Mutige Menschen zwei - Widerstand im Dritten Reich von Christian Nürnberger

  • Kurzbeschreibung
    Christian Nürnberger erzählt von zwölf Frauen und Männern, die den Mut zum Widerstand hatten: Mut, Hitlers Pläne zu durchkreuzen, Mut, Hitlers Befehle zu verweigern, Mut, Menschenleben zu retten: Dietrich Bonhoeffer, Willy Brandt, Georg Elser, Mildred Harnack, Robert Havemann, Fritz Kolbe, Janusz Korczak, Helmuth James Graf von Moltke, Martin Niemöller, Sophie Scholl, Irena Sendler, Claus Schenk Graf von Stauffenberg.


    Beeindruckende Lebensbeschreibungen für Jugendliche ab 13 Jahren



    Über den Autor
    Christian Nürnberger hat Theologie studiert und vor seinem Studium eine Lehre als Physiklaborant abgeschlossen. Er absolvierte die Hamburger Henri-Nannen-Schule und begann seine journalistische Praxis als Lokalreporter bei der "Frankfurter Rundschau", dann wechselte er als Redakteur zum Wirtschaftsmagazin "Capital". Anschließend war er Textchef bei "highTech". Seit der Geburt seines ersten Kindes ist er freier Autor für die "Süddeutsche Zeitung", "stern", "Konr@d", "Geo", und "Spiegel special" tätig.


    Meine Meinung:


    Vorab, ich denke nicht, daß das Buch für Kinder unter 13 Jahren wirklich geeignet ist. Zum einen dürfte da das nötige Grundwissen fehlen, zum anderen sind manche Beschreibungen aus den KZ oder Vernichtungslagern bzw. dem Warschauer Ghetto wirklich erschreckend. Sie sind zwar durchaus jugendlichengerecht formuliert, ich würde sie aber meinen kleineren Kindern nicht zumuten wollen.


    Ansonsten läßt sich über dieses Buch vorallem sagen, daß es sprachlich und inhaltlich wesentlich interessanter, als der erste Band der Reihe ist. Was aber auch an der ja durchaus spektakuläreren und interessanteren Themenwahl liegt.
    Die Charaktere werden alle zunächst mit Stichworten anhand ihrer Lebensläufe vorgestellt und schließelich auf mehreren Seiten detailliertere beschrieben.
    Es wird erzählt, wer wie Widerstand leistete, wer sich wie in seiner Zeit wandelte und es wird durchaus auch nicht beschönt, daß der ein oder andere lange Zeit brauchte, bis er sich aus Angst oder dem falschen Blick auf die Lage für den Widerstand entschieden hat.
    Weiterhin wird klar beleuchtet, daß jeder damals im Kleinen etwas gegen Hitler und seine Schergen tun konnte. Sei es die Krankenschwester, die Kinder aus dem Warschauer Ghetto schleuste, sei es der Adlige, der tatsächlich das Attentat gegen Hitler plant und ausführt. Sei es der Schreinergeselle, der das gleiche tut, oder der kleine Botschaftsmitarbeiter, der geheime Dokumente an die Kriegsgegner liefert und zwar OHNE Gegenleistungen dafür zu erhalten oder sei es auch nur der Niemand von nebenan, der schlichtweg den Hitlergruß verweigert, die Studenten mit ihren Flugblättern und viele mehr...
    Außerdem wird klar aufgezeigt. daß ein "wir wußten von nichts" wohl eher von einem "wir fragten auch erst gar nicht" herrührte und daß die Zeit für das deutsche Volk eine der beschämendsten ist, die es in unserer Geschichte je gegeben hat.
    Ich fand das Buch sehr interessant und gut geschrieben. Hier und da wiederholt der Autor sich schon mal, was bei der Thematik aber aus meiner Sicht nicht weiter schlimm ist.
    Gefehlt hat mir definitiv ein Glossar. Ich als erwachsene kann zwar mit SPD, SED und NSDAP durchaus etwas anfangen, Jugendlichen würde ich aber doch gerne die Möglichkeit des Nachschlagens bieten.
    Das ausführliche Literaturverzeichnis kann ich auch noch lobend erwähnen, das bietet für interessierte Leser die Möglichkeit weiter zu lesen.

  • Ui, schon fertig? Ich habe es gerade mal aus der Folie gepellt ...


    Zitat

    Original von Babyjane
    ...


