Cornelia Read: Es wartet der Tod

  • “Es wartet der Tod“ ist Cornelia Reads zweiter Fall aus Neu-England mit der Lehrerin Madeline Dare.
    1989 im beschaulichen Massachusetts. Nie hätte die junge Lehrerin Madeline Dare gedacht, ihr Berufsleben im hinterletzten Winkel Neu-Englands an einem Internat für Schwererziehbare beginnen zu müssen. Aber nicht die Schüler sind es, die ihr Sorgen machen: es sind die Erziehungs- und Unterrichtsmethoden, die hier angewendet werden.


    Das Schulkonzept wurde vom Leiter der Einrichtung persönlich entwickelt und erinnert mit seinen Ritualen und Strafen schon fast an das Regelwerk einer autoritär geführten Sekte. Als nach einer Schülerparty ein Liebespaar tot aufgefunden wird, glauben alle an Selbstmord – nur Madeline ist sich sicher, dass jemand die beiden ermordet hat. Doch als sie die anderen endlich von ihrem Gedanken überzeugen kann, erlebt sie eine Überraschung, denn plötzlich gehört sie selbst zum Kreis der Verdächtigen...


    Mein Fazit:


    “Es wartet der Tod“, Cornelia Reads zweiter Fall mit der Lehrerin Madeline Dare, kommt zwar etwas langsam in Fahrt, aber das schadet der Story auf keinen Fall. In der Geschichte, die in den ausgehenden 80er Jahren angesiedelt ist, beschäftigt sich die Autorin mit den vielen pädagogischen Experimenten, die in den 1970er/80er Jahren an und mit Kindern ausprobiert wurden – einschließlich der Gefahr, dabei weit übers Ziel hinaus zu schießen oder aber an Scharlatane zu geraten, die es nicht auf pädagogische Erfolge, sondern auf die Geldbörsen ratloser Eltern abgesehen hatten.


    Trotz des ernsten Hintergrundes ist „Es wartet der Tod “ (im englischen Original „The crazy school“) aber vor allem eine locker und salopp erzählte Story um ein schräges Internat. Und mittendrin die sympathische Junglehrerin Lehrerin, die mit Pfiffigkeit und gesundem Menschenverstand hinter die Kulissen der scheinbar vorbildlichen Institution schaut. Ein fesselnder und facettenreicher Krimi aus den Norden der USA. Mehr davon!

  • Meine Meinung :write
    Madeline Dare ist mit ihrem Mann in die Berge von Massachusetts gezogen und arbeitet nun als Lehrerin an der Santangelo Academy, ein Internat für schwer erziehbare Jugendliche.
    An der Schule herrschen seltsame Unterrichtsmethoden, gegenseitiges Misstrauen unter den Lehrern und zu allem Überfluss fügt Madeline sich scheinbar viel zu gut in diese seltsame, mysteriöse Umgebung ein.


    Zwei Schüler, ein Liebespaar, vertrauen sich Madeline an und erzählen ihr, dass Fay ein Kind erwartet. Aus Angst, dass die zwei nach Hause geschickt werden und Fay möglicherweise das Kind gegen ihren Willen bekommen muss, bitten sie Madeline darum, mit niemandem über dieses Geheimnis zu reden.
    An Fay´s 18. Geburtstag organisiert Madeline eine kleine Party und verspricht den beiden, am nächsten Tag mit ihnen über einen eventuellen Ausweg bezüglich der ungeplanten Schwangerschaft zu sprechen. Doch zu diesem Gespräch kommt es nicht mehr, denn das Paar wird am nächsten Morgen tot aufgefunden.


    Und auch Madeline hat eine schlimme Nacht hinter sich; nachdem sie die Party verlassen hat um frische Luft zu schnappen, bricht sie im Schnee zusammen und übergibt sich mehrfach. Nach einigen Stunden wird sie von ihrer Kollegin gefunden und gerettet. Am nächsten Tag, nachdem die Polizei auf dem Schulgelände den scheinbaren Selbstmord der zwei Schüler untersucht, heißt es für Madeline erstmal die Puzzleteile der letzten Nacht zusammenzufügen ...


