Hallo, Voltaire.
Diese "Stimmungseffekte" mag es tatsächlich geben, übrigens nicht nur beim Fussball, sondern früher auch beim Tennis und beim Motorsport. Interessant wäre mal, die von Dir zitierten soziologischen Untersuchungen zu sehen. Nach meinem Eindruck sind das meist Strohfeuereffekte, die relativ schnell wieder verpuffen. Trotzdem gibt es - unwidersprochen - eine hohe Identifikation mit dem Fußballsport, der tatsächlich in erster Linie Show und Geschäft ist. Bezahlt wird das von den Passivsportlern, den Zuschauern, und zwar nicht zu knapp. Es geht um Unterhaltung. Dass die Vereine - obwohl sie überwiegend Legionäre beschäftigen, jedenfalls nur ausnahmsweise Spieler aus der Region - noch Ortsnamen tragen (wie lange eigentlich noch?), bewirkt lokale Identifikation. Die Fußballer sind Ersatzhelden. Ketzerisch könnte man das Bild von den Legionären ausweiten, denn der Sieg zählt. Manchmal scheint sogar egal zu sein, wie er erzielt wurde, und man feiert ihn auch, wenn ein objektiv zu Unrecht gegebener Elfmeter ausschlaggebend war. Fußball wird, davon abgesehen, auch instrumentalisiert, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch. Opium fürs Volk. Oder?
Eine Behauptung, über die ich immer wieder (gerne) stolpere ist die, dass die Profifußballer Vorbildfunktion hätten. Warum eigentlich? Okay, sie stellen die Spitzen ihrer Sportart dar, jene paar hundert, die es von allen geschafft haben, so richtig Schütte für die Balltreterei zu bekommen. Sie heiraten Topmodels und lassen sich stumpfe Biographien schreiben. Sie haben Sportwagenflotten, Yachten und Villen in der Toscana, in Florida und auf den Bahamas. Alles Dinge, für die derzeit Manager von Großkonzernen mit mehreren tausend Beschäftigten aktiv beneidet, sogar medial abgestraft werden. Die Jungs auf dem Rasen spielen nur Fußball. Trotzdem dürfen diese Millionäre, die jahrelang üben, effektvoll zu stürzen, dicht an der Strafraumgrenze gefoult zu werden, kleine Rangeleien vor dem Schiedsrichter zu verbergen undsoweiter pipapo, als die Edlen des Sports gelten. Mit Verlaub, das verstehe ich nicht. Fraglos gibt es unter ihnen - wie unter allen Berufsgruppen - hochintegere, sehr engagierte, altruistische Menschen, aber vermutlich ist dieser Anteil z.B. bei Altenpflegerinnen wesentlich höher.
All dies ohne Bezug zum Threadtitel. Es ist immer traurig, wenn jemand den Freitod wählt. Egal, um wen es sich handelt.