Ich habe gerade festgestellt, dass besagter Thread gelöscht worden ist. Ich überlege gerade, ob ich selbiges dann wohl besser auch mit meinem Account mache....
wahrscheinlich würde ich nur noch zerrissen.
Robert Enke ist tot
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Viva la Vida : Eulen sind kein nachtragender Haufen. Du kannst dich ja gern an Wolke wenden und ganz sachlich fragen, wo das Problem war. Ich hab das nicht so verfolgt.
Noch was Anderes, weil es mich sehr interessiert:
ZitatOriginal von licht
Es ist ja vergleichsweise einfach: Entweder es gab eine Zunahme solcher Erkrankungen oder es gab sie nicht. Eine andere Möglichkeit, über die man reden könnte, gibt es schlicht nicht.So einfach ist leider nicht, licht. Abgesehen von den Argumenten, die Suzann nannte und die für die Zunahme sprechen können (Suzanns Beitrag), gibt es noch einen Aspekt, der die Fragen nach Zunahme erschwert - nämlich die Erfassung derartigen Störungen. Es gibt gewisse (ziemlich genau definierte) Kriterien, wann ein Mensch depressiv ist. Und das war nicht immer so. Wenn man sich fragt, ob z.B. 1890 mehr Menschen depressiv waren als heute, dann kann diese Frage allein deshalb nicht beantwortet werden, weil man einfach nicht weiß, wieviel Menschen von damals bei den heutigen Kriterien als depressiv gelten würden. Sicher ist allerdings (soviel ich weiß), dass seit der Erfassung psychischer Störungen diese stetig zunehmen. Dass es tatsächlich immer mehr Menschen gibt, die als depressiv diagnostiiziert werden. Auch hier stellt sich natürlich die Frage, ob diese Diagnosen richtig sind und nicht zu schnell gefällt werden, denn selbst "eindeutige" Kriterien lassen sich nicht immer wirklich so eindeutig abklären.
Dass unsere Gesellschaft jedoch immer mehr zu einer leistungsorientierten Gesellschaft mutiert und schon Kinder in der Schule unter Stress und Kopfschmerzen leiden, das ist eigentlich mittlerweile bekannt. Und erschreckend.
Sorry, das ging natürlich etwas zu weit, aber das Thema interessiert mich einfach.
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Original von Gummibärchen
Sicher ist allerdings (soviel ich weiß), dass seit der Erfassung psychischer Störungen diese stetig zunehmen. Dass es tatsächlich immer mehr Menschen gibt, die als depressiv diagnostiiziert werden. Auch hier stellt sich natürlich die Frage, ob diese Diagnosen richtig sind und nicht zu schnell gefällt werden, denn selbst "eindeutige" Kriterien lassen sich nicht immer wirklich so eindeutig abklären.Sicher ist in der Tat, dass es mehr Menschen gibt, die mit psychischen Erkrankungen diagnostiziert werden. Das bedeutet aber nicht, dass es mehr Menschen gibt, die psychisch krank sind. Die Frage der Dunkelziffer frueher und heute ist immer noch sehr offen. Solange das ganze Thema mit soviel Tabus belastet ist - und Enkes Angst vor der oeffentlichen Reaktion verdeutlicht diesen Tabustatus - bleibt eine Dunkelziffer. Steigende Zahlen fuer Menschen mit Diagnosen koennen auch mit sinkendem Tabu erklaert werden.
Nicht mehr Menschen sind psychisch krank, aber mehr Menschen trauen sich zum Arzt zu gehen und eine Diagnose zu bekommen.
Dies ist besonders deutlich in den bekannten Zahlen fuer Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Deutlich mehr Frauen als Maenner werden diagnostiziert. Aber hoechstwahrscheinlich liegt das zum grossen Teil daran, dass es fuer Maenner noch schwerer ist als fuer Frauen sich in Behandlung zu begeben. Das ist wohl auch mit eine Erklaerung dafuer, dass mehr Maenner als Frauen am Selbstmord sterben - obwohl laut Statistik ja eigentlich weniger Maenner krank sein sollten ...
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Original von Beatrix
An die Hinterbliebenden denken Selbstmörder eben nicht, das finde ich auch sehr schlimm.Ein sehr typischer Vorwurf von Leuten, die keine Ahnung haben wie ein Depressiver mit verzerrter Wahrnehmung der Wirklichkeit denkt. In ihrer eigenen "Logik" denkt so mancher Selbstmoerder naemlich wirklich an die Hinterbliebenen. Sie sehen sich selber als Versager, die nur eine Buerde fuer die Familie sind. Ohne sie waere der Rest der Familie viel besser dran. Der eigene Selbstmord also zum Wohle der Hinterbliebenen.
Und genauso verhält es sich auch andersrum: Gäbe es nicht Familie, Lebenspartner oder Freunde und damit einhergehend eine Art Verpflichtung, die man ihnen gegenüber empfindet, dürfte die tatsächliche Selbstmordrate depressiver Menschen um einiges höher ausfallen. Wer sich infolge der Depression ernsthaft mit dem Suizid auseinandersetzt, Für und Wieder abwägt, zermartert sich mitunter Monate, oder gar Jahre den Kopf; und entweder überwindet man die Depression oder kann sie zumindest erträglicher gestalten, oder man entscheidet sich nach langem Ringen für den eigenen Tod. Eine Kurzschlussreaktion ist das nicht, und dann solchen Menschen zu unterstellen, sie würden nicht an die Hinterbliebenen denken, finde ich wiederum, nun nicht schlimm, aber doch bedauerlich.
Auch solche Aussagen wie "Es gibt immer einen anderen Ausweg als Selbstmord, hätte er/sie doch nur etwas gesagt", können nur von Personen kommen, die keine Ahnung haben, worum es sich bei Depressionen eigentlich handelt.
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Original von Beatrix
Sicher ist in der Tat, dass es mehr Menschen gibt, die mit psychischen Erkrankungen diagnostiziert werden. Das bedeutet aber nicht, dass es mehr Menschen gibt, die psychisch krank sind.Sorry, da hab ich mich falsch ausgedrückt. Allerdings sollte mein zweiter, von dir zitierter Satz, das schon klar stellen, was ich meine - dass die Diagnose z.B. "Depression" heute öfter gestellt wird als z.B. vor 20 Jahren. Sicher spricht das nicht für die Zunahme an sich, sondern wohl auch dafür, dass eben - wie du sagst- mehr Menschen zum Arzt gehen.
Allerdings...
ZitatDie Frage der Dunkelziffer frueher und heute ist immer noch sehr offen. Solange das ganze Thema mit soviel Tabus belastet ist - und Enkes Angst vor der oeffentlichen Reaktion verdeutlicht diesen Tabustatus - bleibt eine Dunkelziffer. Steigende Zahlen fuer Menschen mit Diagnosen koennen auch mit sinkendem Tabu erklaert werden.
Die Dunkelziffer sollte tatsächlich nicht vernachlässigt werden. Was aber für mich eigentlich heißt, dass es noch mehr depressive Menschen gibt, als "nur" diejenigen, die zum Arzt gehen (und das gilt wohl für andere Störungen auch).ZitatNicht mehr Menschen sind psychisch krank, aber mehr Menschen trauen sich zum Arzt zu gehen und eine Diagnose zu bekommen.
Das kann ein Grund für die anscheinende Zunahme sein. Aber es ist (meiner Meinung nach) nicht der Einzige.ZitatDas ist wohl auch mit eine Erklaerung dafuer, dass mehr Maenner als Frauen am Selbstmord sterben - obwohl laut Statistik ja eigentlich weniger Maenner krank sein sollten ...
Der Grund für dieses Phänomen ist aber auch, dass Männer "zuverlässigere" Methoden wählen. Es gibt mehr Frauen, die Selbstmordversuche begehen, als dies bei Männern der Fall ist. Bei Männern ist ja nun mal die "Erfolgsquote" höher. Sie gehen entschlossen vor. Frauen schreien eher nach Hilfe.Wie auch immer - ich wollte nur klarstellen, dass es (leider?) nicht so einfach zu erfassen ist, wieviele Menschen nun unter Depression leiden. Und auch wenn ich hierfür keine Statistiken vorweisen kann - ich persönlich bin einfach davon überzeugt, dass in unserer derzeitigen Gesellschaft (und mir ist durchaus bewusst, dass "Gesellschaft" eigentlich wir alle sind) einiges schiefläuft, was z.B. Depressionen zur Folge hat. Das ist tatsächliche nur meine Meinung, die ich nicht belegen kann
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@Viva: Danke für den "Pingel". Scheint sich ja zu bestätigen, dass dein Ton eher zweifelhaft ist.
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Jetzt mal langsam, Mädels... Viva meinte es wohl nicht so, wie sie es schrieb (es kam tatsächlich komisch rüber) und Foer hat es falsch gedeutet....
Habt euch wieder lieb....Manchmal bin ich auch total harmoniebedürftig...
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Zitat
Original von Booklooker
Jetzt mal langsam, Mädels... Viva meinte es wohl nicht so, wie sie es schrieb (es kam tatsächlich komisch rüber) und Foer hat es falsch gedeutet....
Habt euch wieder lieb....Manchmal bin ich auch total harmoniebedürftig...
Ähh, Moment mal, was habe ich ihr denn gemacht? Habe nur gemeint, dass der Ton komisch rüber kam und das war ich nicht einzige und sie griff mich an wegen meiner Aussage über den Selbstmord! Da kam der "Pingel" her.
Harmoniebedürftig bin ich auch, aber denke so machst du es nicht besser....
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Zitat
Original von Foer
Harmoniebedürftig bin ich auch, aber denke so machst du es nicht besser....
Ich wollte nur damit sagen, dass man im Internet vielleicht nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen sollte - manchmal kommt vieles anders rüber als es soll.
Es war übrigens auch keine Kritik an dichFreunde?
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Zitat
Original von Booklooker
Ich wollte nur damit sagen, dass man im Internet vielleicht nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen sollte - manchmal kommt vieles anders rüber als es soll.
Es war übrigens auch keine Kritik an dichFreunde?
Ok
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Zitat
Original von Viva la Vida
...Ich überlege gerade, ob ich selbiges dann wohl besser auch mit meinem Account mache....
wahrscheinlich würde ich nur noch zerrissen.
Ich habe per Mail und per PN Wolke gebeten, mich hier zu löschen. Ich habe hier nichts mehr verloren. -
Wollte mich eigentlich nicht mehr einklinken in diesen Thread, aber gerade an allen verschiedenen Reaktionen sieht man, wie kontrovers das Thema ist.
Wenn wir uns als "kleine" Gemscheinschaft manchmal nicht richtig verständigen können, wie ist das dan drausen in der großen weiten Welt?
Ich denke auch, dass man hier nicht alles auf die Goldwaage legen soll, was geschrieben wird. Es ist schwierig sich richtig auszudrücken.
Es sollte deshalb für keinen ein Grund sein, den Account löschen zu lassen.
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Zitat
Original von churchill
Noch einmal zurück zum konkreten Fall "Robert Enke":Ich habe oben wortreich begründet, warum ich die Aufmerksamkeit, die dieser Todesfall in der Öffentlichkeit gefunden hat, durchaus verstehen kann (>> Bedeutung des Fußballs in unserer Gesellschaft auf der einen und die sympathische Ausstrahlung des Sportlers und Menschen Robert Enke auf der anderen Seite ... ). Auch die spontane Gedenkfeier am Mittwoch abend hat mich beeindruckt.
Was inzwischen aus der Sache geworden ist, lässt mich allerdings den Kopf schütteln. Trauerfeier im Stadion - Ok. Aber muss da wirklich der Sarg im Mittelkreis aufgebahrt werden? Müssen da Ministerpräsident und Oberbürgermeister reden? Werden da nicht Dimensionen geschaffen, die absolut übertrieben sind?
Man schreibt erklärend, die Witwe habe diese Möglichkeit der Verabschiedung möglichst vieler Fans gewollt.
Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass Teresa Enke zur Zeit generalstabsmäßig eine Verabschiedungstour plant ... Zu viele wollen sich da präsentieren und im Zusammenhang mit der Sympathie für Enke ihre eigene steigern ...
Dass jetzt tatsächlich darüber nachgedacht wird, einen Platz in Hannover nach Robert Enke zu benennen, dass die Nationalelf ein Abschiedsspiel für ihn erwägt, sind in meinen Augen (zumindest was die Sache mit dem Platz in Hannover angeht) populistische Aktionen.
Man tut mit diesem Hype dem menschen Robert Enke und seiner Familie letztendlich keinen Gefallen.
Fünf Fernsehsender werden nachher übertragen, wie Robert Enke noch keine Ruhe finden kann ...
(und die BILD hat sicher schon ihre Kameras für die Beerdigung zwischen Grabsteinen und Bäumen in Stellung gebracht ...)
