Kurzbeschreibung
Der biedere Handlungsreisende Gallet hat ein Geheimleben geführt. Doch als er in einem Provinzhotel ermordet wird und Kommissar Maigret eingreifen muss, tun sich weit tiefere Abgründe auf. Über eine rotblonde Erpresserin und französische Monarchistenkreise führt die Spur zu einer verlassenen Braut in Saigon und in ein einsames Dorfschloss
Meine Meinung
Dies ist also der zweite Auftritt Kommissar Maigrets. Der wird zu einem ominösen Mordfall in der Provinz gerufen: Der seltsame Handlungsreisende Clément liegt angeschossen und anschließend erstochen in seinem Hotelzimmer. Schnell wird klar, dass der im wirklichen Leben Monsieur Gallet hieß, und, wenn er nicht gerade wieder als gespenstischer Handlungsreisender unterwegs war, mit seiner verbitterten Frau und einem Sohn, der ihn verachtete ein durch und durch mittelmäßiges Leben am Rande Paris' führte.
In diesem Buch wird die Figur des Maigret nun weiter ausgebaut, auch hier ist er wieder der einsame Wolf, ein Mann, der seine Ermittlungen einzig und allein aus seinem Instinkt heraus führt, völlig unabhängig von seinen Mitmenschen, Mitarbeitern oder Gesetzen. Der rote Faden dieser Ermittlung ist das Bild dieses Handlungsreisenden, dass Maigret sich anhand der ihm zur Verfügung stehenden Informationen machen kann, das widersprüchlich und unglaubhaft ist und sich mit jeder neuen Wendung des Romans ändert. Und da Maigret natürlich kein emotionsloser Bürokrat ist, schwanken auch Maigrets Gefühle gegenüber diesem seltsamen Menschen. Zwangsläufig ist der Fall erst dann gelöst, als Maigret sich ein vollständiges Bild vom Wesen und der Geschichte des Monsieur Gallet machen kann. Dass dabei die Logik das eine oder andere Mal auf der Strecke bleibt und mancher Einfall doch sehr abstrus ist, tut nichts zur Sache, schließlich erwartet man von Simenon keinen bis ins kleinste ausgefeilten Plot.
Vielmehr lebt dieser Roman von seiner Ambivalenz und der Vielschichtigkeit seiner Figuren. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen, manche Aspekte zeigen sehr moderne Ansichten, die Simenon in diesem 1931 erschienen Roman schon vorwegnahm. Anderes wirken aus heutiger Sicht wahrlich kurios: die Obduktion findet auf dem Schulhof (!) statt und Maigret darf Hausfriedensbruch begehen, spontane Hausdurchsurchungen durchführen (bei denen er irgendwelches Zeug mitgehen lässt, während der Wohnungsbesitzer fassungslos danebensteht) oder Beweise manipulieren.
Man sollte also als an einer Vielzahl von Krimis geübter Leser nicht unbedingt die Maßstäbe ansetzen, die man, z.B. Logik und Rechtsempfinden betreffend, an einen modernen Kriminalroman anlegen würde. Die Geschichte selbst ist zeitlos und eindringlich.
Ach ja, und am Ende taucht erstmals Madame Maigret auf.
Hmpf, und Edit entschuldigt sich gleich mal für diese fürchterlichen Schachtelsätze