An die Hinterbliebenden denken Selbstmörder eben nicht, das finde ich auch sehr schlimm.
Ein sehr typischer Vorwurf von Leuten, die keine Ahnung haben wie ein Depressiver mit verzerrter Wahrnehmung der Wirklichkeit denkt. In ihrer eigenen "Logik" denkt so mancher Selbstmoerder naemlich wirklich an die Hinterbliebenen. Sie sehen sich selber als Versager, die nur eine Buerde fuer die Familie sind. Ohne sie waere der Rest der Familie viel besser dran. Der eigene Selbstmord also zum Wohle der Hinterbliebenen.
Gab es frueher mehr oder weniger Depressionen? Sind die Menschen heute labiler?
Frueher gab es nicht das Vokabular. Die Maenner, die nach dem 2. Weltkrieg nach Hause kamen, waren sicherlich nicht weniger von "Posttraumatischen Stress" betroffen als die Maenner, die heute von Afghanistan zurueck kommen. Nur gab es kein Wort dafuer, keine Moeglichkeit der Behandlung.
War jemand frueher depressiv, hatte Schlafstoerungen, so wurde man vielleicht als "schwermuetig" oder "melancholisch" bezeichnet, aber das Wort "Depressionen" gab es nicht dafuer. Es gab auch keine Antidepressiva dafuer, aber vielleicht hat er/sie dann mehr Alkohol getrunken, um besser einschlafen zu koennen.
Und noch ein ganz anderer Punkt: die Frage wie Depressionen in der Oeffentlichkeit behandelt werden, ob sie Tabu sind oder nicht, ist auch eine kulturelle Frage. In D ist es sehr viel mehr TABU als es in Nordamerika ist. Nicht dass hier jeder mit solch einer Krankheitsgeschichte hausieren ginge, aber ganz so tabu ist es nicht.