Das München-Komplott - Wolfgang Schorlau

  • Das München KomplottVerschwörungstheorien müssen nicht immer etwas mit der Kirche oder merkwürdigen verschlüsselten Codes zutun haben, dass beweist Wolfgang Schorlau mit seinem neuen Politikthtriller "Das München Komplott", erschienen im Verlag Kiepenheuer & Witsch. In seinem fünften Fall wird dem ehemaligen BKA Mitarbeiter Georg Dengler aufgetragen, sich erneut mit dem Terroranschlag des Münchener Oktoberfestes zu befassen, der Fall vor 30-jahren regelrecht unter den Tisch gefegt wurde.


    In seinen Ermittlungen trifft Dengler auf eine Fülle von Informationen, die erst durch eine Vernetzung der Umstände einen richtigen Sinn ergeben. So scheinen die Handlungstränge für viele eventuell etwas verworren, gerade aber die Unwissenheit des Lesers steigert die Spannung bis zum Schluss.


    Besonders bemerkenswert erscheint mir die Mischung aus Fiktion und Realität. Einen vergleichbaren Roman, der so auf die politischen Geschehnisse eingeht, ist mir bislang noch nicht untergekommen. Die aktuellen politischen Ereignisse werden so gekonnt eingebracht, dass "Denglers 5 Fall" nicht nur für den politisch interessierten Leser zum absoluten Muss wird.


    "Was wäre wenn", fragt man sich oft beim Lesen des Romans. Und es läuft einem doch ein leiser Schauer über den Rücken, beim Lesen des von Schorlau beigefügten Anhangs...


    Sprachlich und inhaltlich ist dieser Roman eine Bestleistung. Ganz sicher aber nichts nur für Zwischendurch, um alle Informationen genaustens zu verarbeiten und miteinander zu verknüpfen, werde ich dieses Buch sicher nocheinmal lesen müssen. Und das mit Freude.

  • Politischer Krimi oder Verschwörungsthriller?


    Zum Inhalt:


    Der frühere Zielfahnder des Bundeskriminalamtes, Georg Dengler, arbeitet mittlerweile als Privatdetektiv, als ihm sein ehemaliger Arbeitgeber einen Auftrag anbietet: er soll sich die Akten der Untersuchung zum Anschlag auf das Münchner Oktoberfest im Jahre 1980 ansehen und diese prüfen. In der Annahme, dies sein ein einfaches Ding und leichtverdientes Geld, willigt Dengler ein, stößt jedoch rasch auf Widersprüche in den Unterlagen. Je mehr er sich mit den damaligen Ermittlungen beschäftigt, umso klarer wird, daß damals einiges manipuliert wurde und plötzlich schwebt er selbst in Gefahr...


    Meine Meinung:


    Das Buch beginnt toll, die Vermischung aus realer Vergangenheit und möglicher Gegenwart ist interessant gemacht, außerdem baut der Autor viele brandaktuelle Geschehnisse in die Handlung ein, sowohl in politischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. In der Fortdauer aber stellte sich für mich immer mehr die Frag, ob dies nun tatsächlich ein politischer Krimi ist oder nicht doch eher ein Verschwörungsthriller, so unglaublich sind die Erkenntnisse und Schlußfolgerungen, die sich nach und nach auftun. Zuerst neigte ich zur Ansicht, bei diesem Buch handle es sich vor allem um ein deutliches politisches Statement des Autors, nach dem Anhang jedoch bin ich mir nicht mehr so sicher, ob hier nicht mehr als nur ein Körnchen Wahrheit beinhaltet ist. Jedenfalls läßt sich das Buch flüssig lesen, wenngleich sich der Leser schon einigermaßen konzentrieren muß, um der teils verworrenen Geschichte zu folgen. Die Figuren sind sehr gut gezeichnet und ihre Handlungen größtenteils nachvollziehbar, auch der Schreibstil weiß zu gefallen.


    Wie ich das Buch schlußendlich bewerten soll, darüber war ich mir nicht auf Anhieb im Klaren. Zum einen ist es handwerklich gut gemacht mit der Vermischung aus Tatsachen und Fiktion, zum anderen ist für mich nicht eindeutig festzumachen, wo die Grenze zwischen den beiden exakt verläuft. Außerdem fehlt mir als Österreicher jegliches vorausgehendes Hintergrundwissen zum damaligen Anschlag und seinen politischen Folgen, sodaß ich das Buch wohl nicht in vollem Umfang zu würdigen verstehe.

