Der Weihnachtswunsch - Richard Paul Evans

  • “But the worst thing is that now that I really do want to make things better, there’s nothing I can do. Maybe this is hell, seeing the truth.“* (Seite 281)



    ca. 288 Seiten, kartoniert
    Originaltitel: The Christmas List
    Aus dem Amerikanischen von Anita Krätzer
    Verlag: Bastei Lübbe Verlag, Köln 2011
    ISBN-10: 3-404-16586-1
    ISBN-13: 978-3-404-16586-5


    Ich habe die amerikanische Originalausgabe (siehe nächstes Post) gelesen, auf welche sich Zitate und Seitenzahlen beziehen.



    Kurzinhalt (Eigene Angabe)


    James Kier hat erreicht, was man erreichen kann. Er hat, Geld, Macht und ist Inhaber einer der größten Immobilienkonzerne. Rücksichtslos verfolgt er im Geschäft seine Interessen. Dabei ging dann seine Ehe mit Sara, die inzwischen Krebs im Endstadium hat, in die Brüche. Sein Sohn, der kurz vor der Hochzeit steht, will auch nichts mehr von ihm wissen.


    Das ist der Ausgangspunkt, an dem Kier in einem Hotel, in dem er sich mit seiner Freundin treffen will, einschneit. Am nächsten Morgen liest er einen Bericht über einen Verkehrsunfall in der Zeitung, in dem er - James Kier - ums Leben gekommen sein soll. Im Internet findet er Kommentare dazu, die - höflich ausgedrückt - nicht sehr schmeichelhaft für ihn sind, und in denen ihm ein Spiegel vorgehalten wird. Er geht in sich und beschließt, sich zu ändern.


    In den Wochen bis Weihnachten will er die fünf Menschen, denen er am schlimmsten mitgespielt hat, besuchen, um Verzeihung bitten und wiedergutmachen, was wiedergutzumachen ist. Der letzte Besuch findet an Heiligabend statt.


    Aber kann man zerstörte Leben so einfach wieder richten? Lassen sich Fehler und Handlungen der Vergangenheit nur mit gutem Willen korrigieren? James Kier macht sehr unterschiedliche Erfahrungen mit seinen „Geistern der Weihnacht“.



    Über den Autor


    Richard Paul Evans lebt mit seiner Familie in Utah. Er ist der Autor sehr erfolgreicher Bücher, die in mehr als achtzehn Sprachen übersetzt und teilweise für das Fernsehen verfilmt wurden. Alle seine Romane gelangten auf die Bestsellerliste der New York Times. Weltweit wurden über 13 Millionen Exemplare seiner Bücher, für die er etliche Auszeichnungen erhielt, verkauft. Evans ist der Gründer der „The Christmas Box House International“, einer Organisation, die es sich zum Ziel gemacht hat, mißbrauchten und verstoßenen Kindern zu helfen. Die Honorare für seine Kinderbücher stiftet er dieser Organisation. Er lebt mit seiner Frau Keri sowie ihren fünf Kindern in Salt Lake City, Utah. (Verlagsinformation)


    - < Klick > - das geht es zur Homepage des Autors
    - < Klick > - Informationen bei Lübbe, wo die deutschen Ausgaben erscheinen
    - < Klick > - Informationen bei Simon & Schuster (englisch)
    - < Hier > klicken für die Übersichtsseite zu „The quotable Evans“ (englisch, von dort aus der PDF-Download, kostenlos, ca. 2,2 MB, erreichbar). Ein Buch, in dem sich zahlreiche Zitate aus Evans Büchern finden, geordnet nach Themen.



    Meine Meinung


    Was habe ich mich auf das neue Buch von Richard Paul Evans gefreut. Und jetzt, da ich es in drei Tagen ausgelesen habe, bin ich etwas zwiegespalten. Im Vergleich etwa zu Finding Noel“ (dt. der etwas unpassende Titel „Magie der Weihnacht“) fällt die „Christmas List“ doch etwas ab; ja ich frage mich, ob es überhaupt ein „richtiges“ Weihnachtsbuch ist. Aber was macht ein „richtiges Weihnachtsbuch“ überhaupt aus? Daß alle paar Seiten der Begriff „Weihnachten“ (bzw. hier natürlich „Christmas“) auftaucht? Daß ein Buch um die Weihnachtszeit spielt? Daß - direkt und/oder indirekt - auf Charles Dickens „A Christmas Carol“ Bezug genommen bzw. angespielt wird? Alle drei Elemente sind hier vorhanden, und dennoch habe ich das Buch nicht unbedingt als Weihnachts-, eher schon als Winterbuch empfunden. Auch wenn Evans in seiner „Authors Note“ explizit mitteilt, daß er ein Weihnachtsbuch habe verfassen wollen. Um beim Schreiben der Rezi in passende Weihnachtsstimmung zu kommen, läuft im CD-Player „Light on The Stable“ - die Weihnachts-CD von Emmylou Harris. Nicht gerade eine deutsche Interpretation von Weihnachtsliedern, aber immerhin (vor-)weihnachtlich.


