Es ist Morgen und Tau fällt
von der Februarwolke,
Zeit ist's für einen Frühtrunk
und einen mächtigen Becher.
Ich schwand im Meer von Wir und Ich,
bring Wein herbei,
damit er mich vom Wir und Ich befreie!
ASIN/ISBN: 1482557118 |
Es ist Morgen und Tau fällt
von der Februarwolke,
Zeit ist's für einen Frühtrunk
und einen mächtigen Becher.
Ich schwand im Meer von Wir und Ich,
bring Wein herbei,
damit er mich vom Wir und Ich befreie!
ASIN/ISBN: 1482557118 |
Zwischen Weinen und Lachen
schwingt die Schaukel des Lebens.
Zwischen Weinen und Lachen
fliegt in ihr der Mensch.
Christian Morgenstern
Wieviel Küsse ich gerne von dir hätte,
Fragst du, Lesbia, bis ich einmal satt bin?
Soviel Sandkörner sind in Libyens Wüste
Bei Kyrene, dem laserpflanzenreichen,
Von dem Ammonsorakel, hitzeglühend,
Bis zum heiligen alten Battusgrabmal,
Soviel Sterne in stiller Nacht am Himmel,
Auf das heimliche Lieben schaun der Menschen:
Soviel Küsse zu küssen würde reichen
Dem Catull, der von Liebe toll und krank ist;
Soviel, das kein Schnüffler sie zählen kann und
Keine boshafte Zunge sie verhexen.
ASIN/ISBN: B00A3NY76W |
Wenig lebt ich. Doch atmet kalt
Mein Abend schon.
Und stille, den Schatten
gleich
Bin ich schon hier; und schon gesanglos,
Schlummert das schaudernde Herz im Busen.
(Friedrich Hölderlin)
ASIN/ISBN: 3910135722 |
Alles anzeigenWenig lebt ich. Doch atmet kalt
Mein Abend schon.
Und stille, den Schatten
gleich
Bin ich schon hier; und schon gesanglos,
Schlummert das schaudernde Herz im Busen.
Also gleich noch einmal, da sehr schön. Hölderlin, dessen Namen sich Goethe nicht merken konnte. ("Hölterlein")
Ich sitze hier am Schreibetisch
Und schreibe ein Gedichte
Indem ich in die Tinte wisch
Und mein Gebet verrichte.
So giebt sich spiegelnd Vers an Vers
In ölgemuter Glätte.
Nur selten fragt man sich: Wie wärs,
Wenn es mehr Seele hätte?
Die Seele tut mir garnicht weh,
Sie ist ganz unbeteiligt.
Nackt liegt sie auf dem Kanapee
Und durch sich selbst geheiligt.
Des Abends geh ich mit ihr aus,
Im Knopfloch eine Dalie.
Ich selber heiße Stanislaus,
Sie aber heißt Amalie.
( Alfred Georg Hermann Henschke, genannt Klabund 1890 - 1928)
ASIN/ISBN: 1482589885 |
Ach, du zerrinnender
und schon gestürzter Laut,
eben beginnender
Lust vom Munde getaut,
ach so zerrinnst du
Stunde, und hast kein Sein,
ewig schon spinnst du
weit in die Nebel dich ein.
Ach, wir sagen es immer,
daß es nie enden kann
und vergessen den Schimmer
Schnees des Neige d'antan,
in das durchküsste, durchtränte
nächtedurchschluchzte Sein
strömt das Fließend - Entlehnte,
spinnen die Nebel sich ein.
Ach, wir rufen und leiden
ältesten Göttern zu:
ewig über uns beiden
"immer und alles: du",
aber den Widdern, den Zweigen
Altar und Opferstein,
hoch zu den Göttern, die schweigen,
spinnen die Nebel sich ein.
ASIN/ISBN: 3257200994 |
Mir fallen sonst oft bei Benn zuerst die fiesen, nihilistischen Sachen ein , aber hier mal was Nettes:
Was meinte Lutter mit dem Apfelbaum ?
Mir ist es gleich – auch Untergang ist Traum – ich stehe hier in meinem Apfelgarten
und kann den Untergang getrost erwarten – ich bin in Gott, der ausserhalb der Welt
noch manchen Trumpf in seinem Skatblatt hält – wenn morgen früh die Welt zu Bruche geht,
ich bleibe ewig sein und sternestet –
meint er das, der alte Biedermann und blickt noch einmal seine Käte an ?
und trinkt noch einmal einen Humpen Bier und schläft, bis es beginnt – frühmorgens vier?
Dann war er wirklich ein sehr großer Mann, den man auch heute nur bewundern kann.
Gottfried Benn
Gustav Renner war bestimmt die beste
Kraft im Toggenburger Stadttheater.