  • Zitat

    Original von mankell
    Wie ich das Buch schlußendlich bewerten soll, darüber war ich mir nicht auf Anhieb im Klaren. Zum einen ist es handwerklich gut gemacht mit der Vermischung aus Tatsachen und Fiktion, zum anderen ist für mich nicht eindeutig festzumachen, wo die Grenze zwischen den beiden exakt verläuft. Außerdem fehlt mir als Österreicher jegliches vorausgehendes Hintergrundwissen zum damaligen Anschlag und seinen politischen Folgen, sodaß ich das Buch wohl nicht in vollem Umfang zu würdigen verstehe.


    Solltest Du einmal auf der webside von Wolfgang Schorlau nachlesen.


    Er ist einer der wenigen Autoren der seine Quellen, die ihn zu seinen Romane inspirieren, offenlegt


    empfiehlt dyke, der wieder flüssig ist und sich morgen den Schorlau bestellt.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Danke für den Tipp, werde ich mir mal ansehen. Ein wenig Info findet sich ja bereits im Anhang, mal sehen, was die Homepage noch so hergibt.

  • Wolfgang Schorlau – Das München – Komplott – Denglers fünfter Fall


    Klappentext: Ein alter Fall, denkt Dengler: Das Bundeskriminalamt bittet ihn, die Akten zum Attentat auf das Münchner Oktoberfest von 1980 zu prüfen. Doch dann holen ihn die Schatten des schwersten Terroranschlags in der deutschen Geschichte ein. Er findet heraus, dass die Ermittlungen seinerzeit manipuliert wurden – und dass die Mächte, die damals die Fäden zogen, immer noch äußerst gefährlich find, auch für ihn.
    In diesem bis zur letzten Seite spannenden Krimi untersucht Wolfgang Schorlau mit den Mitteln eines Kriminalautors den noch immer nicht aufgeklärten Fall des Bombenattentats auf das Oktoberfest.


    Meine Meinung: Normalerweise schreibe ich immer selbst eine Inhaltsangabe über die Bücher die ich gelesen habe, doch in diesem Fall habe ich hier einfach den Klappentext des Buches notiert. Aus welchem Grund? Gute Frage, dazu muss ich sagen, ich lese eigentlich selten Bücher, die mich in die politische Richtung tragen, mein Interesse in diesem Bereich ist einfach zu gering, was eigentlich traurig ist. Doch ich muss sagen, dass dieses Buch mich irgendwie sehr bewegt hat und auch gefesselt hat. Aus diesem Grund, habe ich mich auch entschieden, den Klappentext zu nutzen, der es definitiv und vollkommen klar auf den Punkt bringt.
    Wolfgang Schorlau erzählt einfach wahnsinnig realitätsnah und man könnte meinen, dass man gerade in einem Geschichtsbuch liest und das vergangene aufarbeitet. Am Anfang des Buches fühlte ich mich sehr unwohl, auch weil mir das Thema nicht zusagte, doch nach den ersten hundert Seiten, habe ich mich wunderbar warm gelesen und ich wollte immer mehr und mehr lesen. Die Verknüpfungen die hier hergestellt werden sind teilweise wirklich absurd und doch war, man kann es stellenweise gar nicht glauben, dass so eine Geschichte WIRKLICH wahr sein kann.


    Besonders zugesagt hat mir das Nachwort von Schorlau, hier holt er noch einmal aus, wie real das Ganze ist und wer ihn unterstützt hat. Ich war sehr überrascht.


    Ich möchte nicht zuviel verraten, ich möchte nur sagen macht euch euer eigenes Bild und geht nicht zu eingenommen an den Krimi heran.
    Er ist sehr lesenswert und es war für mich überhaupt nicht schlimm, dass ich die ersten vier Bände nicht kannte.


    Fazit:


    Für mich gibt’s hier 9 von 10 Punkten. Für Krimifans, die auch ein politisches Interesse haben eine absolut gute Empfehlung.


    Hier noch ein kleiner Satz, der hinten auf dem Buch stand, wo ich gedacht habe, das passt wie die Faust aufs Auge.


