Das Buch der anderen - Zadie Smith (Hg.)

  • Kiepenheuer & Witsch Verlag, November 2009
    gebundene Ausgabe, 290 Seiten
    OT: The Book of Other People


    Kurzbeschreibung
    "Es gibt so viele Möglichkeiten, Figuren zu erschaffen, wie es Autoren gibt. Zadie Smith.
    Das Who is who der literarischen wunderkids des 21. Jahrhunderts in der englischsprachigen Welt - 21 Autoren schreiben 21 Geschichten über 21 Charaktere. Das Buch der anderen ist genau das, ein Buch über andere. Schlagen Sie die Seiten auf, und Sie werden eine ganze Reihe neuer, spannender Bekanntschaften machen! Autorinnen und Autoren ihrer Generation folgten Zadie Smiths Bitte, zugunsten der von ihr ins Leben gerufenen Charity-Organisation 826 New York - einer Non-Profit-Organisation, die Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren zum Lesen und Schreiben ermutigen will sowie Lehrer dabei unterstützt, Talente zu entdecken - eine Shortstory zu einer Anthologie beizutragen. Die Vorgabe: eine Geschichte schreiben, in deren Mittelpunkt eine Person steht. So präsentiert Nick Hornby das äußerst wechselvolle Autorenleben des J. Johnson in fiktiven Verlagsankündigungen Über den Autor (illustriert von Posy Simmonds), Jonathan Safran Foers Großmutter Rhoda bietet Plätzchen an, um uns die Geschichte ihrer Herzuntersuchung zu versüßen, und Dave Eggers lässt uns teilhaben an der Geschichte des hoffnungslos verliebten Steinriesen Theo. Mit einer Einleitung von Zadie Smith und Geschichten der besten jungen englischsprachigen Autorinnen und Autoren diesseits und jenseits des Atlantiks ist Das Buch der anderen so schillernd und innovativ wie seine Autoren und so lebendig und vielfältig wie seine Charaktere. Die Autoren: Edwidge Danticat, Dave Eggers, Jonathan Safran Foer, Andrew Sean Greer, Aleksandar Hemon, A.M. Homes, Nick Hornby (u. Posy Simmonds), Heidi Julavitz, Miranda July, A.L. Kennedy, Hari Kunzru, Jonathan Lethem, Toby Litt, David Mitchell, Andrew O'Hagan, ZZ Packer, George Saunders, Zadie Smith, Adam Thirwell, Colm Tóibín, Vendela Vida


    Über die Herausgeberin
    Zadie Smith, 1975 geboren in Willesden, halb Jamaikanerin, halb Britin, lebt mit ihrer Mutter in Willesden Green, einer multikulturellen Gegend im Norden Londons. Mit dem Schreiben begann sie während ihres Examens am King's College in Cambridge, "als Ausgleich zu dem langweiligen Lernen". Mit ihrem Debüt avancierte sie zum Liebling der Literaturszene. 2006 erhielt sie den Orange-Literaturpreis.


    Meine Meinung
    Zadie Smith hat in diesem Buch 21 Short Stories zusammengestellt, wobei der Erlös der Organisation 826 New York zugute kommt. Das Ziel dieser Non-Profit-Organisation ist es, junge Menschen zum Schreiben zu animieren. Die Vorgabe an die Autoren, die ohne Honorar schrieben, war: Erfindet jemanden. Weiter Vorgaben gab es für die alle aus dem englischen Sprachraum kommenden Autoren nicht und so ist eine Sammlung von Short Stories mit unterschiedlichsten Charakteren und vielfältigen Szenarien entstanden.


    Manche Protagonisten lernt der Leser durch die Sichtweise anderer handelnden Personen kennen, manche nur durch ihre Innenansicht (ein besonders schöner innerer Monolog mit überraschendem Ende ist Heidi Julavits mit „Richterin Gladys Parks-Schultz“ gelungen). Andere Short Stories sind sehr handlungs- und dialogreich, wie „Soleil“ von Vendela Vida.


    Viele Figuren sind so lebendig, vielschichtig und authentisch angelegt, dass es leicht fällt, sich einzufühlen, auch wenn man die Charaktere nur wenige Seiten begleitet. Einige Short Stories, wie beispielsweise „Gideon“ von ZZ Packer, bleiben rätselhaft und lassen Spielraum für die Fantasie.
    Durch eine sehr bildhafte, fast poetische Sprache mit Rückblicken und Rückbesinnung bestechen „Frank“ von A.L. Kennedy und „Donal Webster“ von Colm Tóibín. Von beiden Figuren habe ich mich mit Bedauern verabschiedet.
    Zadie Smith gelingt mit „Hanwell sen.“ eine sehr verdichtete Geschichte. Auf knapp dreizehn Seiten erzählt sie eine Familiengeschichte, einen Vater-Sohn-Konflikt, der sich über sieben Jahrzehnte erstreckt.
    Sehr gut gefiel mir auch die tragikomische Story „Judith Castle“ von David Mitchell, in der eine selbstbewusste, bewunderte Mitfünfzigerin als traurige, einsame Person entlarvt wird.
    Nick Hornby hat mit seinem fiktiven Autor „J. Johnson“ einen satirischen Blick auf das Verlagswesen geworfen. Illustriert mit kleinen Bildern des alternden Autors liest man die sich mit der Zeit wandelnde Biographie des Autors.


    So vielfältig diese Charaktere auch sind, haben sie doch meist gemein, dass es sich um gescheiterte Existenzen handelt. In ihrem Leben hat es einen Bruch gegeben (in „Frank“ einen Film-Riss im doppelten Sinne), die Personen fühlen sich hilf- und ratlos, müssen sich neu orientieren. Die Charaktere sind tragisch, rätselhaft, einsam, außergewöhnlich, Außenseiter, dem Wahnsinn nahe oder auch einfach nur komisch.


    Die von Zadie Smith herausgegebene Anthologie zeigt, dass es so viele Möglichkeiten der Charakterdarstellung wie Autoren gibt. Es erstaunt, wie unterschiedlich die Autoren das Thema angegangen sind. Allein schon der individuelle Erzählstil macht jede Short Story zu etwas besonderem.


    Leider sollte man erwähnen, dass von den auf der Rückseite des Buches angekündigten 21 brandneuen Stories zehn bereits zuvor anderweitig veröffentlicht wurden.


    8/10 Punkten

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Danke Sigrid für die ausführliche Rezi. Das Buch liegt quasi schon im Einkaufskörbchen :wave

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire