Ich weiß nicht, so recht, wohin mit diesem Buch. Esoterik scheint mir falsch zu sein, Religion trifft es auch nicht so recht und die anderen Kategorien passen auch nicht.
Zum Buch
„Du hast das Recht, Du selbst zu sein und grenzenlos zu denken“
In seinem Buch „Grundrechte - ein Manifest“ möchte Ulrich Schaffer „Annahmen, die uns das Leben schwer machen und gegen die wir uns nicht auflehnen, weil wir sie entweder nicht merken oder weil der Druck von außen zu groß ist, entlarven und in Frage stellen. Dieses Buch ist eine Art Streitschrift gegen die Gepflogenheiten unserer Gesellschaft. Es ist eine Kampfansage, eine Abrechnung mit den lebenszerstörenden Kräften in und um uns. Das Buch besteht aus zwei Teilen. Im ersten geht es hauptsächlich um ganz private Rechte, um Rechte, die mit unserem Selbstverständnis zu tun haben. Im zweiten Teil werden die Rechte beschrieben, die ein Mensch im Umgang mit anderen hat und sich erhalten sollte.“ (aus dem Vorwort des Autors)
Zum Autor
Ulrich Schaffer wurde 1942 in Pommern geboren. Die Familie floh von dort und wohnte bis 1953 in Bremen. Sie wanderte nach Kanada aus und Ulrich Schaffer verlebte seine Jugend im Norden von British Columbia. In den Jahren 1961 bis 1970 studierte er Germanistik und Anglistik an der Universität of British Columbia und an der Universität Hamburg. 1970 bis 1981 war er Dozent für europäische Literatur an einem College bei Vancouver. Seit 1981 ist er freier Schriftsteller und Fotograf.
Meine Meinung
Ein Buch, in das ich immer wieder gerne hineinschaue. Die Texte von Ulrich Schaffer regen mich zum Denken an und oft auch zum Tiefdurchatmen. Sie schaffen mir einen Freiraum, wenn ich mir mal wieder selbst im Weg stehe und helfen mir, auf meine Intuition zu hören und meinen Gefühlen zu trauen. Es geht Ulrich Schaffer nicht darum, dass jeder starrköpfig auf seine Rechte beharrt, sondern um „das Aufbauen der Gemeinschaft durch erwachsene Einzelne“. Selbstverwirklichung ja, aber nicht auf Kosten des anderen. Einer meiner Lieblingstexte ist der zum Vertrauen:
Du hast das Recht, zu vertrauen
Du hast das Recht, zu vertrauen,
auch wenn es zum guten Ton gehört,
skeptisch und kritisch zu sein.
Sie werden Dich blauäugig nennen.
In ihren Augen bist Du naiv.
Sie werden auf die Realität deuten
und Dir sagen,
dass Du in einer Welt wie dieser
kein Recht hast, zu hoffen und zu glauben.
Aber Du hast das Recht, zu glauben,
zu hoffen und zu vertrauen.
Die Misstrauenden werden mit ihrem Misstrauen
die Zustände heraufbeschwören,
die sie am meisten fürchten.
Blind in ihrer Hoffnungslosigkeit
werden sie auch das nicht mehr sehen,
was ihrer Hoffnung wieder Mut machen würde.
In ihrer Skepsis werden sie weltweise wirken,
mit ihrem Zynismus werden sie
ihre Überlegenheit demonstrieren.
Wenn sie vorgeben, alles zu durchschauen
(nur sich und ihre Ängstlichkeit nicht),
sehen sie doch nur die Oberfläche
und glauben, dass Macht Stärke ist
und Vertrauen Schwäche.
Ihre Weisheit ist Kurzsichtigkeit.
Du hast das Recht, zu vertrauen,
nicht blindlings
wie jemand, der nicht sehen kann;
nicht dumm
wie jemand, der nicht denken kann;
nicht wirklichkeitsfern,
als würdest Du alles
durch eine rosarote Brille sehen.
Aber kühn,
weil es Mut erfordert;
als Risiko,
um dem anderen einen Freiraum zu schaffen;
als praktische Liebe,
die auch ohne Grund liebt,
um das 'Auge um Auge'
und 'Zahn um Zahn' zu durchbrechen;
als Vorschuss an Zuwendung,
um eine andere Grundlage
des Miteinander zu schaffen
und nicht in der Angst steckenzubleiben;
als praktizierte Verletzbarkeit,
als Fenster der Verwundbarkeit,
durch das der Feind einfallen kann,
es aber vielleicht nicht tut.
So werden neue Arten des Umgangs
gefunden werden können.
Es ist eine Einstellung,
die Du wählen kannst.
Vertrauen können ist Stärke,
bei der sich der Vertrauende
selbst aufs Spiel setzt
und doch nicht verliert,
solange er auch nach Niederlagen
und Enttäuschungen nicht aufgibt,
sondern neu vertraut.
Immer wieder zu vertrauen,
Vertrauen zu üben, heißt,
die zarten Verbindungen knüpfen,
nach denen wir uns alle sehnen,
die uns aber nicht gelingen,
weil wir Sicherheit wollen.
Um zu vertrauen,
müssen wir die Sicherheit aufgeben,
an der wir so hängen.
(Ulrich Schaffer)