Ich bin der Ansicht - sorry, Churchill wenn ich hier widerspreche - dass diese öffentliche Trauerfeier notwendig und auch angemessen war. Zum einen war Robert Enke ohne Frage eine Person des öffentlichen Lebens, und eine solche Person ist man eben auch im Tode.
Zum anderen wurden in dieser vergangenen Woche und eben auch gestern bei dieser Trauerfeier wichtige und hoffentlich auch nicht so bald vergessene Wort gesagt. Die Krankheit unter der Robert Enke litt wurde in den Blickpunkt der Menschen in Deutschland gerückt, eine Krankheit unter der offensichtlich weitaus mehr Menschen leiden als bisher bekannt. Gerade durch dieses prominente Beispiel kann vielleicht jetzt eine Sensibilisierung in Bezug auf die Krankheit eintreten und so haben viele Menschen eventuell nicht mehr die Scheu eben sich zu dieser (ihrer) Krankheit zu bekennen.
Gerade die Ernsthaftigkeit mit der die Trauerfeier begangen wurde, hat eben gezeigt, wie betroffen die Menschen gewesen sind. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sich alle Beteiligten jetzt Gedanken darüber machen, den Fußball und das ganze Drumherum einmal kritisch zu hinterfragen. Nichtzuletzt auch Hinblick auf den Druck, dem Menschen die in der Öffentlichkeit stehen, egal jetzt in welchem Bereich, ausgesetzt sind. Und eines hat der Tod von Robert Enke eben auch deutlich gemacht: Mit Geld und Erfolg kann man sich persönliches Glück nicht kaufen.
Vielleicht jetzt auch eine Chance, den Fußball und eben auch andere "Unterhaltungen" neu einzuordnen und dort zu plazieren wo eigentlich ihr echter Stellen wert lagert. Fußballspieler sind, wie jeder andere "Unterhaltungsmensch" auch, im Hauptberuf Menschen und nicht im Nebenberuf, auch wenn es oftmals genau diesen Anschein hat.
Und wenn durch den Tod von Robert Enke ein anderes Fußballbild durch die Medien transportiert wird, ob jetzt gewollt oder ungewollt sei erst mal dahingestellt, so hat dieser auf den ersten Blick sinnlose Tod doch noch vielleicht einen tieferen Sinn, der eventuell auch erst nach einiger Zeit deutlich wird.
Edit: Wenn jemand gelöscht werden möchte, dann soll man sie/ihn löschen. Die meisten äußern dieses Wunsch eh nur um auf Knien zum Bleiben gebeten zu werden. Wer gehen will der soll gehen.
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Einverstanden, Voltaire.
Den von dir zitierten Beitrag habe ich vor der Trauerfeier geschrieben. In einem weiteren Beitrag nach der Trauerfeier habe ich diesen Teil ja schon relativiert.
Die weiteren Anfragen halte ich allerdings aufrecht:
Bennenung eines Platzes? Am Stadion von mir aus, aber nicht in der Stadt.
Abeschiedsspiel der Nationalmannschaft? Bekommt man normalerweise nach 100 Länderspielen. Und das ist ok ...
Hoffentlich laufen sie am Mittwoch mit ihrem jeweils eigenen Namen auf dem Trikot auf und nicht, wie schon zu lesen war, alle mit dem Namen "Enke".
Man kann die Symbolik auch übertreiben ...
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Da gebe ich dir Recht, Churchill.
Einen Platz nach Robert Enke zu benennen halte ich für übertrieben. In Hamburg kann eine Straße erst nach jemanden benannt werden, wenn dieser mindestens fünf Jahre tot ist.
Und beim Spiel am Mittwoch sollte jeder Spieler seinen eigenen Namen auf dem Trikot tragen. Trauerflor ist okay - mehr dann aber bitte auch nicht.
Man muss jetzt natürlich aufpassen, dass hier kein völlig überzogener Personenkult entsteht. Robert Enke war und ist weder eine Lichtgestalt noch ein "Ersatz-Gott". Er war ein bekannter Mensch mit einer schlimmen Krankheit. Sein Tod kann - hoffentlich - dafür sorgen, dass Menschen die unter dieser Krankheit leiden eben keine "Weicheier" sind, sondern Mitglieder unserer Gesellschaft, die auf Hilfe angewiesen sind. Wenn in dieser Richtung etwas bewegt wurde und nun passiert, dann hatte dieser Tod wenigstens einen gewissen Sinn.
