Chi You, der Geist des Bösen, ist in das Drachenland eingefallen, in dem die Menschen wohnen. Nur einer kann sie retten: Shaodian, ein auserwählter junger Weiser. Gemeinsam mit einem Krieger, einem Geschichtsgelehrten und einem Zauberer macht er sich auf die Suche nach dem Großen Drachen, dem Hüter der Menschen.
Ich muss zugeben, meine Erwartungen an Drachentotem waren hoch, sehr hoch. Schließlich hat Aner Cui für Drachentotem den Wolfgang Hohlbein Preis China erhalten. Im Nachhinein betrachtet waren meine Erwartungen wohl zu hoch.
Ich hatte auf eine Geschichte mit Tiefgang, voll fernöstlicher Philosophie gehofft. Leider scheint sich Aner Cui klassische westliche Fantasy als Vorbild genommen zu haben. Das Böse erwacht in Chiyou, dem Gott der Zerstörung und nun liegt es an dem 17-jährigen Schaodian, die Legende zu erfüllen und auf die Suche nach dem verschollenen Stamm der Pangu Sippe zu gehen. Bei ihr hofft er den Drachen der Gerechtigkeit zu finden, das einzige Geschöpf, das Chiyou noch Einhalt gebieten kann.
Schon bald entpuppt sich Schaodian als klassischer Gary Stu. Er kann alles, weiß alles, ist magisch begabt, sagt altkluge Sinnsprüche auf, die an Glückskekse erinnern und die Prinzessin verliebt sich beim ersten Anblick unsterblich in ihn. Auf seiner Wanderung durch Länder und Epochen(!) sammelt er Gefährten auf, die an seiner Seite jedoch nur Statistenrollen einnehmen, schließlich kann Schaodian ja alles selbst und so taugen sie nur dazu, ihm regelmäßig ihre Bewunderung auszusprechen. Dabei gilt es ein paar Rätsel zu lösen und Ungeheuer aus dem Weg zu räumen. Ganz klassisch halt - und ohne jegliche Überraschung.
In der Übersetzung wirkt die Sprache des Autors sehr schlicht. "Riesig" ist ein gern gebrauchtes Adjektiv, die Dialoge wirken merkwürdig hölzern und werden stets von einem ", sagte ...", ", meinte ...", etc. begleitet. Bisweilen haben sich auch Stilblüten eingeschlichen, wie der letzte Satz auf Seite 201: "Das orange Männchen war beleidigt und begann zu weinen. Es war zierlicher als die anderen und offensichtlich eine Frau." Aner Cui liebt den Superlativ: Menschen werden hunderte, tausende, gar zehntausende Jahre alt. Genau so verhält es sich mit fast allen Größen- und Mengenangaben: Millionen, Milliarden, Billionen, irgendwann schwebte mir vor hohen Zahlen nur noch der Kopf.
Wer bis zum Ende durchhält -und das ist schwer genug- muss mit einem enttäuschenden "Nicht-Ende" leben. Es ist nicht einmal ein Cliffhanger, es ist irgendwie... gar nichts. So bleibt nichts als ein schön gestalteter Einband und die Erkenntnis, dass chinesische Fantasy für den deutschsprachigen Markt noch nicht reif zu sein scheint.