    Vorab, ich denke nicht, daß das Buch für Kinder unter 13 Jahren wirklich geeignet ist. Zum einen dürfte da das nötige Grundwissen fehlen, zum anderen sind manche Beschreibungen aus den KZ oder Vernichtungslagern bzw. dem Warschauer Ghetto wirklich erschreckend. Sie sind zwar durchaus jugendlichengerecht formuliert, ich würde sie aber meinen kleineren Kindern nicht zumuten wollen.


    ...


    Sehe ich ähnlich, allerdings wurden zu meiner Schulzeit in dem Alter schon Exkursionen zu entsprechenden Gedenkstätten unternommen.
    (Meiner Meinung nach auch definitiv zu früh, vor allem gemessen an den Tränen vieler Mitschüler und meinen eigenen Albträumen danach ... :gruebel )

  • Mir ging es ähnlich wie Babyjane. Teilweise musste ich noch mal tief im Gehirn graben, bis ich die genaue Bedeutung mancher Begriffe wusste. Also find ich es für 13-jährige nicht so geeignet, zumindest nicht ohne Glossar. Trotzdem war es sehr interessant geschrieben und auch ganz gut zu lesen.

  • Also ich beschäftige mich gern mit dem Thema Widerstand im 3. Reich, habe aber von diesem Buch noch nichts gehört...daher schönen Dank erstmal für den Tipp :-)


    Und zum Punkt, ob man Jugendliche damit konfrontieren sollte:
    Ich finde, in den Schulen wird viel zu viel über die Verbrechen der Nazis gelehrt u viel zu wenig über diese tapferen Menschen, die Widerstand geleistet haben; ich selbst hatte es so in der Schule erlebt, dass ich bei einer abschließenden Klassenarbeit zu diesem Thema die einzige aus der Klasse war, die die Weiße Rose überhaupt kannte!!! (und das auch nur, weil ich mich damit privat auseinander gesetzt habe...)


    Und da muss ich sagen, wenn jungen Menschen - gerade ab 13, wo man sich ja irgendwie auf die Suche nach sich selbst begibt u versucht, einen Platz im Leben zu finden - statt ihnen Vorbilder zu geben, nur mit Verbrechen konfrontiert, na dann ist es doch kein Wunder, wenn etliche einfach strukturierte Teenies diese heroisieren und sich so die falschen "Vorbilder" suchen u sich diesen bescheuerten Nazi-Aufmärschen u ä anschließen...

    Die großen Tugenden machen einen Menschen bewundernswert, die kleinen Fehler machen ihn liebenswert.

  • ladybuck  
    Deine Denkansätze sind sicherlich nicht falsch, dennoch denke ich nicht, daß man jüngere Kinder schon mit der Art der Vernichtung von Menschenleben zu der Zeit behelligen sollte. Eben weil sie die Umstände nicht begreifen können und ich finde man als Kind eine gewisse Unbeschwertheit noch genießen dürfen sollte.

  • Zitat

    Original von Babyjane
    ladybuck  
    Deine Denkansätze sind sicherlich nicht falsch, dennoch denke ich nicht, daß man jüngere Kinder schon mit der Art der Vernichtung von Menschenleben zu der Zeit behelligen sollte. Eben weil sie die Umstände nicht begreifen können und ich finde man als Kind eine gewisse Unbeschwertheit noch genießen dürfen sollte.


    also irgendwie hast du mich da missverstanden...genau das hab ich doch bemängelt!!! Anstatt den Jugendlichen sämtliche Grausamkeiten vorzubeten, sollte ihnen beigebracht werden, dass es auch etliche mutige Menschen gab, die sich für Frieden und Freiheit und Mitmenschen eingesetzt haben und das dies erstrebenswert ist...vlt hab ich mich auch missverständlich ausgedrückt - sorry!

    Die großen Tugenden machen einen Menschen bewundernswert, die kleinen Fehler machen ihn liebenswert.

  • Zitat

    Original von ladybuck


    also irgendwie hast du mich da missverstanden...genau das hab ich doch bemängelt!!! Anstatt den Jugendlichen sämtliche Grausamkeiten vorzubeten, sollte ihnen beigebracht werden, dass es auch etliche mutige Menschen gab, die sich für Frieden und Freiheit und Mitmenschen eingesetzt haben und das dies erstrebenswert ist...vlt hab ich mich auch missverständlich ausgedrückt - sorry!


    Warum sollte man den Kindern und Jugendlichen denn nicht zeigen/erzählen wie es wirklich gewesen ist? So sensibel ist man doch sonst auch nicht. Da dürfen sich die Kinder und Jugendlichen jede Grausamkeit im Fernsehen/Internet anschauen. Aber immer wenn es um die NS-Verbrechen geht, dann holt man schnell die "Sensibelchen-nicht-hinschauen-oder-zuhören-Binde" aus dem Schrank.