Und insofern sollte man nun zum Alltag zurückkehren. Die Trauerfeier gestern in Hannover war würdig und angemessen - mehr wäre jetzt aber wahrscheinlich kontraproduktiv.
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Voltaire & churchill: Sehe ich so ziemlich alles genauso. Das mit den Enke-Trikots fänd ich auch etwas übertrieben. Schweigeminute und Trauerflor wäre ok, aber mehr nicht. Aber natürlich spielt es auch eine Rolle, was die Spieler davon halten. Allerdings wäre es ja schön chaotisch, wenn überall "Enke" auf dem Trikot stünde.
Wie und wann Plätze nach Menschen genannt werden, weiß ich nicht. Aber ich glaub, der Bürgermeister von Hannover (oder jemand Ähnliches) war es, der bei solchen Bitten meinte, man sollte einfach etwas warten. Wenn sich die erste "Phase" der Trauer gelegt hat, kann man darüber nachdenken, was angemessen ist. -
Zitat
Original von Gummibärchen
Viva la Vida : Eulen sind kein nachtragender Haufen. Du kannst dich ja gern an Wolke wenden und ganz sachlich fragen, wo das Problem war. Ich hab das nicht so verfolgt.Noch was Anderes, weil es mich sehr interessiert:
So einfach ist leider nicht, licht. Abgesehen von den Argumenten, die Suzann nannte und die für die Zunahme sprechen können (Suzanns Beitrag), gibt es noch einen Aspekt, der die Fragen nach Zunahme erschwert - nämlich die Erfassung derartigen Störungen. Es gibt gewisse (ziemlich genau definierte) Kriterien, wann ein Mensch depressiv ist. Und das war nicht immer so. Wenn man sich fragt, ob z.B. 1890 mehr Menschen depressiv waren als heute, dann kann diese Frage allein deshalb nicht beantwortet werden, weil man einfach nicht weiß, wieviel Menschen von damals bei den heutigen Kriterien als depressiv gelten würden. Sicher ist allerdings (soviel ich weiß), dass seit der Erfassung psychischer Störungen diese stetig zunehmen. Dass es tatsächlich immer mehr Menschen gibt, die als depressiv diagnostiiziert werden. Auch hier stellt sich natürlich die Frage, ob diese Diagnosen richtig sind und nicht zu schnell gefällt werden, denn selbst "eindeutige" Kriterien lassen sich nicht immer wirklich so eindeutig abklären.
Dass unsere Gesellschaft jedoch immer mehr zu einer leistungsorientierten Gesellschaft mutiert und schon Kinder in der Schule unter Stress und Kopfschmerzen leiden, das ist eigentlich mittlerweile bekannt. Und erschreckend.
Sorry, das ging natürlich etwas zu weit, aber das Thema interessiert mich einfach.
@ Gummi: dass es nicht so einfach ist, leuchtet mir sofort ein, genauso wie alle Argumente, die Du anführst. Worauf es mir ankam, war der Hinweis, dass mit puren Meinungen dabei wenig zu gewinnen ist, sofern man weder Argumente noch Fakten oder Zusammenhänge darstellen kann. Allerdings beharre ich darauf, dass es nur und ausschließlich die Alternative: Anstieg der Erkrankungen oder nicht gibt. Wie sollte es auch anders sein? Einleuchtend ist mir allerdings sofort, dass man dann die Krankheit exakt eingrenzen müsste, dass man mögliche Probleme bei der Datenerhebung einkalkulieren muss etc. Nur: dies alles würde eine sachliche Auseinandersetzung förden, was bei Aussagen wie: "Das ist nunmal meine Meinung, was brauche ich Begründungen und Fakten." definitiv nicht der Fall ist.
in dem Sinne völlig d'accord
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ad rem:
Ich habe mir die Veranstaltungen zum Tod des Herrn Enke bewußt nicht angeschaut. Und ich bin meinem Radio-Sender (D-Radio Kultur) sehr dankbar für eine äußerst zurückhaltende und sehr sachliche Berichterstattung. Mir ist solcher Hype, solche kollektive Betroffenheit einfach zuwider.Für mein Empfinden wird der Tod von Herrn Enke hochgespielt und instrumentalisiert - inwiefern hier Rücksichten auf die Familie genommen werden, entzieht sich meinen Kenntnissen - öffentliche Person hin oder her.
