Kurzbeschreibung laut Amazon:
Eine authentische Familiensaga
Von den 20er Jahren bis heute: Fast ein ganzes Jahrhundert umspannt diese Geschichte dreier Frauen, die zugleich die Geschichte Tibets ist. Machtpolitik und Gewalt haben die Nonne Kunsang aus der klösterlichen Abgeschiedenheit in der kargen Bergwelt Tibets vertrieben - heute kämpft ihre Enkelin Yangzom für die Heimat ihrer Mutter und Großmutter.
Sie hatten nur den einen, ganz schlichten Wunsch: ein Leben im Einklang mit der Natur und der Tradition des Landes zu führen. Doch es war ihnen nicht vergönnt. Machtpolitik und Gewalt brachen in die Abgeschiedenheit der Berge Tibets ein ...
Von drei Frauen erzählt Yangzom Brauen: von ihrer Großmutter Kunsang, von ihrer Mutter Sonam und von ihrem eigenen Weg. Sie erzählt von drei Generationen, vom Verlust der Heimat, von Verfolgung und Angst, vom Sterben und der Trauer - und von dem Willen, sich gegen alle Widerstände zu behaupten. Es ist die Geschichte ihrer Familie und zugleich die Geschichte einer Welt im Umbruch, in der ein einzelnes Leben so wenig gilt wie das Los eines ganzen Volkes. Die berührende Geschichte eines Lebens zwischen den Welten, das doch ganz bei sich ist.
Dazu bestimmt, frei zu sein - die faszinierende Geschichte dreier Frauen, die sich ihrem Schicksal nie gefügt haben.
Über die Autorin:
Yangzom Brauen, 1980 in der Schweiz geboren, pendelt heute als Model und Schauspielerin zwischen Hollywood, New York, Berlin und Zürich. Sie engagiert sich ehrenamtlich für ein freies Tibet.
Meine Meinung:
Was für ein Buch:
Über das Leben im „alten“ Tibet vor der chinesischen Okkupation, geprägt vom Buddhismus, verwaltet und regiert von den geistlichen Führern und einer kleinen Adelsschicht. Ein Leben, das mir aus meiner heutigen, westlich geprägten Sicht so rückständig und „mittelalterlich“ vorkommt, dass ich große Schwierigkeiten hatte, es mir vorstellen zu können, das zu kritisieren mir aber nicht ansteht, zumal dieses Leben mit seinen Machtstrukturen von der Bevölkerung, zumindest in Teilen - und außerdem kannte man ja nichts anderes -, akzeptiert wurde. Yangzom Brauen spricht die Missstände, die sich dadurch ergeben haben, durchaus an, wertet sie aber eher zurückhaltend; aus meiner Sicht macht sie sich eher die Meinung ihrer Mola (ihrer Großmutter), auf deren Erinnerungen diese Passagen beruhen, zu eigen.
Ein Buch über den Buddhismus bzw. hauptsächlich eine seiner Ausrichtungen, nämlich die Nyingma-Tradition, bei deren Anhängern ein Leben mit Ehepartner und Kindern toleriert wird. Eine Religion, eine Philosophie, eine Lebensauffassung, deren Gedankenwelt mir so fremd erscheint, sei es, was der Umgang mit und das Erinnern an die Verstorbenen angeht, die Sorge um das Bewusstsein eines Menschen, das Besänftigenmüssen der vielen Götter durch Gebete und rituelle Handlungen, die verschiedenen Stufen, die ein Wesen erreichen kann. Fremd, und doch auch manchmal ganz nah, beispielsweise bei der Ungleichbehandlung von Mönchen und Nonnen.
Ein Buch über eine abenteuerliche und lebensgefährliche Flucht aus dem besetzten Tibet, über das harte und manchmal menschenunwürdige Leben als Flüchtlinge in Indien, über das Leben in der Schweiz, über den „Kulturschock“, den Mola und Sonam, die Mutter der Autorin, überwinden müssen, über ihr Einfinden in der westlichen Welt mit ihren so gänzlich anderen Werten. Ein Buch auch über die Reisen zurück, als es möglich war, Tibet zu besuchen, über das Wiedergefundene und über das Verlorene. Ein Buch letztlich über Yangzom, über ihre Suche nach ihrem Platz in der Welt.
„...einen Beitrag zu leisten, damit die Kultur, die Traditionen und die wahre Geschichte der Heimat meiner Großmutter und meiner Mutter nicht in Vergessenheit geraten“ (Seite 395)
Dieses Buch habe ich mit sehr großem Interesse gelesen, einen Blick wollte ich erhaschen auf diese nun beinahe untergegangene Welt des „alten“ Tibet. Es war für mich eine Erfahrung, die ich so nicht erwartet habe, denn: Ein bisschen mehr glaube ich zwar nun zu wissen über Hintergründe und Auswirkungen an einem der vielen Brennpunkte auf dieser Welt, den zu vergessen mir nun nicht mehr möglich sein wird. Aber: Der Text hat zwar meinen Verstand erreicht, nicht aber mein Herz.
Den Inhalt dieses Buches zu bewerten oder zu kritisieren steht mir nicht zu, das ist auch gar nicht meine Absicht. Es war ein Kennenlernen einer Welt und einer Glaubensrichtung, die mir interessant und in Teilen bewundernswert erscheint, die mir aber letztlich fremd bleiben müssen, fremd genug immerhin, dass ich daran glauben mag, die wenigen Widersprüchlichkeiten, die mir aufgefallen sind, stellen sich weder für Yangzom Brauen noch für einen Buddhisten als solche dar.
Was ich aber anzumerken habe, betrifft die Sprache: Anfangs hatte ich das Gefühl, es sei Erzähltes stellenweise wortwörtlich niedergeschrieben, was einem Text selten gut tut; später, als es um das Leben in der Schweiz und hauptsächlich um Yangzom, die Autorin, ging, wurde der Stil flüssiger, das Lesen fiel mir leichter. Lag es in der Absicht der Autorin, dadurch auch die unterschiedlichen Persönlichkeiten und der Lebenswege der drei Frauen im weitesten Sinne zu charakterisieren? Diese Frage kann ich naturgemäß nicht beantworten, sie kam mir nur in den Sinn, da ich für mich stets und ganz besonders in diesem Fall zu erklären suche, welche Wirkung ein Text warum auf mich hat. Yangzom Brauen hätte meiner Meinung nach auch durchaus etwas mehr Vertrauen in die Merkfähigkeiten ihrer Leser setzen dürfen: einiges an Wiederholungen (zum Beispiel, woraus Tsampa besteht) musste nicht sein, manches hätte sich vielleicht auch eher in einem Glossar, der im Übrigen fehlt, niederschlagen dürfen als im Text.
Abgerundet wird das Buch durch einen Anhang, in dem eine Zeittafel ab 1911 bis 2009 sowie der Hinweis auf etliche Organisationen mit Bezug auf Tibet nebst Erläuterungen, Adressen und Internetauftritt enthalten sind, und zwei sehr schöne Bildteile.
Eine letzte Nachbemerkung:
Wie zu so vielen anderen Dingen gibt es auch zu diesem Buch einiges im Netz zu finden, unter anderem einen Buchtrailer, einen Ausschnitt aus einer Talksendung, einen Bericht über Yangzom Brauen und ihre Bemühungen, in Hollywood Fuß zu fassen. Im Nachhinein wünschte ich mir, ich hätte mir dieses alles nicht angesehen, es hatte auf mich eine durchaus desillusionierende Wirkung. Daher habe ich auch davon Abstand genommen, die entsprechenden Links einzufügen.