Truman Capote. Eine Biografie - Gerald Clarke

  • Kurzbeschreibung
    Man könnte behaupten, es sei ein Leichtes, über eine so schillernde Figur wie Truman Capote eine spannende Biographie zu verfassen. Ist es nicht. Obwohl oder gerade weil Capote ein so bewegtes Leben geführt hat. Der Ruhm nach Kaltblütig war unendlich - Capote gehörte nicht nur zum New Yorker Jetset, er war Jetset. Aber seine Abstürze waren ebenso maßlos: In den letzten Jahren vor seinem Tod versank er mehr und mehr in Depressionen, in Sucht und Larmoyanz. Zerrissen fühlte er sich schon als kleiner Junge. Seine Mutter war schön, glamourös - und eine unberechenbare Alkoholikerin, sein zur Hochstapelei neigender Vater in Trumans Kindheit kaum präsent. Und trotzdem muss er bereits von seinen Spielkameraden in Alabama als etwas sehr Einzigartiges wie Eigenartiges wahrgenommen worden sein, als einer, der zu verführen weiß, aber auch zu manipulieren.


    Gerald Clarke versteht sich auf die Kunst, die Stationen Capotes nicht einfach nur abzumalen, sondern wirklich zu erzählen. Ihm gelingt das kleine Wunder, dass sich seine Biographie so aufregend liest wie ein Roman.



    Der Autor

    Gerald Clarke, geboren 1938 in San Francisco, studierte Literaturwissenschaften und Sprachen. Als Journalist portraitierte er u. a. für das Time Magazine, für den Rolling Stone und Esquire Berühmtheiten wie Marlene Dietrich, Laurence Olivier, Alfred Hitchcock, Wim Wenders, Allen Ginsberg oder Vladimir Nabokov. 2004 veröffentlichte er Truman Capotes gesammelte Briefe. Gerald Clarke lebt auf Long Island.



    Eigene Meinung
    Dem Gerald Clarke gelingt mit dieser biografischen Arbeit eine ganz überzeugende Annäherung an Truman Capote, und zwar gelingt ihm das, weil er sich mit unermüdlichem Eifer auf die Suche nach Informationen macht. Somit sammelt sich im Laufe der Zeit eine breite Palette von reichhaltigem Material an. Vieles was sich ansammelt ist aber auch sehr widersprüchlich, denn Truman Capote war ein Mensch der polarisierte, der die Geister seiner Weggefährten und Zeitgenossen auf ganz markante Weise beanspruchte und durcheinander wirbelte.
    Mit viel psychologischem Geschick/Gespür, machmal gar mit akribischer Verbissenheit, so erschien es mir, versucht Clarke, alle diese Informationen zu ordnen, um den "Realitäten" so nahe wie möglich zu kommen.


    Der Autor hat viele Jahre an dieser Biografie gearbeitet, und er genoss offensichtlich auch das Vertrauen Capotes. Denn Capote bat ihn darum, in dieser seiner Biografie "nichts aber auch wirklich nichts zu verschweigen.“ Capote hat diese Biografie auch autorisiert, zumindest denjenigen Teil, den er noch nachlesen konnte, das Schlusskapitel war ihm - logischerweise ;-) - verwehrt.


    Diese Lebensgeschichte nimmt rund 700 Seiten ein, trotzdem ist sie nahezu durchgehend hochinteressant, es findet sich kaum eine langatmige Stelle. Hocherfreulich zudem der ganz hervorragende Schreibstil. Verblüffend auch der "dramaturgische" Aufbau….denn nur so nach und nach kristallisiert sich diese eigenartig-zwiespältige Persönlichkeit Capotes heraus, wird somit für den Leser auf eine sehr gute, unaufdringliche Weise erfassbar, ohne dass man - wie das leider in manchen Biografien passiert – das Gefühl bekommt: da wird mir doch vom Autoren ein bereits zu einem undefinierbaren Mus vorgekauter Capote präsentiert. Nein, so ist es in dieser Biografie nicht! Die Persönlichkeit Capotes wird in keinster Weise gewertet, sondern respektiert und somit bewahrt....


    Gerald Clarke wird diesem seinem Vorhaben, eine möglichst sachliche, ausgewogene, aber dennoch faszinierende Biografie zustande zu bringen, in hohem Masse gerecht.