Alle kannten seine weiße Weste.
Alle kannten ihn als Heldenvater.
Alle lobten ihn, sogar die Kenner.
Und die Damen fanden ihn sogar noch schlank.
Schade war nur, daß sich Gustav Renner,
wenn er Geld besaß, enorm betrank.
Eines Abends, als man "Hamlet" gab,
spielte er den Geist von Hamlets Vater.
Ach, er kam betrunken aus dem Grab!
Und was man Dummes tun kann, tat er.
Hamlet war aufs Äußerste bestürzt,
denn der Geist fiel gänzlich aus der Rolle.
Und die Szene wurde abgekürzt.
Renner fragte, was man von ihm wolle.
Man versuchte hinter den Kulissen,
ihn von seinem Rausche zu befrein,
legte ihn lang hin und gab ihm Kissen,
darob schlief Gustav Renner ein.
Die Kollegen spielten nun exakt,
weil er schlief und sie nicht weiter störte.
Jedoch er kam! Und zwar im nächsten Akt,
wo er nun absolut nicht hingehörte!
Seiner Gattin trat er auf den Fuß.
Seinem Sohn zerbrach er das Florett.
Und tanzte mit Ophelia Blues.
Und schmetterte den König ins Parkett.
Alles zitterte, riß aus.
Doch dem Publikum war das egal.
So was von donnerndem Applaus
gab's in Toggenburg das erste Mal.
Und die meisten Toggenburger fanden:
Endlich hätten sie das Stück verstanden.
ASIN/ISBN: 3518016776 |
Oh“, rief ein Glas Burgunder
„Oh“, rief ein Glas Burgunder,
„Oh Mond, du göttliches Wunder!
Du gießt aus silberner Schale
Das liebestaumelnde, fahle,
Trunkene Licht wie sengende Glut
Hin über das nachtigallene Land –“
Da rief der Mond, indem er verschwand:
„Ich weiß, ich weiß! Schon gut! Schon gut!“
Ringelnatz
In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee
Da taten ihnen die Beine weh
Da verzichteten sie weise
Denn auf den letzten Teil der Reise.
So will man oft und kann doch nicht
Und leistet dann recht gern Verzicht.
ASIN/ISBN: 3257234678 |
Seepferdchen und Flugfische von Hugo Ball
tressli bessli nebogen leila
flusch kata
ballubasch
zack hitti zopp
zack hitti zopp
hitti betzli betzli
prusch kata
ballubasch
fasch kitti bimm
zitti kittillabi billabi billabi
zikko di zackobam
fisch kitti bimm
bumbalo bumbalo bumbalo bambo
zitti kittillabi
zack hitti zopp
treßli beßli nebogen grügü
blaulala violabimini bisch
violabimini bimini bimini
fusch kata
ballubasch
zick hiti zopp
ASIN/ISBN: 3940531324 |
Na ja, Seepferdchen liebe ich nur in natura. Sah mal eins beim Tauchen im Indik. Ich saß 2011 auf der Leipziger Buchmesse mal kurz bei zwei Damen, die Gedichte in diesem Stil tiefernst und bedeutungsschwanger vortrugen und musste mir ein Grinsen verkneifen, aber das muss natürlich 0 und nix heißen. So hat eben jeder seine Vorlieben und Abneigungnen. Ich pariere mal mit:
Fisches Nachtgesang
—
‿ ‿
— — —
‿ ‿ ‿ ‿
— — —
‿ ‿ ‿ ‿
— — —
‿ ‿ ‿ ‿
— — —
‿ ‿ ‿ ‿
— — —
‿ ‿
—
Christian Morgenstern
Alles anzeigenNa ja, Seepferdchen liebe ich nur in natura. Sah mal eins beim Tauchen im Indik. Ich saß 2011 auf der Leipziger Buchmesse mal kurz bei zwei Damen, die Gedichte in diesem Stil tiefernst und bedeutungsschwanger vortrugen und musste mir ein Grinsen verkneifen, aber das muss natürlich 0 und nix heißen. So hat eben jeder seine Vorlieben und Abneigungnen. Ich pariere mal mit:
Fisches Nachtgesang
—
‿ ‿
— — —
‿ ‿ ‿ ‿
— — —
‿ ‿ ‿ ‿
— — —
‿ ‿ ‿ ‿
— — —
‿ ‿ ‿ ‿
— — —
‿ ‿
—
Christian Morgenstern
Auch nett, das Versmaß stimmt zumindest.
Aber vortragen möchte ich das jetzt auch nicht eben.
Abend
Hauche über den Frost meines Herzens
Und wenn du es zwitschern hörst,
Fürchte dich nicht vor seinem schwarzen Lenz.