    „Wolfgang Schorlau hat einen Detektiv erfunden, der an den Säulen der Gesellschaft sägt“

  • Der Roman "Das München-Komplott" des Autors Wolfgang Schorlau beleuchtet die Hintergründe des Terroranschlags auf das Münchner Oktoberfest 1980. Dieses Attentat wird, 30 Jahre später, vom Privatdetektiv Georg Dengler im Auftrag des BKA, untersucht. Dabei entdeckt Dengler Manipulationen bei den Ermittlungen. Bei der Aufklärung sticht er in ein Wespennest, und nichts ist, wie es scheint.
    In einem weiterem Handlungsstrang wird die Geschichte der Staatssekretärin Charlotte von Schmolke erzählt, deren Großvater mit den Attentätern des 20.Juli hingerichtet wurde.
    Dieser Roman ist der fünfte Fall von Georg Dengler. Obwohl ich die vorherigen Fälle (noch) nicht gelesen habe, tat dies dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Durch kleine Abschnitte, wechselnde Personen und verschiedene Handlungsstränge bleibt der Roman von Anfang an sehr spannend und wurde von mir "in einem Rutsch" durchgelesen, da ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte. In das vergangene Attentat wurde sehr kunstvoll die fiktive Geschichte, die realen Fakten und auch die aktuelle soziale und politische Lage hineingearbeitet.
    Für mich 10 von 10 Punkten für diesen wunderschönen Roman!

  • Dank WB-aktion bin ich in den Genuss dieses hochbrisanten Kirmis gekommen.


    Einmal begonnen, lässt einen dieses Buch nicht mehr los. Die Verwicklungen von Geheimdienst, Verfassungssschutz , der NPD und Politikern, sie es auch in diesem Fall "fiktiv", hinterlässst doch ein sehr unangenehmes, unsicheres Gefühl.
    Der Autor hat ein heißes Eisen in eine spannende Handlung verpackt bei der auch Privates des Ermittlers Dengler nicht zu kurz kommt.


    Kann bibliocats 10 Punkte gleich weitergeben.

  • Wirklich erschreckend oder erschreckend wirklich …?


    ... das waren oft meine Gedanken beim Lesen des Buches. Könnte es so was wirklich in Deutschland geben? Eine faszinierende Geschichte – und immer wieder überlegt der Leser ob das die Wahrheit ist oder der Fantasie des Autors entsprang.


    Der Privatermittler Dengler soll noch einmal das Attentat auf das Münchner Oktoberfest vor fast 30 Jahren prüfen. Dank seiner alten Kontakte zum BKA scheint der Auftrag ziemlich einfach zu sein, auch wenn ihm der Grund nicht klar ist. Doch es kommt anders, Dengler sticht in ein gefährliches Wespennest – und diese Wespen wehren sich.


    Die kurzen Kapitel sind gut für alle die nicht immer lange über einem Buch bleiben können weil die Pflicht wieder mal ruft. Sehr gut gefiel mir die Widmung vorn drin, sie sagt schon einiges über Dengler aus und stößt auch gleichzeitig zum Nachdenken an. Der Stern auf dem Cover ließ mich ja erst mal in Richtung RAF denken, aber alle Bücher dieser Reihe haben den Stern auf dem Cover – vielleicht ist es ein Symbol für einen Politkrimi – gut gewählt auf jeden Fall.
    Ziemlich alle aktuellen politischen Ereignisse greift Schorlau im Buch auf und das gibt dem Leser das Gefühl dabei zu sein, da sofort die Zusammenhänge bekannt sind.
    Im ersten Teil werden die meisten Charaktere vorgestellt, aber irgendwie kommt die Handlung nicht richtig in Fahrt. Ab dem zweiten Teil ändert sich das schlagartig. Immer mehr Ungereimtheiten treten auf.
    Das Buch ist eines der besonderen Art. Es beschäftigt mich auch noch Tage nachdem ich es ausgelesen habe und wird dies auch noch weiter tun. Das Thema fesselt mich, ich kann nicht glauben dass dies unsere Realität sein soll, nicht in dem Ausmaß. Trotz des Nachwortes kann ich gefühlsmäßig nicht sagen das das alles so ist, ich werde sicher noch etwas *nachgooglen* und das Buch von Heymann dazu lesen.


