Vorwort:
Wenn ich nach dem Titel gehe, sollte ich das Buch „Der Gesang der Mönche“ unter den Ratgebern, Abteilung Musik, einordnen. Allerdings beschreibt es nicht nur den Gregorianischen Choral, sondern beschäftigt sich mit dem Leben als Zisterzienser und dem Glauben, daher habe ich mir die Freiheit genommen, es in der Abteilung Religion unterzubringen.
Klappentext:
Seit beinahe 900 Jahren singen die Zisterziensermönche in Stift Heiligenkreuz ihre Gebete, jeden Tag. Doch wie ist es zu erklären, dass eine Aufnahme ihres Chorals in unserer heutigen Zeit zu einem internationalen Bestseller wird? Obwohl der Text auf Latein ist und der Gesang ohne jegliche modernisierende Bearbeitung auskommt?
„Wir Mönche sind eine Provokation des Zeitgeistes, aber keine aggressive, sondern eine liebenswürdige, und vor allem eine authentische.“
In dem Satz von Pater Karl Wallner steckt eine mögliche Antwort auf diese Fragen. Die Lebensweise der Mönche ist ein radikaler Gegenentwurf zu unserer modernen Gesellschaft. Dennoch oder gerade deswegen üben der klar strukturierte Tagesablauf und die Zielgerichtetheit hin auf Gott eine ungemeine Anziehungskraft aus.
Dieses Buch gibt einen faszinierenden Einblick in die Welt der Zisterziensermönche aus Stift Heiligenkreuz. Es beschreibt den einzigartigen Rhythmus des Klosterlebens und bietet wichtige Informationen zu den Zisterziensern sowie der Geschichte des Gregorianischen Chorals. Bereichert mit diesem Wissen wird man die Musik nach dieser Lektüre mit anderen Ohren hören.
Der Autor (dem Klappentext entnommen):
Pater Karl Wallner ist Zisterzienser und Rektor der Päpstlichen Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz. Er unterrichtet dort als Professor für Dogmatik und Sakramententheologie. Zudem ist er als Jugendseelsorger des Stiftes tätig. Seit 1999 bekleidet er das Amt des Verantwortlichen für die Öffentlichkeitsarbeit. In dieser Position war er maßgeblich an der Entstehung und Umsetzung des CD-Projekts „Chant – Musik für Paradise“ beteiligt und erlebte als Gast bei zahlreichen Talkshows das enorme Medieninteresse an vorderster Front mit. Es liegt ihm am Herzen, stets die Bedeutung des Gregorianischen Chorals als gesungenes Gebet hervorzuheben.
Meine Meinung:
Um mit dem letzten Satz des Klappentextes zu beginnen: Die CD, die letztlich Auslöser für dieses Buch war, kenne ich (noch) nicht. Trotzdem habe ich zu diesem Buch gegriffen, da ich mir einiges zusätzliches Wissen über die Zisterzienser erhoffte.
Pater Karl Wallner kann eines sehr gut, nämlich seine Welt, die des Ordens, des singenden Gebets, vermitteln. Er weiß seine Worte wohl zu setzen, es war eine Wohltat, ihn zu lesen, auch wenn mir die eine oder andere Formulierung ein „gut katholisch“ in den Sinn kommen ließ (zum Beispiel Seite 146: „Bei den großen Horen beten wir für die Anliegen der Kirche und der Welt“. Kleinigkeit? Ich glaube nicht, es erscheint mir eher ein Beispiel für das Selbstverständnis der Mönche: Zuerst immer die Kirche). Das erscheint mir allerdings legitim, denn letztlich will auch er werben für seine Überzeugung, liegt ihm das, was für ihn Heil und Heilung bedeutet, am Herzen. Es war von meiner Seite ein sehr konzentriertes Lesen, gerade wenn es um die Erklärungen und Wirkungen des Gregorianischen Chorals ging, zum Beispiel um Antiphon oder melismatischen Gesang. Der Autor weiß zu fesseln, egal ob er über Bernhard von Clairvaux, über den Tagesablauf im Kloster, über die Aufnahmen der CD, den Papstbesuch oder gar einen Oscar-Preisträger berichtet. Er hat mir manchen Stoff zum Nachdenken gegeben, hat mich manchmal gereizt, manchmal gar geärgert, aber eines ganz gewiss nicht, nämlich gelangweilt.
281 Seiten reiner Text, dazu ein umfangreicher und willkommener Glossar sowie eine Seite mit Hinweisen auf Literatur und Links – es ist ein nicht übermäßig starker Band, der mir da vor mir liegt. Und doch wird er nicht mehr an den vorgesehenen Platz im Regal passen, denn zu viel ging mir durch den Kopf, zu viele Fragen hatte ich, zu viele Entgegnungen, so dass fast unvorstellbare 87 eng beschriebene große Notizzettel dafür gesorgt haben, dass mein Exemplar nun erheblich dicker ist.
Dieses Buch habe ich sehr hoch bewertet, nicht trotz des oben Gesagten, sondern gerade deswegen. Denn es ist Pater Karl Wallner eines mit Leichtigkeit gelungen: Mich in eine Auseinandersetzung nicht nur mit seinem Buch, sondern auch (erneut) mit der Musik (nicht nur des Gregorianischen Chorals, sondern meines Lieblingskomponisten Johann Sebastian Bach) und letztlich auch mit seinem Glauben zu ziehen. Anregung für Geist und Verstand hat er mir geboten und dafür schulde ich ihm Dank, auch wenn ich durchaus nicht immer einer Meinung mit ihm bin.
Einen Link zur Homepage des Stifts füge ich hier an, es finden sich dort auch Youtube-Hinweise, bei denen nicht nur Beispiele des Gregorianischen Chorals, sondern auch der Lebhaftigkeit des Autors aufgelistet sind:
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