    Zudem ist nicht einzusehen, warum es hier ein "oder" geben sollte. So wie die Verbrechen zu dieser Zeit gehören, so gehören auch der Widerstand vieler Menschen zu dieser Zeit. Statt eines "oder" kann es doch nur ein "und" geben.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • So wie die Verbrechen zu dieser Zeit gehören, so gehören auch der Widerstand vieler Menschen zu dieser Zeit. Statt eines "oder" kann es doch nur ein "und" geben.


    <<<Nur wird der Widerstand leider nie erwähnt (jedenfalls nach meinen Erfahrungen in unserem Bildungssystem), und das wars was ich kritisieren wollte

    Die großen Tugenden machen einen Menschen bewundernswert, die kleinen Fehler machen ihn liebenswert.

  • Zitat

    Original von licht
    BJ, ich überlege, dieses Buch als Material für Schüler (Klassen 9 / 10) anzuschaffen. Meinst Du, das könnte geeignet sein??


    Ich hab bislang das erste Drittel gelesen. Ich würde schon sagen, dass es sich für diese Altersklasse eignet, wenn die Schüler damit nicht alleine gelassen werden. Dadurch, dass fast alle der vorgestellten Personen am Ende ihr Leben lassen, hat es schon etwas Deprimierendes. Ich denke aber, dass sich durch Gespräche die vorgestellten Geschichten gut verarbeiten lassen. Es zeigt aber auch, dass jeder etwas verändern kann, wenn er dazu bereit ist.


    Nürnberger schreibt auch in einem Stil, der Jugendliche anspricht und der, wie ich finde, sehr persönlich ist.


    Das erste Buch von Christian Nürnberger ist sogar mittlerweile Schul-Lektüre.
    Ich würde vermuten, dass beim zweiten Buch nachgezogen wird.

  • Danke :)
    ich möchte, dass sie mit solchen Büchern vorträge machen und etwas über die Leute und ihre Zeit erfahren.
    methodisch sollen sie lernen, mit Büchern zu arbeiten, statt mit Wikipedia und google und dann die Leseerfahrungen zu reflektieren
    und fachlich eben Grundlagen über die Leute und ihr Handeln in ihrer Zeit.

  • Klappentext:
    Mutig sind sie: die Menschen, die Widerstand gegen Hitler leisten. Sie riskieren alles, denn sie können nicht schweigen. Viel bezahlen dafür sogar mit ihrem Leben.


    Christian Nürnberger erzählt von zwölf Frauen und Männern, die den Mut zum Widerstand hatten: Mut, Hitlers Pläne zu durchkreuzen, Mut, Hitlers Befehle zu verweigern, Mut, Menschenleben zu retten: Dietrich Bonhoeffer, Willy Brandt, Georg Elser, Mildred Harnack, Robert Havemann, Fritz Kolbe, Janusz Korczak, Helmuth James Graf von Moltke, Martin Niemöller, Sophie Scholl, Irena Sendler, Claus Schenk Graf von Stauffenberg.


    Autor (Verlagsseite):
    Christian Nürnberger (Jahrgang 1951) ist ein hochkarätiger und bekannter Autor. Der Journalist studierte Theologie, arbeitete als Reporter bei der Frankfurter Rundschau, als Redakteur bei Capital, und als Textchef bei Hightech. Er veröffentlicht regelmäßig in der Süddeutschen Zeitung, im SZ-Magazin und der ZEIT und arbeitet seit 1990 als freier Autor.


    Ich habe an dem Buch rund zwei Monate gelesen, denn ob es des etwas erschütternden Themas (der Autor selbst gesteht, dass die meisten der Geschichten mit einem Mord enden), ging immer nur mal eine Biographie. Nichtsdestotrotz, und ohne Mutige Menschen – für Frieden, Freiheit und Menschenrechte zu kennen, gefiel mir das Buch wirklich gut.


    Es gibt es jeweils ein sehr schön geschriebenes Vor- und Nachwort des Autors, jeder Biographie ist ein kurzer Lebenslauf vorangestellt. Diese einzelnen Biographien sind interessant und lebendig geschrieben; auch die von Persönlichkeiten, deren Lebenslauf man durch die Medien schon zur Genüge kennt. Nürnberger erzählt ausführlich über die Lebensumstände und das "Drumherum", z.B. die Lübecker Dreiklassengesellschaft (auch mit Zitaten aus den Buddenbrooks) in Willy Brandts Biographie, erzählt über das Leben der polnischen Juden und die "Vernetzung" bzw. Verflechtungen unter den wenigen Widerständlern. Am Ende hat man m.E. einen sehr abgerundeten, umfassenden Überblick über die Widerstands"szene" des Dritten Reichs.
    Manchmal fand ich den Stil allerdings zu fiktional, da war mir einfach nicht klar, ob der Autor jetzt interpretiert oder wirkliche Quellen hat. Dem Lesegenuss hat es keinen Abbruch getan; es macht die Biographie sogar plastischer, ließ mich als Leser aber manches Mal verwundert zurück.