    Für mich ist „Das München-Komplott“ ein geniales Buch mit dem sich Schorlau auf ziemlich dünnes Eis begibt allen Respekt davor!

  • Was genau geschah am 26. September 1980 am Münchener Oktoberfest? War der Attentäter wirklich ein Einzelgänger? Was waren die Hintergründe des schrecklichen Attentates? Diesen Fragen geht Privatermittler Georg Dengler im Auftrag des BKA nach. Und aus dem harmlosen Aktenstudium über einen alten Fall gerät er schnell in die Verstrickungen aktueller Politik.


    Das Buch beruht auf wahren Tatsachen und genau das hebt es aus der Masse der „normalen“ Krimiliteratur heraus. Es ist nicht nur ein Unterhaltungskrimi, sondern auch ein Stück erzählter deutscher Geschichte und politischer Realität. In zwei parallel laufenden Strängen geht es nicht nur um die Recherchen Georg Denglers, sondern auch um die parlamentarische Innenstaatssekretärin Charlotte von Schmoltke. Laufen die beiden Fäden zunächst ohne Verbindung nebeneinander her, verknüpfen sie sich nach und nach und ergeben letztlich für den Leser ein abgerundetes Gesamtbild.


    In kurzen Abschnitten, oft in kurzen Momentaufnahmen, beschränkt sich Schorlau auf das Wesentliche seiner Geschichte. Der Schreibstil ist ebenso klar, kurz und knapp – und passt sich damit wunderbar an. Dengler und Schmoltke sind weder Superhelden noch abgestürzte Süchtige und tragen mit ihrer Alltäglichkeit viel zur Realität der Geschichte bei. Das Buch ist kein typischer Unterhaltungskrimi, zwar liest es sich sehr angenehm und zunehmend spannend, doch fordert es viel zu sehr zum Mit- und Nachdenken auf. Das Schicksal der Opfer, die es ja tatsächlich gibt, ist mir bei weitem näher gegangen als bei rein erfundenen Geschichten. Gegen Ende des Buches fand ich die zahlreichen Namen und Abteilungen zu unübersichtlich, irgendwann wusste ich nicht mehr, wer was warum getan hatte.


    Es gibt nur wenige Bücher, die in mir den Wunsch wecken, viel mehr über die Hintergründe zu erfahren. „Das München-Komplott“ war so ein seltenes Buch und ich war wirklich erstaunt (und erschrocken) über mich selbst, wie wenig ich doch von diesem schrecklichen Attentat in meinem Bundesland wusste. Sehr hilfreich bei meiner Recherche waren das Nachwort Schorlaus, in dem er Realität und Fiktion trennt (dafür bin ich ihm sehr dankbar) und seine ausführliche Homepage.


    Es ist ein sehr politisches Buch, dabei aber doch unterhaltsam und auf einem allgemeinverständlichen Niveau. Mir hat es viel Stoff zum Nachdenken gegeben und viele Dinge werde ich in Zukunft sicher kritischer sehen, auch wenn es kein Tatsachenbericht, sondern immer noch Fiktion ist.


    Fazit: Kein Unterhaltungskrimi, sondern einer, der gekonnt Fiktion und Realität vermischt und auf alle Fälle zum Nachdenken und Nachrecherchieren einlädt. Absolut empfehlenswert!

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Das München-Komplott ist zwar Privatermittler Denglers fünfter Fall, lässt sich aber auch sehr gut als Einstieg lesen. Vorkenntnisse aus den anderen vier Büchern benötigt man nicht. Der Schreibstil ähnelt einem Polizeibericht. Schnörkellos zeichnet der Autor den Hergang des Attentats auf und wie sein Ermittler sämtliche Mosaikstücke zu einem Gesamtbild zusammensetzt. Kurze Abschnitte ermöglichen einen schnellen Szenenwechsel. Das hält die Spannung hoch und weckt die Neugier, wer nun der Drahtzieher hinter dem ganzen ist. Die Haupt- und Nebencharaktere bekommen eine Seele. Gebotene Ecken und Kanten erschweren die Vorhersehbarkeit. Schorlau spinnt eine fiktive Geschichte mit fiktiven Berichten, die sehr nah an der Wahrheit angelehnt sind. Das Buch lässt sich in einem Rutsch lesen und ist ein Genuss für jeden politisch interessierten Krimifan.