Wenn ein solches Ereignis instrumentalisiert wird, dann immer auch zu sehr ehrenwerten Zwecken, keine Frage - dass da ein tragischer Tod mit noch tragischeren Ursachen für viele Zwecke verwendet wird, scheint mir dennoch nicht angemessen.Sicher müssen Themen wie Leistungsdruck, Umgang mit Krankheiten, Selbsttötung etc. öffentlich und sachlich beredet werden. Nur steht für mich gerade die Sachlichkeit der Auseinandersetzung sehr in Frage, wenn die Emotionen so weit involviert sind. Leider ist es ein Gesetz unserer Mediengesellschaft, dass solche Themen nur noch zu solchen Anlässen in die Breite transportiert werden können und sich sonst keine Sau dafür (und für die vielen unbekannten Opfer) interessiert. Das bringt mich aber noch lange nicht dazu, diese Entwicklung gut zu heißen.
Ich finde es mehr als erschreckend, wenn nun ein derartiger Personenkult um Herrn Enke betrieben wird. Wo waren denn die Ehrungen zu seinen Lebzeiten?? Er war nichteinmal in seiner Position in der Nationalmannschaft sicher. Und nun tut man so, als wäre er der einzige und beste Nationalspieler gewesen, den wir je hatten - verzeiht, das mutet mir verlogen an.
Öffentliche Bekenntnisse zu mehr Menschlichkeit im Profi-Sport sind schön. Effektive Veränderungen sind aber viel wichtiger. Dabei geht es zuerst um die Konsumenten am TV, die nur Bestleistungen und Erfolge sehen wollen - "sonst kann die Flasche gleich wieder abtreten, verdient doch eh Kohle genug, nun soll er mal zeigen, was er kann." Dann sind die Medien gefragt, die mit ihren Kommentaren über Menschen sehr großen Einfluss auf die Gesellschaft und ihren Umgang mit Sportlern und anderen "öffentlichen Personen" hat. Wenn aber die Kommentatoren Menschen mit wenigen unbedachten Worten ungeahnten Leistungsdruck aufbauen, der weit über das sportliche ins gesellschaftliche hinaus reicht, dann ist das ebenso zu kritisieren.
Und natürlich ist der Sport gefragt: Wie menschlich gehen wir mit den Athleten um, wie schwach dürfen wir auch mal sein. Aber diese beiden Fragen müssen wir alle uns jeden Tag neu selbst stellen. Das wäre wichtig, statt öffentlicher Huldigungen und einem Hype, dass einem schlecht werden kann! -
Zitat
Original von licht
Gefühle kann Dir keiner abstreiten, aber eine sachliche Diskussion läßt sich so nicht führen. Es ist ja vergleichsweise einfach: Entweder es gab eine Zunahme solcher Erkrankungen oder es gab sie nicht. Eine andere Möglichkeit, über die man reden könnte, gibt es schlicht nicht. Du kommst ja sicher auch nicht auf die Idee, mit deinem Mathelehrer darüber zu diskutieren ob 2+2 wirklich vier ergibt, nur weil Du das Gefühl hast, dass es manchmal mehr und manchmal weniger sein könnte (was gerade in Bezug auf die Wahrnehmung von Zeit durchaus vorkommen kann.)
Darum bedarf es zu einer sachlichen Auseinandersetzung über diese Frage klarer Fakten, die die eine oder andere These / Behauptung unterstützen. Dann kann man vielleicht über den Aussagewert der Fakten streiten, aber man bekommt eine Ahnung von den tatsächlichen Verhältnissen und kann Gefühle etwas kanalisieren.
Darum wiederhole ich meine Bitte: bring doch Argumtente, Fakten und Begründungen für deine Behauptungen, dann können wir darüber reden. Eine Behauptung einfach so in den Raum zu stellen, bringt keinem etwas.So, dann möchte ich nun endlich etwas dazu sagen.
Ich muss mich wohl geschlagen geben und zugeben, dass es mir wirklich nur um mein Gefühl ging und ich keine großen Fakten auf den Tisch legen kann.
Du hast natürlich Recht, dass man allein auf der Grundlage seiner Gefühle und Wahrnehmungen (die nun mal bei jedem verschieden sind) keine vernünftigen Diskussionen führen kann.
