20 Jahre Grenzöffnung berührt Euch das noch!?!?

  • Ist Euch die Grenzöffnung egal!??! Was empfindet Ihr? Was habt Ihr damals gemacht!?!?


    Ich bin direkt an der "Zonengrenze" zu Ostdeutschland aufgewachsen. Sie war Teil meiner Kindheit. Das die Straßen fast alle an einem unüberwindbaren Zaun endeten war halt so!
    Als dann die Demos losgingen hatten wir hier an der Grenze schon große Angst und als die Grenzen aufgingen herrschte große Spannung, wann bei uns in den kleinen Grenzgebieten die Grenzen ebenfalls aufgingen.
    (bißchen viel "aufgingen" in dem Satz... :-])


    Zwischen Walkenried/Ellrich war es der erste kleine Grenzübergang der am 11.11. sein Zaun öffnete. Es war arschkalt, dunkel und ungemütlich. Aber die Stimmung war super. Der ganze Ort leuchtete. Es wurde ununterbrochen gejubelt und gelacht. Es war eine irre Zeit. Ich bekomme heute noch eine Gänsehaut.

  • Es berührt mich auf jeden Fall. Ich weiß noch, dass ich nie verstehen konnte, dass da einfach ne Mauer ist, die alles teilt und als die Mauer dann fiel war meine Familie wie elektrisiert und ich durft auch ganz lange mit fern schauen :lache

  • Natürlich berührt mich das noch. Ich habe heute den ganzen Tag kaum an was anderes gedacht! Muss natürlich erwähnen, dass ich gebürtiger Ossi bin und erst 1991 nach BaWü kam.
    Und ich erinnere mich auch noch genau an den Abend vor zwanzig Jahren. Ich hab damals in einer Band in einer Tanzbar gesungen, und in einer Pause kam ein Kellner zu uns an den Tisch und meinte "Hört mal, die Grenzen sind offen!" Ich glaub, wir haben ihm alle gleichzeitig den Vogel gezeigt. :lache
    Da hat er uns mit in die Küche genommen, wo das ganze Kneipenpersonal um ein altes Kofferradio rum saß und Sekt trank. Und dann haben wir's mit eigenen Ohren gehört, während der Kellner den nächsten Korken knallen ließ - die Leute im Saal hatten nicht mehr viel Gelegenheit zum Tanzen, die Band war betrunken und irgendwie sind dann alle nach Hause zu ihren Fernsehapparaten, das Event wollte sich keiner entgehen lassen. :-)


    edit: Sagt mal, hab ich die Geschichte nicht letztes Jahr um die Zeit schon mal erzählt? :gruebel

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

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  • Das berührt mich auf jeden Fall immer noch.
    Ich weiß noch, dass ich damals beim Studium war und mit Freunden im Wohnheim (in Merseburg) beim Abendbrot saß, als plötzlich jemand rein gerannt kam und rief, dass wir das Radio anmachen sollten. Richtig geglaubt hat die Nachricht von uns keiner.


    Zu heute hatte mein Sohn (6. Klasse) für Geschichte die Hausaufgabe auf, seine Eltern zu fragen, was sie am 9. Nov. 1989 gemacht hätten, als sie die Nachricht von der Maueröffnung hörten.


    Jetzt sind wir die Generation, die von ihren Kindern aufgefordert werden: erzähl'doch mal von Früher! Von Kindern, für die das geteilte Deutschland weit entfernte Vergangenheit ist.



    Clare

  • Klar bin ich berührt, wenn ich jetzt die Bilder sehe. Ich bekomme immer noch Gänsehaut. Zu der Zeit habe ich gerade ein Praktikum gemacht - da war ich 15 Jahre alt. Leider habe ich nicht ganz so intensiv die Nachrichten verfolgt, wie ich es heute getan hätte. Ich weiß, dass mein Vater nur vom Fernseher hing. Nächtlicher Nachbarschaftsbesuch aus dem Osten - nachts um 3 Uhr!


    Und einige Zeit später - hatten wir die ersten ostdeutschen Mitschüler in der Klasse.


    Ich muss dazu sagen, ich lebe im ehemaligen Zonenrandgebiet. Die Innenstadt war so dicht. Besucher hat man an den typischen Netzbeutel erkannt. Trabbis über Trabbis.... das war echt was...