  • Die Krimis von Wolfgang Schorlau sind politisch aktuell - und verstörend. Gut recherchiert werfen sie Fragen auf, über die man besser nicht nachdenken möchte und die beim Lesen des Buches eine Gänsehaut verursachen. Immer wieder fragt man sich "was wäre wenn?" Was wäre, wenn der Autor mit seinen Theorien recht hat? Was wäre, wenn sich unsere Politiker tatsächlich so und nicht anders verhalten?


    Mit dem Attentat auf das Oktoberfest aus dem Jahre 1980 greift der Autor einen Vorfall auf, der aus dem Bewußtsein der Öffentlichkeit nahezu verschwunden ist. NPD-Verbot und Verfassungsschutz - spielte das wirklich eine Rolle bei diesem Attentat, dessen Hintergründe bis heute weitgehend ungeklärt sind? Und gibt es diese "Dienstanweisung" des amerikanischen Militärs wirklich und war das vielleicht ein Auslöser?
    Es geht um die damaligen Vorgänge genauso wie um das aktuelle politische Geschehen: Bankenkrise, Schweinegrippe und Bundestagswahl 2009. Es fragt sich allerdings, wo die Fakten aufhören und die schriftstellerische Freiheit beginnt; diese Grenze ist nicht ersichtlich, so es sie denn überhaupt gibt. Das Privatleben Denglers nimmt erfreulich wenig Platz ein - es ist da, aber Dengler ist im Privatleben kein Problemfall wie zum Beispiel Mankells Wallander. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem Fall und den politischen Verstrickungen, die kurzen Kapitel hinterlassen beim Leser einen angenehm präzisen Eindruck.
    Interessant sind auch das Nachwort und die zusätzlichen Informationen auf der Website des Autors.


    "Das München-Komplott" ist wieder einmal ein überaus gelungener politischer Roman des Autoren mit einem überzeugenden Hauptcharakter, der zugleich das Interesse am damaligen Geschehen weckt. Ein Buch, bei dem man sich auch nach dem Lesen noch fragt: "Was wäre, wenn?"

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Was ist damals vor dreißig Jahren wirklich passiert? War es wirklich nur ein Einzeltäter, wie das BKA immer behauptet hat? Oder wurde damals absichtlich bei den Ermittlungen geschlampt? Georg Dengler bekommt in seinem fünften Fall den Auftrag, die Hintergründe des größten Bombenattentates in Deutschland neu aufzurollen und zu klären, ob es wirklich nur ein Einzeltäter war. Schnell erkennt er durch wiederkehrende Zeugenaussagen, die alle den Attentäter mit anderen Personen im Gespräch gesehen haben, dass damals nicht mit der gebotenen Sorgfalt ermittelt wurde. Aber fast alle Zeugen, die dies bemerkt haben, sind mittlerweile tot, teilweise unter mysteriösen Umständen gestorben oder durch ungeklärte Unfälle. Dengler nimmt die Ermittlungen auf und gerät immer tiefer in einen Sumpf aus Korruption und Geheimnissen, die besser nie ans Tageslicht kommen sollten. Aber haben wir das nicht schon immer gewusst?


    Nicht nur Georg Dengler sondern auch Wolfgang Schorlau befasst sich mit den Hintergründen. Beweismaterial wird wieder intensiv geprüft und durch neue Verfahrenstechniken ergeben sich teilweise völlig neue Tatbestände. DNA war vor dreißig Jahren noch nahezu unbekannt, aber bevor der einzelne nicht zugeordnete Finger überprüft werden kann, wird das Beweismaterial komplett vernichtet. Angeblich ist der Fall kalt und nach dreißig Jahren ist es die übliche Vorgehensweise. Aber wer hatte da wohl wirklich die Finger im Spiel?


    Drei verschiedene Erzählstränge laufen parallel nebeneinander her. Zum einen sind da die Ermittlungen, die Dengler mit seinen drei Freunden betreibt. Dann lernen wir die Staatssekretärin Charlotte von Schmoltke kennen, die über ihr Dasein als Staatssekretärin resümiert und feststellt, dass sie ihrem Ziel, die NPD zu verbieten, noch kein bisschen näher gerückt ist. Wir erfahren endlich auch einmal, was Staatssekretäre eigentlich für ein Aufgabengebiet haben. Und dann gibt es noch die kleinen, kurzen Kapitel, die erst scheinbar nichts mit der Geschichte zu tun haben, die von hochrangigen ehemaligen NATO Generälen handeln, die scheinbar zufällig alle gezielt ermordet werden. Natürlich lässt sich kein Täter und auch kein Motiv ermitteln, aber sind es wirklich nur sinnlose Zufälle?