    Jaja, schon ein ziemlich sonderbarer, aber eben auch spannender Mensch, dieser Truman Capote: er polarisierte nicht nur seine Leserschaft, die gesamte literarische Welt, er polarisierte auch im privaten Umgang.
    Er war sein ganzes Leben lang auf der Suche nach Aufmerksamkeit, Anerkennung und Zuneigung. Die frühen Erfolge katapultierten den jungen, ziemlich unbeholfenen Mann mitten hinein in die Partys der Reichen und Schönen. Er konnte sehr spannend palavern, machte sich zur Unterhaltung dieser Gesellschaft zum unermüdlichen Clown, lieferte einen Skandal nach dem anderen ab.
    Doch er war zu scharfsinnig analysierend, zu feinfühlig auch, um nicht mit der Zeit zu erkennen, in was für einem sehr oberflächlichen Zirkus er sich bewegte. Doch trotz dieser Erkenntnis halt einfach die Kraft nicht aufbrachte, auszusteigen. Er erfasste in seinem tiefsten Innern ganz genau, wer ihn um seiner Selbst willen gerne mochte…. und das waren eigentlich recht wenige. Und diese Erkenntnis liess ihn immer zynischer, bissiger und nicht selten sehr ungerecht werden.


    Was mich persönlich am meisten an Capote beeindruckt hat, das sind seine ganz aussergewöhnlichen Leistungen, die er für das Zustande kommen seines Werkes KALTBLÜTIG erbracht hat. Was für ein hohes Mass an kräfteraubendem Engagement er auch vom menschlichen, nicht nur vom beruflichen Standpunkt her betrachtet, dafür eingesetzt hat. Er beschränkte sich nicht nur auf seine Recherche-Arbeiten zu einem Mordfall, dessen Hintergründe er erforschen wollte… nein, er liess einen immer enger werdenen persönlichen Kontakt zu den beiden Tätern zu. Er fühlte sich auf eine gewisse Weise für diese beiden Täter auch verantwortlich, er wollte sie nicht einfach nur als „Stoff“ für sein Buch benützen.
    Das Todesurteil wurde für die Täter ausgesprochen, die Hinrichtung aber zog und zog sich in die Länge….und somit auch Capotes langes Warten darauf, seine Arbeit endlich abschliessen zu können.


    Jene Erfahrungen sind ihm sehr nahe gegangen, haben ihn sehr viel Substanz gekostet, sie haben ihn für den Rest seines Lebens geprägt. Von jenem Zeitpunkt an war er nicht mehr derselbe. Er wurde sehr nachdenklich, zog sich mehr und mehr zurück, wurde immer depressiver, trank immer mehr, nahm immer mehr Drogen.….vereinsamte!


    Ein wirklich empfehlenswerter Einblick in ein Leben, das vordergründig so schillernd, so leichtfüssig, so locker, so spassig schien, zumindest über weite Strecken....und dann das Erkennen, dass sich dahinter, wie so oft, eine menschliche Tragödie abspielte.

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

    Dieser Beitrag wurde bereits 4 Mal editiert, zuletzt von Joan ()

  • Gern geschehen, Keinkomma....Zufälle gibts! Du guckst eine DVD über Capote und ich schreibe währenddessen eine Rezi über seine Biografie. :-]


    Ja, ich fand auch, dass mir diese Rezi nicht schlecht gelungen ist, mal abgesehen von den Schreibfehlern und den falsch gesetzten Komma-Stellen. :rolleyes :grin

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  • Zitat

    Original von Michi M.
    Ich habe es heute mit den Biographien :grin).


    Ob Dich wohl auch der Biografien-Virus erwischt hat, Michi? Wenn der auf fruchtbaren Boden fällt, dann ist man verloren, glaub mir, ich rede aus Erfahrung. :grin


    Ich habe mal bei buchpreis24.de nachgeguckt, wo dieses Buch am günstigsten angeboten wird.
    Das Günstigste wird bei booklooker für EUR. 10.-- angeboten. Wobei aber vermerkt ist: DEUTLICHE GEBRAUCHSSPUREN. Und wenn das so geschrieben steht, dann sind sie in den allermeisten Fällen auch wirklich deutlich. D.h. besser zuwarten, bis sich was anderes anbietet. :wave

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