der weitschweifigen, altertümlichen Erzählweise quasi herauszuschälen. Amüsant ist, mit welcher Selbstverständlichkeit die Autorin die nichtmenschlichen Wesen neben den menschlichen agieren lässt. Die Mitarbeiter des Bureaus für Okkulte Angelegenheiten behandeln die der Fantasiewelt entstiegenen Figuren wie der Otter, der Vampir oder die Gestaltwandlerin so, als wäre ihr Auftreten etwas völlig Normales. Der Roman spielt hauptsächlich in der oberen Gesellschaftsschicht, in der sich niemand darüber zu wundern scheint, dass der Baron Sirco von einem Otter begleitet wird. Ich habe ein Interview mit der Autorin gelesen, in dem sie sagt, [Zitat] „Des Teufels Maskerade sei ein bisschen eine augenzwinkernde Hommage an die frühe deutschsprachige phantastische Literatur“. Was für den einen der Kater Murr, ist für den anderen dann hier der sprechende Otter Lysander. Wobei der ja eigentlich ein englischer Earl ist, aber ich will nicht zuviel verraten.
Die Dialoge in diesem Roman sind originell, scharfsinnig und witzig. Die Figuren begegnen sich ihrer Zeit und ihrer gesellschaftlichen Schicht entsprechend bis auf wenige Ausnahmen mit ausgesuchter Höflichkeit, auch wenn sie sich am liebsten gegenseitig an die Kehle gehen würden. In welcher Beziehung die Personen zueinander stehen, wird erst im Laufe der Geschichte und durch die Hinweise in den Tagebuchaufzeichnungen und Briefen erkennbar, die die Geheimnisse, Gefühle, Intrigen und Lügen nach und nach offenbaren und einen nicht unerheblichen Teil der Story ausmachen. Der Leser muss selbst herausfinden, welcher Teufel hier in welcher Maskerade auftritt. Sehr gut gefallen hat mir die ungewöhnliche Liebesgeschichte, die sich durch das ganze Buch zieht.
Nur in wenigen Szenen wird die Handlung wirklich vorangetrieben. Es ist mehr eine Aneinanderreihung von Ereignissen, die die Figuren durch die Geschichte führt. Da das Buch in einem Zeitraum von wenigen Wochen spielt, darf man eine deutliche Weiterentwicklung der Personen nicht erwarten.
Insgesamt hätte ich mir ein wenig Straffung an einigen Stellen gewünscht, die Spannung ist auf eher mittelmäßigem Niveau, der Schreibstil, die Sorgfalt im Umgang mit den Figuren und der Humor der Autorin haben mir aber wirklich gut gefallen.
Ach ja: Am Ende hatte ich das Gefühl, dass noch genug Stoff für eine eventuelle Fortsetzung vorhanden ist.