    Geschickt verwebt Schorlau hier Realität und Fiktion, wobei einem schon sehr eindringlich vor Augen geführt wird, was die Realität ist. Dengler und seine Freunde dienen als Mittelmänner für einen tatsächlichen Fall, sie sind das Mittel, damit das Ganze nicht zu einem Sachbuch abdriftet und durch die abwechslungsreichen, kurzen Kapitel zu einem spannenden Politthriller wird. Ihre privaten Probleme geben diesem Buch noch die besondere Würze, dadurch fiebert man nicht nur der Lösung des Falles entgegen.


    Die Realität ist dafür aber umso erschreckender, das Field Manual 30-31, welches praktisch die Erlaubnis zu Terroranschlägen erteilt, wird im Anhang des Buches tatsächlich abgedruckt. Fiktion oder Realität, haben sich die NATO Generäle das wirklich ausgedacht? Oder war der Bombenanschlag eine Woche vor der Bundestagswahl nur ein geschickter politischer Schachzug – so bitter er auch geendet hat? Da die meisten Zeugen mittlerweile gestorben sind und die Beweise vernichtet, werden wir das wohl nie mehr erfahren. Schorlau wirft auch gekonnt Brocken von aktuellen politisch hochbrisanten Themen immer wieder in die Geschichte ein, diese Aktualität ist kaum zu überbieten. Dafür bringt er ein verdrängtes Stück deutsche Geschichte wieder ins Gedächtnis, denn wer kann sich noch großartig an das Attentat erinnern. Weil es immer noch totgeschwiegen wird?


    Berührend ist das Treffen mit den noch lebenden Opfern des Attentats, hier wird einem richtig deutlich, dass nicht die Toten die eigentlichen Opfer sind, sondern diejenigen, die mit ihren inneren und äußeren Verletzungen weiterleben müssen.


    Das Ende ist allerdings wieder haarsträubend, das erwartet man eher in einem Hollywood Streifen. Darüber kann man zwar mit einem Augenzwinkern hinwegsehen, denn die ganzen angesprochenen Themen machen es wieder wett. Politik ist ein Minenfeld, jeder belauscht jeden, jeder erpresst jeden und eigentlich handelt keiner zum Wohle der Menschheit, sondern nur für sich selber und vielleicht noch seine Partei. Alle losen Fäden werden zum Schluß verknüpft, trotzdem bleiben noch eine Menge Fragen über, aber das ist bei dem realen Attentat ja auch genauso.


    Genauso interessant wie der Krimi ist auch der Anhang des Buches. Hier geht Schorlau explizit auf das Attentat, das Field –Manual und die tatsächlichen Ermittlungen ein, erläutert die Tatsachen. Es lohnt sich diesmal wirklich, über den Tellerrand hinaus zu lesen.


    LG
    Patty

  • „Das München-Komplott“ von Wolfgang Schorlau ist der 5. Krimi einer Reihe. Die vier Vorgänger kenne ich nicht, aber das spielt für das Verständnis auch keine Rolle.


    Zum Inhalt: Am 29.09.1980 wurde auf das Münchner Oktoberfest ein verheerender Bombenanschlag ausgeübt. Dabei handelte es sich um das größte Attentat in der Geschichte der BRD: 13 Tote und 200 Verletzte, einige zum Teil sehr schwer. Damals wurde ein alleiniger Attentäter ausgemacht, der bei dem Anschlag selbst umgekommen sein soll. Doch an dieser Theorie hat das BKA Zweifel. Um dem Ganzen auf den Grund zu gehen, soll der Fall wieder aufgerollt werden. Dabei bittet der Präsident des BKA Georg Dengler um Hilfe. Nach kurzer Bedenkzeit sagt er zu und findet sich schon bald danach inmitten politischer Machtspiele und Intrigen wieder, die für ihn und die Menschen um ihn des öfteren gefährlich werden.