Ich muss auch sagen, dass ich mit dem Thema nicht so intensiv betraut bin, dass ich da jetzt einen Ordner voller Statistiken habe, den ich anbringen könnte um mein Gefühl zu stützen.
Von daher muss ich einfach zugeben, dass ich keine Fakten habe, sondern mich einfach auf meine Wahrnehmung stütze.
Das damit niemandem geholfen ist in einer großen Diskussion, ist mir klar.
Ich hoffe ich hab mich dadurch jetzt nicht selbst aus der Diskussion geworfen und gelte nicht als inkompetent und unischer. Oder was auch immer mir man auch vorwerfen mag.
Ich bin nun mal erst 19 Jahre alt, dass sollte ich vielleicht dazu sagen. Ich weiß durch Erzählungen und durch die Schule wie das Leben damals, im Mittelalter oder auch im 18. / 19. Jhd. abgelaufen sein könnte. Und ich sehe was im Moment in der Welt los ist. Wie sich die Menschen durch jede Krise, sei es die Finanzkrise, die Umweltkrise oder eine Familienkrise. Seien es die schlimmen Nachrichten im Fernsehen. Der Anstieg von Gewalt, Hass und Terror. Oder was auch sonst. Ich nehme wahr, dass sich die Menschen dadurch noch tiefer in den Untergrund ziehen lassen. Die Menschen werden unfreundlicher, hasserfüllter und driften in eine Welt ab, wo sich alles nur noch um Negativschlagzeilen dreht.Meine Englischlehrerin fragte uns einmal - kurz nach einem Amoklauf in einer Schule - was wir davon halten, wie es uns damit geht.
Bald jeder in meinem Kurs sagte, dass es schlimm sei und dass man trauern sollte um die Verstorbenen und die Angehörigen.
Natürlich ist das schlimm, aber soll ich mich bei jeder schlechten Nachricht die ich im Fernsehen höre, in der Zeitung lese, im Keller verkriechen und trauern?
Mir ist das Ausmaß solcher Taten bewusst, ich habe Mitleid mit den Angehörigen, mit den Zurückgebliebenen, ich habe eine gewisse Wut auf denjenigen der solch eine Tat begannen hat, aber ich muss trotzdem mein Leben weiterleben und darf mich nicht davon noch tiefer ins Dunkel ziehen lassen.
Denn das Leben ist schon hart genug.Das wollte ich dazu noch loswerden. Vielleicht ist mein Standpunkt ein bisschen klarer geworden. Ich will niemandem etwas aufzwängen und ich wollte auch niemanden angreifen oder so.
Aber eine Diskussion lässt sich mit meinen "Argumenten", meine Gefühlen, meinen Wahrnehmungen nicht wirklich führen, das sehe ich schon ein.Noch kurz zu Robert Enke:
Ich muss gestehen, dass ich die Trauerfeier im Stadion mehr als übertrieben fand. Ich kann das einfach nicht nachvollziehen.
Natürlich, er war ein Mann der in der Öffentlichkeit stand und er war der Torhüter der Nationalmannschaft.
Aber eine größere Trauerfeier als bei Konrad Adenauer???
Weswegen? Weil er sich selbst für den Tod entschieden hat?
Weil er ein guter Torhüter war?
Weil er ein Idol vieler war?
Nein, das erschließt sich mir nicht.
Tut mir Leid.
Ich möchte damit auch niemanden beleidigen, aber ich fand das übertrieben.Liebe Grüße,
Phantasia -
@ Phantasia: danke, mir ist Deine Position nun klarer geworden. Vielleicht konnte ich auch etwas deutlicher machen, worauf ich hinweisen wollte. Ich wollte Dich auch keineswegs dumm machen oder als inkompetent darstellen. Sollte das bei Dir so angekommen sein, tut mir das leid.
Ich denke, nun ist deutlich geworden, was wir beide sagen wollten und wir müssen das nicht weiter durchkauen :).
In Bezug auf diese öffentlich zur Schau getragene Trauer geht es mir ähnlich: Ich kanns auch nicht verstehen oder nachvollziehen, was da geschieht. Aber in diesem Fall kann man erst recht keinem seine Gefühle aus- oder gar schlechtreden. Wir müssens akzeptieren auch wenn wirs nicht verstehen.
Grüße
Licht