    Bye Nikki snail.gif
    SuB 378
    :lesendGrabkammer / Werde verrückt

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  • Auch mich berühren die Bilder im Fernsehen sehr. Damals war ich sehr weit weg, in Südamerika, in Chile. Dort hat dann CNN berichtet, daran kann ich mich noch erinnern.


    Ich bin in und bei Bremen geboren und aufgewachsen, mein Vater ist allerdings geborener Leipziger mit großer Familie dort und die Eltern meiner Mutter haben bis zum Tode meines Großvaters in Thüringen gelebt (wobei deren Wurzeln noch viel weiter östlich lagen). So waren wir relativ oft 'drüben' und haben dort viel gesehen und mitbekommen.

    Die Zeit, die du für deine Rose verloren hast, sie macht deine Rose so wichtig.
    Antoine de Saint-Exupéry 'Der kleine Prinz'

  • Klar berührt mich das, schließlich habe ich die Qualitäten der Ost-Frauen kennen- und lieben gelernt :lache


    Spaß beiseite, ich hing damals wie vermutlich die meisten vor dem Fernseher, damals mit meinen Eltern zusammen. Duale Berichterstattung per Fernseher und Telefon, da wir Verwandtschaft in West-Berlin haben.


    Im Sommer ´90 habe ich dann alleine als Knirps bei meinem Onkel in Berlin Urlaub gemacht. Und da durchs Brandenburger Tor zu latschen war schon cool. Ich kann mich noch an die Unmengen von Souvenierständen erinnern, die dort damals aufgebaut waren. DDR-Relikte, Fahnen, Dinge von der NVA, Uniformen und entsetzlich viel mehr.


    Ich habe übrigens noch immer meinen alten Diercke Weltatlas vom Gymnasium, und war die Ausgabe, wo noch die DDR existiert.

  • Ich war zum Zeitpunkt der Maueröffnung erst 13 Jahre alt, saß aber an diesem Abend mit meinen Eltern vor dem TV und wir haben das ganze gespannt verfolgt.
    Ein besonderes Verhältnis zur DDR habe ich insofern, dass meine Oma mit ihren beiden Kindern über Berlin geflüchtet ist (vor dem Mauerbau) und wir immer noch Verwandtschaft in Ostdeutschland haben. Ich selber war leider nie zu DDR-Zeiten zu Besuch und konnte mir von den damaligen Lebensverhältnissen nur anhand der Erzählungen meiner Oma eine Vorstellung machen. Ich habe die Geburtsstadt meines Vaters erst vor ein paar Jahren kennen gelernt (und den Großteil meiner Verwandtschaft).
    Ich habe zudem in Leipzig studiert und dadurch eine schöne Erinnerung an diese Stadt (und bin froh, dass die Möglichkeit dort zu studieren bestand).


    Also ein bißchen Gänsehaut habe ich schon, wenn ich an den damaligen Abend denke... Aber auf die diversen Filmchen und Reportagen heute abend im TV werde ich dennoch verzichten .:rolleyes


    Edit meint, dass sie den Diercke Weltatlas mit der DDR auch noch im Regal stehen hat :lache

  • Ich war damals in meinem Zimmer, als mein Vater ganz aufgeregt reinkam und meinte ich soll den Fernseher anmachen, die Grenze wär offen.
    Ich hab das damals gebannt verfolgt, ich war knapp17 und sehr an Geschichte interessiert. Ich fand das sehr aufregend Geschichte wirklich zu erleben.


    Im Jahr drauf waren wir im Sommer in Berlin und konnten durch's Brandenburger Tor maschieren. Im Jahr davor sind wir dort noch vor der Mauer gestanden und haben uns gefragt, was der Irrsinn eigentlich soll.


    Ich finde es auch immer irre interessant, wenn Freunde aus dem Osten erzählen, was sie damals erlebt haben. Heute macht es für mich einfach keinen Unterschied mehr, woher jemand kommt. Für mich gibt es keine Ossis und Wessis mehr. Im Gegenteil, ich bin immer ganz überrascht, wenn jemand in meinem Alter aus DDR-Zeiten erzählt. Da muss ich mir immer bewusst machen, daß die ja ihre Kindheit in der DDR verbracht haben.

  • Also ich habe Null Erinnerung an den 9. November 89. Meine Familie - eigentlich Nachrichtenjunkies - waren zu Hause und haben nach 18 oder 19 Uhr den Fernseher ausgeschaltet und nicht mehr angeschaltet. :grin
    Und das, obwohl wir 50 Meter neben der Mauer gewohnt haben. Dafür habe ich sehr nachdrückliche Erinnerungen an die Tage danach und unseren ersten Besuch bei meiner Großtante in Westberlin/Neukölln.