    Der Prolog hat mir sehr gut gefallen. Der Privatermittler Georg Dengler besucht an einem schönen, sonnigen Tag die Theresienwiese in München. Ein paar Passanten ziehen ihre Runden. Ansonsten ist alles ruhig. Dengler hat sich in der vergangenen Nacht intensiv mit der Akte und den Berichten, Zeitungsartikeln und Vernehmungsprotokollen beschäftigt, so dass er sich die grausigen Zeugenaussagen während des Spazierganges in Erinnerung ruft. Diese sind in kursiver Schrift eingeschoben und ermöglichen dem Leser, sich einen Überblick von den damaligen Geschehnissen zu machen.


    Wolfgang Schorlau versteht es, mit einer kurzen Sätzen und einer einfach strukturierten Sprache Spannung aufzubauen. Das ganze Buch ist in, mit Überschriften versehene, Kapitel aufgeteilt. Die kürzesten Kapitel sind dabei gerade mal ein paar Zeilen und die längsten sieben Seiten lang. Diese Untergliederung macht das Lesen sehr angenehm, da sehr häufig die Schauplätze wechseln und unterschiedliche Personen im Fokus stehen. Auch die – wenigen – Zeitsprünge können so, ohne den Leser zu irritieren, dargestellt werden. Die verschiedenen Hauptcharaktere werden gut in die Geschichte eingebracht, so dass man sich ein Bild von der jeweiligen Person machen kann und weiß, wofür sie kämpft und auf welcher Seite sie steht. Besonders gelungen finde ich die kritische Auseinandersetzung mit (aktuellen) politischen Geschehnissen. Auf S. 23 beschreibt Schorlau, aus welchen Gründen Dengler damals seinen Dienst beim BKA quittiert hat. Dies beschreibt sehr schön die Haltung des Autors in Bezug auf die Willkür des Staates.


    Mir hat das Buch gut gefallen und ich werde mir mit Sicherheit so nach und nach auch Denglers vorangegangene vier Fälle zulegen.

  • Georg Dengler, früher beim BKA angestellt, heute als Privatermittler tätig, soll den Fall des Attentats auf das Oktoberfest noch einmal aufrollen, obwohl das schon fast 30 Jahre zurückliegt. Er geht die Akten durch, und die Bilder, die sie heraufbeschwören, verfolgen ihn: abgerissene Arme, Beine und Köpfe, schreiende Menschen überall. Schnell begreift er, dass bei den Ermittlungen damals einiges vertuscht wurde. Wichtige Zeugen starben zufällig an Herzversagen, Beweismittel werden offiziell in dem Moment vernichtet, wo Dengler sie haben will. Je mehr er in dem Fall voran kommt, desto größer ist die Gefahr, in der er schwebt. Denn sein Gegner ist mächtig.


    In einem zweiten Handlungsstrang lernen wir die Staatssekretärin Charlotte von Schmoltke kennen, die sich immer mehr wie eine Marionette fühlt. Sie möchte ein Verbot der NPD erreichen, kann sich aber nicht durchsetzen, da der Verfassungsschutz hier auch noch mitmischt.


    Schorlau spart nicht mit Kritik an den Politikern. Sein Roman hat ganz aktuelle Bezüge wie Finanzkrise und Schweinegrippe oder der Fall eines Mannheimer Müllmanns und ist schon allein deshalb recht interessant. Vom Stil her ist er sehr leicht zu lesen. Obwohl die Sprache für mich etwas distanziert klingt, kann man sich gut in die Protagonisten einfühlen. Die Kapitel sind sehr kurz. Häufige Szenenwechsel lassen die Geschichte kurzweilig wirken.


    Wolfgang Schorlau hat in diesem Polit-Krimi auf geniale Art Realität und Fiktion miteinander verwoben. Doch auch bei den erfundenen Teilen kann man sich nicht wirklich sicher sein, ob es nicht so oder so ähnlich passiert ist oder einmal passieren könnte. Ich kann es mir jedenfalls vorstellen, und das macht mir Angst.


    Dies war mein erstes Buch von Wolfgang Schorlau, aber bestimmt nicht mein letztes. Der Roman ist in sich abgeschlossen, man muss also die Vorgängerbücher nicht gelesen haben.