Martin und Maho Clauß - Das Blut des Tako

  • Klappentext:
    Ausgerechnet in das Dorf Inogi verschlägt es die junge Saya und ihre Familie. Hier, wo es nicht viel gibt außer Wind, soll ihr Vater in einem Windkraftwerk arbeiten. Doch willkommen ist die Familie nicht. Die Dorfbewohner fiebern den Drachenkämpfen entgegen und vier rätselhafte Drachenbauer verbergen ein tödliches Geheimnis. Als die Tako zum Leben erwachen, steht Saya in einem Duell, das sie nicht gewinnen darf ...


    Ein nicht alltäglicher Fantasy-Thriller aus dem Japan der magischen Traditionen.


    Meine Rezension:
    Best of both worlds - das trifft wohl am besten, was ich mit den Romanen von Martin & Maho Clauß verbinde. Psychologische Tiefe und surreale Fantasie, wie sie für anspruchsvolle japanische Animes typisch ist, verbunden mit der Logik und Sprachkunst aus dem Land der Dichter und Denker.


    Ich muss zugeben, meine Erwartungen an die Autoren waren nach Die Saat der Yôkai hoch. Und auch wenn ich normalerweise nur schwer zu begeistern bin, so kann ich doch festhalten: Sie wurden übertroffen! Martin Clauß' Sprache ist noch runder, noch harmonischer, noch perfekter geworden. Die erste Hälfte des Buches flog nur so unter meinen Augen hinweg und ich konnte mich als Sprachästhet daran erfreuen, wie ich es sonst nur bei Cornelia Funke oder Michael Ende kann. Sprachrhythmus, -tempo und -melodie von Martin Clauß liegen weit über dem Durchschnitt der deutschen Fantasy-Autoren, dazu kommt eine Sorgfalt, die Fehler, ob inhaltlicher oder stilistischer Natur, geradezu ausschließt.


    "Das Blut des Tako" übertrifft Die Saat der Yôkai, da die Handlung fokussierter ist. Die 15-jährige Saya zieht in das abgelegene Dorf Inogi, das nicht viel zu bieten hat, außer jeder Menge Wind und einer verschrobenen Dorfgemeinschaft. Hier arbeitet ihr Vater für ein Windkraftwerk und zieht sich das Mißtrauen der abergläubischen Dorfbewohner zu, als sich mit seiner Ankunft der für Inogi so typische Wind legt. Der Beginn ist eine wunderschöne Hommage an Chihiros Reise ins Zauberland. Danach hat sich Saya mit allen Problemen rumzuschlagen, die für das Leben einer 15-jährigen so typisch sind. Mobbing, Freundschaft, erste Liebe, doch da ist noch etwas anderes, unheimliches... Was hat es mit den Takos, den Flugdrachen, auf sich, die Saya zu steuern vermag, als hätte sie nie im Leben etwas anderes getan?


    Beim Lesen der ersten 250 Seiten ging es mir wie Saya - die Zeit schien plötzlich schneller zu laufen, so fesselnd, so mitreißend war die Geschichte, in der es doch eigentlich um nichts anderes ging, als um ein junges Mädchen und das Steigenlassen von Drachen.


    Dann kam für mich ein Knick, der mich schwanken ließ. Fliegende Menschen, Geistervögel, wandelnde Pianos... Die Wandlung zum Surrealen erfolgte abrupt und überraschend, ich fürchtete schon, die Geschichte würde ihren Fokus verlieren. Doch schon Die Saat der Yôkai lehrte mich, dass Martin Clauß es schafft, auch die auf den ersten Blick abstruseste Geschichte zu einem überraschend logischen Ende zu führen. Die Auflösung der Geschichte ist einfach nur genial. Und wenn mir jemand ganz besonders ans Herz gewachsen ist, dann sind das die Kuroboshis, die seit Jahren Drachen bauen, die nicht fliegen. Oder doch?


    Leider ist Martin Clauß zu bescheiden, um mehr Publicity für sich zu machen und daher noch ein Geheimtipp. Wer ein Faible für Fantasy und Japan hat, dem sei das Buch jedoch wärmstes empfohlen.