    Einzig das Nachwort von Petra Gerster fand ich überflüssig und irrelevant.


    Ich weiß nicht genau, woher diese Einordnung "ab 13 Jahre" kommt, halte sie aber persönlich für ungeeignet und zu niedrig gehängt.


    Mir wurde das Buch als kostenloses Leseexemplar (mit der Bitte um Rezension) vom Verlag zur Verfügung gestellt.


    .

  • Ich habe das Buch jetzt auch beendet, allerdings musste ich es wirklich Etappenweise lesen.
    Ich habe mich mit dem Thema schon häufig beschäftigt und bin immer wieder betroffen, wie grausam in dieser Zeit in Deutschland mit vielen Menschen umgegangen wurde.
    Um so erstaunlicher die Geschichten der Menschen, die es gewagt haben auf welche Art auch immer Widerstand zu leisten.
    In diesem Buch geht es allerdings nicht nur um die Biographien der Menschen, sondern auch um ihre Herkunft, das Milieu aus dem sie kamen und das den Hintergrund gebildet hat, hinter dem sie in den Widerstand gegangen sind.


    Die Frage, die Christian Nürnberger am Ende des Buches stellt, nämlich, wie man selbst damals gehandelt hätte, kann ich und muss ich hoffentlich auch nicht beantworten. Umso mehr Respekt vor all den Menschen, die den Widerstand gewagt haben.


    Von mir 9 von 10 Punkte

  • Lange hat es gedauert, bis ich mit diesem Buch durch war. Grund dafür war nicht etwa mangelnde Qualität sondern der Inhalt der einzelnen Lebensgeschichten. Die Menschen, denen sich Christian Nürnberger in seinem zweiten Buch gewidmet hat, haben den Widerstand, den sie im dritten Reich geleistet haben, fast alle mit dem Leben bezahlt. Nur wenige sind den Konzentrationslagern entkommen. Die, die die Gräuel überlebt haben, wurden nach dem zweiten Weltkrieg nicht etwa als Helden verehrt, weil sie sich Hitler auf die ein oder andere Weise entgegen gestellt haben sondern oftmals als Vaterlandsverräter beschimpft und ihrer Würde beraubt. Ihre Rehabilitierung hat manchmal ein Leben lang gedauert, manchmal aber auch erst danach ihren Abschluss gefunden.


    Alle, die in diesem Buch vorgestellt werden, hatten eines gemein: Sie sind mit offenen Augen durch die Welt gegangen, haben ihren Blick nicht vor dem verschlossen, was um sie herum geschah. Sie haben Fragen gestellt und sich mit den Antworten nicht zufrieden gegeben. Sie haben früh kommen sehen, was Adolf Hitler vorhatte. Nach der Lektüre dieses Buches stellt sich einmal mehr die Frage: Warum sind die Menschen Hitler so blind gefolgt? Es stellt sich aber auch die Frage: Was hätte ich zu dieser Zeit getan? Hätte ich aus Angst meine Augen vor dem Unrecht verschlossen? Hätte ich mich auch darauf berufen, von alldem nichts gewusst zu haben, obwohl ich Tag für Tag mitbekomme, dass meine Nachbarn weggebracht werden und nie mehr wiederkommen? Das Menschen von jetzt auf gleich verschwinden? Oder hätte ich mich - in welcher Form auch immer - dem Widerstand angeschlossen? Unangenehme Fragen, denen man sich nicht gerne stellen möchte.


    Christian Nürnberger stellt in diesem Buch aber nicht nur 12 Menschen vor, die im dritten Reich aktiven Widerstand geleistet haben, er ruft auch nach jedem Kapitel dazu auf, im Jetzt, im Heute, die Augen offenzuhalten, sich gegen Ungerechtigkeit zur Wehr zu setzten, Fragen zu stellen und nicht blind irgendwelchen Parolen und Versprechungen zu folgen.
    Ich würde mir wünschen, dass dieses Buch Schullektüre wird, damit Christian Nürnbergers Botschaft auch die heranwachsende Generation erreicht.