    Heute wohne ich in Neukölln - mit einem Mann, der in Neukölln aufgewachsen ist. :-) Und erst in den letzten Jahren wird mir langsam klar, wie schlimm der Mauerbau v. a. für die damaligen Berliner gewesen sein muss. Für mich ist der 9. November ziemlich emotionsgeladen, weil meine gesamte Familie durch die Folgen ganz schön durchgeschüttelt wurde - sowohl im Positiven wie im Negativen.
    Die Vorstellung, dass ich jetzt ständig zwischen Bezirken hin und her fahren kann, die für meine Mutter 28 Jahre lang unerreichbar waren und ihre Familie geteilt haben (Besuche waren auch von Westseite jahrelang nicht möglich, bzw. nur unter bestimmten Voraussetzungen), berührt mich doch immer wieder.

  • Ich war bei der Grenzöffnung noch kein Jahr alt und hab demnach gar keine Erinnerungen an den Mauerfall selbst.


    Aber ich hab mir schon oft gewünscht, dabei gewesen zu sein und ich bekomm auch Gänsehaut, wenn ich Bilder aus dieser Nacht sehe.

  • Ich war am Tag des Mauerfalls auf einem Volksfest und habe es an diesem Abend nicht mitbekommen, da wir erst irgendwann in der Nacht heimgekommen sind.
    Allerdings ging es bei uns noch am Wochenende rund, denn wir mussten auf die Schnelle 150 Menschen unterbringen und das war so ohne große Vorbereitung schon eine nette Herausforderung. Die nächsten Wochen waren nicht nur arbeitsreich, denn aus den anfänglichen 150 wurden noch ein paar mehr, sondern auch sehr emotionsgeladen. Es war einfach ziemlich aufregend.

  • Das ist irgendwie an mir vorübergegangen. Wenn ich mich recht entsinne, war ich da irgendwie auch unfit (Erkältung oder so) und habe das nur mit halbem Ohr mitbekommen, bevor ich mich ins Bett getrollt habe.


    Am nächsten Tag habe ich es erst richtig realisiert und ungefähr SO --> :wow geguckt. Irgendwie habe ich die erste Zeit immer damit gerechnet, daß die eines Tages sagen "So, ihr hattet Euren Spaß" und wieder dicht machen. Das mußte sich erst mal setzen bei mir.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Insomnia


    Ich habe übrigens noch immer meinen alten Diercke Weltatlas vom Gymnasium, und war die Ausgabe, wo noch die DDR existiert.


    :write


    --
    ich kann mich nur noch daran erinnern, das die Familie am Abend vor dem Fernseher gesessen hat und die Leute auf der Mauer hockten. Sich in den Armen gehalten haben und sehr viel geweint wurde. Klar war ja sehr bewegend. - Und ist es noch.
    --
    unter anderem habe ich mich soo geärgert, da wir genau 2 Wochen davor einen Berlin Urlaub unternommen haben. Und auch damals mit dem Bus nach Ost-Berlin gefahren sind. Ich kann mich noch erinnern, wie wir den Grenzposten überquert haben. Ein Grenzsoldat kam damals in den Bus und hat unsere ganzen Pässe von vorne bis hinten/oben bis unten angeschaut. Mein Bild (Kinderpass) hat er ganz besonders begutachtet. Mein Gott hatte ich nen Schiss, habe damals echt geglaubt, das er mich nicht durchlässt, da das Bild im Pass und mein damaliges Konterfei sich so gar nicht geähnelt haben. :lache
    --
    und dann die ersten Trappis auf Hamburgs Strassen (kamen aber erst später) ...
    Ich kann mich noch an ein schweinchenrosanes erinnern. :grin
    --

  • Ich habe gerade im rbb gesehen wie die bemalten Mauer - Dominos umgefallen sind, war schon beeindruckend. :wow


    Dann haben sie einen 22jährigen interviewt, der hat bei der Tante seiner Oma 100.000 Ostmark unterm Bett gefunden und kann die nicht mehr eintauschen.


    Er hat versucht sie zu verkaufen.


    :grin

  • Berührt hat mich die Maueröffnung nicht so sehr. Es war aber interessant und durchaus auch spannend dieses geschichtliche Ereignis quasi als "Zeitzeuge" miterleben zu können.