    Charles Dickens stand also Pate für das Buch. Statt Jacob Marley ist hier die Todesnachricht sowie die Reaktionen der Menschen darauf für James Kier der Auslöser, sein Leben zu überdenken. Ihm erscheinen nicht drei Geister der Weihnacht, sondern er hat eine Liste der fünf Menschen, die er am meisten geschädigt hat, welche er darob aufsuchen, sich entschuldigen und Wiedergutmachung leisten will. Bevor er sich dazu aufrafft, oder genauer meist im Zusammenhang mit der Vorgeschichte, erfahren wir etwas über James Kier. Ich war schon etwas erstaunt, daß Richard Paul Evans hier eine Gestalt schafft, gegenüber der Ebeneezer Scrooge geradezu wie ein Wohltäter der Menschheit erscheint. Und da liegt dann auch einer der Knackpunkte des Romans: um einen solchen Menschen zur Besinnung und zur Umkehr zu rufen, bedarf es m. E. etwas mehr als ein Zeitungsbericht über den eigenen Tod und einige sehr unfreundliche, aber zutreffende, Einträge in Internet-Blogs. Oder genauer, der Auslöser wurde mir nicht überzeugend genug dargestellt. Auch wenn zwischendurch sehr nachvollziehbar erklärt wird, wie er zu dem Mann wurde, der er ist. Menschen weinen in seinem Büro oder brechen zusammen, es juckt ihn überhaupt nicht. Ein paar andere schreiben im Internet, was sie von ihm halten - und er macht eine Kehrtwendung um 180 Grad.


    Im Vergleich dazu waren die Reaktionen der betroffenen fünf Menschen für meine Begriffe durchaus überzeugend. Vor allem der erste, Eddie Grimes, erschien mir in seiner Reaktion überaus glaubwürdig. Ich bin eigentlich ein friedlicher Mensch, doch vermutlich hätte ich sehr ähnlich wie er beim Zusammentreffen reagiert. Das hatte was.


    Ein Weiteres, was mir das Buch nicht so recht als Weihnachtsbuch erscheinen lassen will (oder - wie der Autor schreibt - als „a holiday tale to warm your season, your homes, and your hearts“**) ist die Krankheit von Sara. Schon sehr bald wird klar, daß sie das Buch nicht überleben wird. Denn auch im wundervollsten und magischsten Weihnachtsbuch wäre das ein zu großes Wunder. Die ganze Zeit über habe ich mich gefragt, wie lange sie wohl durchhalten wird - nicht unbedingt „heartwarming“.


    Trotz der über weite Strecken etwas nüchternen Erzählweise bleibt es gegen Ende dann nicht aus, daß man das eine oder andere Taschentuch bereit halten sollte. Im Epilog werden die letzten noch offenen Fäden verknüpft, so daß die Handlung letztlich in sich rund und abgeschlossen ist. Auch wenn ich andere seiner Bücher (stilistisch) in besserer Erinnerung habe, konnte ich mir alles sehr lebhaft vorstellen, erwachten die Protagonisten für mich zum Leben, lief teilweise sogar das vielgerühmte Kopfkino ab. Daß sie jedoch einen solchen Eindruck hinterlassen wie etwa Macy und Mark („Magie der Weihnacht“) möchte ich denn doch bezweifeln.


    Alles in allem halte ich „The Christmas List“ für eines der schwächeren Bücher des Autors. Zu routiniert geschrieben, zu gewollt und holzschnittartig die Botschaft, zu leichtfüßig an schwierige Themen herangegangen; „Magie der Weihnacht / Finding Noel“ hat mir um einiges besser gefallen. Eher ein Winter- denn ein Weihnachtsbuch, habe ich es dennoch gerne gelesen und manches Nachdenkenswerte darin gefunden. Nicht unbedingt ein „Wohlfühlbuch“, aber eines, das mich trotzdem zufrieden und innerlich ruhig zurückgelassen hat. Für die Weihnachtstage selbst würde ich aber eher „Magie der Weihnacht / Finding Noel“ empfehlen.



    Kurzfassung


    Eher ein Winter- denn ein Weihnachtsbuch, erzählt Evans die Geschichte von James Kier, der durch das Lesen seines eigenen Nachrufs eine innere Umkehr erfährt und verursachtes Leid und Unrecht wieder gut machen will. Etwas zu routiniert geschrieben ein Buch für einen trüben Herbst- oder kalten Winterabend.