Immer dachte das kalte Wundergespenst an mich
Und säete unter meinen Füßen - Schierling.
Nun prägt in Sternen auf meine Leibessäule
Ein weinender Engel die Inschrift.
(Else Lasker - Schüler)
ASIN/ISBN: 3150205980 |
Mascha Kaléko: Die Leistung der Frau in der Kultur
(Auf eine Rundfrage)
Zu deutsch: „Die klägliche Leistung der Frau“.
Meine Herren, wir sind im Bilde.
Nun, Wagner hatte seine Cosima
Und Heine seine Mathilde.
Die Herren vom Fach haben allemal
Einen vorwiegend weiblichen Schatz.
Was uns Frauen fehlt, ist „Des Künstlers Frau“
Oder gleichwertiger Ersatz.
Mag sie auch keine Venus sein
Mit lieblichem Rosenmund,
So tippt sie die Manuskripte doch fein
Und kocht im Hintergrund.
Und gleicht sie auch nicht Rautendelein
Im wallenden Lockenhaar,
So macht sie doch täglich die Zimmer rein
Und kassiert das Honorar.
Wenn William Shakespeare fleißig schrieb
An seinen Königsdramen,
Ward er fast niemals heimgesucht
Vom „Bund Belesner Damen“.
Wenn Siegfried seine Lanze zog,
Don Carlos seinen Degen,
Erging nur selten an ihn der Ruf,
Den Säugling trockenzulegen.
Petrarcas Seele, weltentzückt,
Ging ans Sonette-Stutzen
Ganz unbeschwert von Pflichten, wie
Etwa Gemüseputzen.
Doch schlug es Mittag, kam auch er,
Um seinen Kohl zu essen,
Beziehungsweise das Äquivalent
In römischen Delikatessen.
Gern schriebe ich weiter
In dieser Manier,
Doch muß ich, wie stets, unterbrechen.
Mich ruft mein Gemahl.
Er wünscht, mit mir
Sein nächstes Konzert
Zu besprechen.
aus: In meinen Träumen läutet es Sturm
ASIN/ISBN: 3423012943 |
Die Unruh kommt von dir.
Nichts ist, was dich bewegt,
du selber bist das Rad,
das aus sich selbsten läuft
und keine Ruhe hat.
Man weiß nicht, was man ist.
Ich bin und weiß nicht wer,
ich komm' und weiß nicht woher,
ich geh' und weiß nicht wohin
- mich wundert, dass ich so fröhlich bin!
( Angelus Silesius, 1624 - 1677, schlesischer Arzt, Theologe und Mystiker)
ASIN/ISBN: 3257206445 |
Manchmal wollen wir stehen
Am Rand des dunkelen Brunnens,
Tief in die Stille zu sehn,
Unsere Liebe zu suchen.
Oder wir treten hinaus
Vom Schatten der goldenen Wälder,
Groß in ein Abendrot,
Das dir berührt sanft die Stirn.
Göttliche Trauer,
Schweige der ewigen Liebe.
Hebe den Krug herauf,
Trinke den Schlaf.
Einmal am Ende zu stehn,
Wo Meer in gelblichen Flecken
Leise schwimmt schon herein
Zu der September Bucht.
Oben zu ruhn
Im Hause der durstigen Blumen,
Über die Felsen hinab
Singt und zittert der Wind.
ASIN/ISBN: 3730611585 |
Es ist ein Weinen in der Welt,
Als ob der liebe Gott gestorben wär,
Und der bleierne Schatten, der niederfällt,
Lastet grabesschwer.
Komm, wir wollen uns näher verbergen...
Das Leben liegt in aller Herzen
Wie in Särgen.
Du! wir wollen uns tief küssen -
Es pocht eine Sehnsucht an die Welt,
An der wir sterben müssen.
Else Lasker - Schüler
ASIN/ISBN: 3150205980 |
De profundis
Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fällt.
Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht.
Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten umkreist.
Wie traurig dieser Abend.
Am Weiler vorbei
Sammelt die sanfte Waise noch spärliche Ähren ein.
Ihre Augen weiden rund und goldig in der Dämmerung
Und ihr Schoss harrt des himmlischen Bräutigams.
Bei der Heimkehr
Fanden die Hirten den süßen Leib
Verwest im Dornenbusch.
Ein Schatten bin ich ferne finsteren Dörfern.
Gottes Schweigen
Trank ich aus dem Brunnen des Hains.
Auf meine Stirne tritt kaltes Metall
Spinnen suchen mein Herz.
Es ist ein Licht, das in meinem Mund erlöscht.
Nachts fand ich mich auf einer Heide,
Starrend vor Unrat und Staub der Sterne.
Im Haselgebüsch
Klangen wieder kristallene Engel.
ASIN/ISBN: 3701312826 |