    Was mich aber seit der Maueröffnung immer beschäftigt ist die Tatsache, dass diese einmalige geschichtliche Chance, etwas wirklich Neues zu machen, einfach so gegen die Wand gefahren wurde. Die D-Mark war letztendlich der Sieger, nicht die Menschen. Und heute nach nunmehr 20 Jahren sentimentalisieren wir auf teilweise peinliche Art und Weise vor uns hin. Man denke nur an die Rede der Bundes-Merkel heute am Abend vor dem Brandenburger Tor. Pathos ohne Ende! Ob der wirklich ernstgemeint war? Wohl kaum! Phrasen ohne Ende, Absichtserklärungen ohne die Absicht aber auch wirklich etwas zu ändern. Phrasen, Pathos und Absichtserklärungen gibt es halt für lau – wirklich konkrete Verbesserungen für die Menschen dagegen, bräuchten schon ein wenig mehr.


    Die Menschen aus der ehemaligen DDR haben ein wenig mehr verdient als diese zum Teil doch peinlichen Jubiläumsfeiern. Und das Schlimme daran ist dass gerade die feiern, die zu dieser friedlichen Revolution nichts beigetragen haben, die nach deren Beendigung aber die Früchte geerntet haben.


    Berühren aber, auf sehr negative Art und Weise allerdings, tut mich diese Verlogenheit unserer heutigen politischen Führung. Geht es ihnen wirklich um die Menschen?

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Gefühle gestern (vor zwanzig Jahren): Aufregung, Freude, Mitgefühl, Rausch, Befriedigung. Überraschung. Obwohl schon Mitte der Achtziger abzusehen war, dass der Osten mindestens einen Paradigmenwechsel, eigentlich aber eine Kehrtwende nötig hatte, um noch irgendwas zu retten, war das eigentliche Geschehen dann wie das feuchte Erwachen aus einem feuchten Traum. Ohne den Demonstranten und energischen Regimekritikern ihren Anteil an "der Wende" streitig machen zu wollen - der Osten war so oder so am Ende. Aber es war ein tolles Gefühl, das dann auch zu erleben, und die drei Tage, die dem neunten November folgten, gehören in gewisser Weise zu den großartigsten meines Lebens. Ich war fast sechzig Stunden auf den Beinen, schlaflos in Berlin, habe beim Begrüßungsgeld mit angestanden, mit verblüfften Ossis in überfüllten Sexshows gesessen, mit weinenden Marzahner in Westdiscos getanzt, Führungen durch das aus den Nähten platzende KaDeWe veranstaltet und in mehr Trabbis gesessen, als in das Parkhaus vom neuen Hauptbahnhof Berlin passen.


    Gefühle heute: Freude und Befriedigung. Klar, man hätte irgendwas anders machen können. Man hätte immer irgendwas. Fraglos gibt es Verlierer und Gewinner, das ist immer so. Vielleicht war auch nicht alles schlecht in der DDR, und sicher ist nicht alles gut im heutigen Deutschland, hier wie dort. Aber die DDR war tatsächlich, und da beißt die Maus keinen Faden ab, ein mieser, menschenfeindlicher, drangsalierender, tyrannischer Staat, und der ist jetzt weg. Das ist gut. Das ist auch heute noch ein Grund zur Freude. Dass Vergangenheit gerne ein bisschen verklärt wird und dass nach längerer Zeit mehr Leute mehr kritisieren als nach kürzerer, das liegt in der Natur der Menschen. Alternativen gab es kaum, und selbst wenn es sie gegeben hat, gibt es sie heute nicht mehr. Also machen wir das beste daraus. Etwas Gutes haben wir schon daraus gemacht, da bin ich sicher. Freiheit ist ein sehr kostbares Gut, für das man jeden Tag kämpfen sollte und muss, auch in vermeintlichen Demokratien, deren Machthaber gerne Hintertürchen benutzen, etwa "Krieg gegen den Terror". Wenn es eine Lehre gibt, die man aus den Geschehnissen von 1989 und davor und danach ziehen kann, dann die, dass es niemals falsch sein kann, für Freiheit einzutreten. Und sei es auch nur die Freiheit, Bananen kaufen zu können. Das ist immer noch besser, als es nicht tun zu können. Denn die Freiheit des einen ist die Banane des anderen.