Heinrich Steinfest - Tortengräber

  • Dieses Buch wird meist als Kriminalroman betitelt, genausogut könnte man es aber auch unter "Belletristik" einstellen, soviel vorab.


    Kurzbeschreibung:


    Klaus Vavra ist ein Feinschmecker. Er liebt Croissants. Sehr spezielle Croissants. Und damit beginnt es, sein Unglück. Klaus Vavra ist ein ordentlicher Mensch. Und kann nicht verstehen, daß Leute Geldscheine benutzen, um darauf Telefonnummern zu notieren. Klaus Vavra ist ein merkwürdiger Mensch. Es bereitet ihm Freude, Frauen telefonisch zu belästigen. Einfach dadurch, daß er schweigt. Er nennt es sein harmloses Hobby. Doch er ist ein Mensch, der Pech mit seinem Hobby hat. Indem er die falsche Nummer wählt. Indem er mit einemmal verdächtigt wird, eine Entführung zu verantworten. Indem er in einen Strudel gerät. Den Wiener Strudel, welcher ihn in eine Tiefe zieht, aus der noch keiner gesund wieder herausgekommen ist. Es gibt viele Möglichkeiten, in Wien verrückt zu werden oder zu sterben. Heinrich Steinfest beschreibt hier die schönsten.


    Meine Meinung:


    Die aus dem Buch übernommene Kurzbeschreibung wird "Tortengräber" nicht so richtig gerecht, schließlich spielt nicht nur Vavra eine wichtige Rolle, sondern vor allem auch der neurotische Polizist Cerny und seine Zufallsbekanntschaft Else Resele, die sich gleich resolut an den Sonderermittler dranhängt und ihn auf Schritt und Tritt begleitet. Abwechselnd werden die Erlebnisse von Vavra und dem Duo Cerny/Resele auf ihrer Suche nach der Wahrheit im Entführungsfall des Millionärstöchterls dargestellt, bis am Ende schließlich alle Fäden zusammenlaufen, was in ein paukenschlagartiges Finale unter Beteiligung aller Hauptfiguren mündet. Bis dahin werden dem Leser unterschiedliche, herrlich absurde Lösungsvorschläge unterbreitet, wobei es bei jeder so aussieht, als wäre nun die Wahrheit ans Licht gebracht, bloß um gleich wieder relativiert zu werden. Steinfest hat mit "Tortengräber" einen bitterbösen Kriminalroman mit viel schwarzem Humor geschrieben, der nicht nur sprachlich beeindruckt. Der Autor legt genüsslich österreichische Eigenheiten im allgemeinen und die Marotten der besseren Wiener Gesellschaft im speziellen offen, wobei er sich eines absurden Plots und vieler skurriler Figuren bedient. Der Ermittler Cerny etwa verspürt den ständigen Drang, bei sich selbst Fieber zu messen, wobei er die Testergebnisse penibel in einem Notizblock festhält - das ist doch einmal eine echte Alternative zu den sonstigen saufenden, traumatisch vorbelasteten Ermittlern aktueller Kriminalromane. Die eigentliche Krimihandlung steht sowieso hinter den Betrachtungen der menschlichen Niederungen zurück, weshalb ich auch überlegt hatte, das Buch unter "Belletristik" einzustellen, dies dann jedoch bleiben ließ.
    Besonders schlecht schneiden in diesem Werk der Polizeiapparat sowie honorige Psychiatrieprofessoren und Künstler ab; der Autor übt sich durchaus in Gesellschaftskritik, mitunter auf recht zynische Weise. Der Schreibstil ist besonders hervorzuheben, eine solch geballte Ladung an faszinierenden Sprüchen, bildhaften Vergleichen und originellen Redewendungen bekommt man selten zu lesen.
    Hartgesottene Krimiliebhaber werden mit diesem Buch ob der Abschweifungen und der oft zurückgestellten Handlung an sich nicht unbedingt gut beraten sein, wer jedoch eine Schwäche für rabenschwarzen Humor hat und wem die sprachliche Ausgestaltung wichtiger ist als bloßer Inhalt, der wird hier richtig gute Leseunterhaltung vorfinden; mir jedenfalls hat das Buch richtig gut gefallen, sodaß ich bärenstarke 9 Punkte vergebe.


    Ein Wort noch zum Epilog: diesen fand ich euphemistisch ausgedrückt entbehrlich, werden hier doch auf viel zu breitem Raum noch einmal diverse Randfiguren ins Spiel gebracht; der allerletzte Absatz wirft dann überhaupt ein gänzlich neues Licht auf die Ereignisse, das hätte sich der Autor sparen können. Ansonsten ein sehr erfreuliches, sprachlich virtuoses Buch mit einer Vielzahl an skurrilen Figuren. Thumbs up!

  • Ohje, das hatte ich vor Urzeiten mal gelesen & war wenig begeistert...


    Durch die erste Hälfte habe ich mich wirklich durchgequält, furchtbarer Schreibstil, seltsamer Humor. Ab der Mitte wurde es dann noch ganz ordentlich, aber konnte den schrecklichen Nachgeschmack vom Anfang nicht abmildern, schade!

  • Hallo milla,
    es ist ein reichlich schwarzer und trockener Humor, da ist klar, daß er nicht jedem zusagt. Und der Schreibstil ist anfangs sicher gewöhnungsbedürftig, nach 50 Seiten allerdings war ich drinnen und fand dann richtig Geschmack daran. Aber es ist halt - wie so oft im Leben - alles Geschmackssache.

  • ausgraben tu.......



    Ich bin zwar noch am lesen, aber mir hat das Buch von Anfang an richtig gut gefallen. Die Typen sind so schräg mit ihren Marotten und so gut beschrieben, dass ich oftmals lauthals und spontan lachen muss.


    Bin durch Zufall an das Buch geraten und bereue es nicht. Ich glaube 8 Punkte werden es bestimmt.