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    Sinngemäße Übersetzungen (aus dem Kontext heraus):


    * = „Doch das Schlimmste ist, daß ich jetzt, da ich wirklich die Dinge besser machen und richten will, es nichts gibt, was ich tun könnte. Vielleicht ist das die Hölle, die Wahrheit zu sehen.“


    ** = „ein Feiertags (Weihnachts-) Märchen, um die Jahreszeit, Ihre Wohnungen und Ihre Herzen zu erwärmen.“


    Edit hat die Angaben für die deutsche Ausgabe eingesetzt sowie die Links aktualisiert. Originalausgabe siehe nächstes Post.
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Hier die Angaben für die amerikanische Originalausgabe, die ich gelesen habe.


    304 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, Rough Cut
    Verlag: Simon & Schuster, New York 2009
    ISBN-10: 1-439-15000-1
    ISBN-13: 978-1-439-15000-9
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Ich hatte mich unglaublich auf das Buch gefreut, schließlich steht als Autor Richard Paul Evans verzeichnet.
    Aber ich war doch gnadenlos enttäuscht, die Personen ließen mich allesamt kalt, trotz der teilweise dramatischen Lebensumstände.
    Zu routiniert, von dem Autor ist man besseres gewohnt.

  • Titel: Der Weihnachtswunsch
    OT: The Christmas List
    Autor: Richard Paul Evans
    Übersetzt aus dem amerikanischen Englisch: Anita Krätzer
    Verlag: Bastei Lübbe
    Erschienen als TB: Oktober 2011
    Seitenzahl: 284
    ISBN-10: 3404165861
    ISBN-13: 978-3404165865
    Preis: 7.99 EUR


    Richard Paul Evans erzählt die Geschichte des erfolgreichen Geschäftsmannes James Kier. Seinen geschäftlichen Erfolg hat Kier seiner Rücksichtslosigkeit und seiner Herzlosigkeit zu verdanken. Knallhart ist er nur auf seinen Vorteil bedacht.
    Doch dann tritt ein Ereignis in Kiers Leben, dass alles verändert. In einer Zeitung liest Kier über seinen vermeintlichen Tod. Eine Verwechslung. Aber im Internet tauschen sich die Menschen über ihn aus, äußern rücksichtslos ihre Ansichten über James Kier. Niemand hat etwas Positives zu sagen, lediglich sein schwerkranke Frau Sara, die er in ihrer schwersten Zeit verlassen hat, findet positive Worte für James Kier.
    Kier beginnt damit sich über sich selbst Gedanken zu machen – und was er sieht erschreckt ihn zutiefst. Er versucht das Unrecht, das er anderen zugefügt hat wieder gutzumachen – muss dann aber einsehen, dass es nicht einfach ist und manchmal auch unmöglich ist, begangenes Unrecht aus der Welt zu schaffen.
    James Kier muss einsehen das Geld zwar ganz beruhigend sein kann – das Geld aber keine Wunden heilt und es Dinge gibt, die mit Geld nicht zu bezahlen sind.


    Richard Paul Evans hat ein Buch geschrieben, dass sehr gut in die Vorweihnachtszeit passt, dass wohl nicht zur „großen Literatur“ zählt, dass aber von der wohldosierten Portion vorweihnachtlicher Sentimentalität lebt, die zu anderen Zeiten des Jahres wahrscheinlich ins Leere gehen würde. Der Autor verklausuliert nicht irgendeine „Message“ – sein Anliegen schildert er klar und in einfachen Worten, manchmal ein wenig zu plakativ – Evans macht deutlich, dass es ganz sicher nicht schlecht ist, Mitgefühl zu zeigen und Anteilnahme am Schicksal des Nächsten zu nehmen und das in der Hilfe die man anderen gewährt durchaus sehr viel Befriedigung liegen kann.


    In diesem Buch findet man keine tiefschürfenden Gedanken, was man findet ist eine einfache, klar strukturierte Geschichte. Eine Geschichte, die nach einem oftmals bewährten Erfolgsmuster geschrieben wurde. Zuerst wird der Ist-Zustand geschildert, da werden die dunklen Seiten eines Menschen beschrieben – dann aber nimmt man als Leser Anteil an der Wandlung eben dieses Menschen. Evans ist sicher nicht der große Sprach-Virtuose, aber zu große Virtuosität hätten dieser Geschichte wohl nur geschadet. Einfache Worte und Sätze können manchmal so viel mehr aussagen.


    Ein lesenswertes Buch – dessen Lektüre aber wohl auf die Vorweihnachtszeit beschränkt werden sollte. Ein Buch das gut unterhält, ein Buch das mir Freude gemacht hat.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.