    Nach und nach rücken einige Kollegen für sie in die Reihe der Verdächtigen, aber den wahren Übeltäter und die Beweggründe findet sie erst in letzter Minute heraus.



    "Es wartet der Tod" ist der Nachfolgeband von "Schneeweißchen Rosentot".
    Den Übergang zum zweiten Krimi fand ich nicht sehr gelungen, denn inzwischen ist Madeline mit ihrem Mann umgezogen und arbeitet nicht mehr als Journalistin sondern als Lehrerin. Den Sprung zu den doch sehr veränderten Verhältnissen finde ich ein wenig zu groß und wackelig.


    Die Charaktere haben sich in diesem Band allerdings weiterentwickelt, die Autorin holt zwischendurch mal ein wenig aus, damit man auch die einzelnen Situationen und Geschehnisse, die im Buch vorkommen, versteht und nachvollziehen kann.
    Allerdings finde ich den Krimi nicht wirklich überragend. Die Story an sich ist toll und wäre ausbaufähig gewesen. Die düstere und teilweise etwas unheimliche, geheimnissvolle Atmosphäre im Internat bringt die Autorin toll rüber, macht diese aber hin und wieder kaputt, in dem sie manche Dialoge zu "gewöhnlich" beschreibt.


    Außerdem wäre es interessant gewesen, wenn auf die Unterrichtsmethoden noch näher eingangen worden wäre, das hätte den Plot spannender gestaltet und man hätte sich vom Schulleiter und einigen Lehrern ein besseres Bild machen können. So schlimm, wie die Schule dargestellt werden sollte, ist sie letztendlich nämlich nicht rübergekommen.


    Alles in allem eine Verbesserung zum Erstlingswerk, allerdigns immer noch stark verbesserungswürdig.


    Von mir gibts 8 Punkte!!

  • Trifft sich gut ... meine Rezi ist auch grad fertig. Detailinfos sind im Spoiler versteckt, man kann sie aber gefahrlos lesen. Danach ist man nicht überinformiert.


    ***


    Cornelia Read: Es wartet der Tod, Kriminalroman, OT: The Crazy School, Deutsch von Sophie Zeitz, München 2009, Deutscher Taschenbuchverlag dtv, ISBN: 978-3-423-24753-5, Klappbroschur, 336 Seiten, Format 13,2 x 21 x 3,2 cm, EUR 14,90 (D), EUR 15,40 (A)


    „Letztes Jahr“, sagte ich, „hat jemand, den ich sehr geliebt habe, versucht, mich umzubringen.“ (...)
    „Hast du Angst, dass er es wieder versucht?“, fragte sie.
    „Nein“, sagte ich.
    „Bist du dir sicher?“, fragte sie. „Solche Verhaltensmuster ...“
    „Ich habe ihm aus nächster Nähe zwei Ladungen Schrot in den Hals gepumpt. Sein Kopf war so gut wie ab.“
    (S. 81)


    Massachusetts, 1989: Madeline Dare, 26, hat ein traumatisches Erlebnis hinter sich*). Wenigstens hat sie es geschafft aus Syracuse, dem stinklangweiligen Heimatort ihres Ehemanns Dean, wegzukommen. Für die Zeitung schreibt sie auch nicht mehr. Jetzt unterrichtet sie Geschichte an der Santangelo Academy, einem teueren privaten Internat für schwer erziehbare Jugendliche. Ob sie sich damit wesentlich verbessert hat, ist die Frage. Aber wählerisch kann sie nicht sein: Ihr Mann ist trotz hervorragender Qualifikationen arbeitslos. Sie sind auf ihren Verdienst angewiesen.


    Madeline, die nicht gerade ein Ausbund an political correctness ist, hält Schulleiter David Santangelo für einen Scharlatan und aufgeblasenen Schwätzer und das pädagogische Konzept der Schule für Psychogelaber und Hippie-Bullshit. Die Kids haben eine Meise, die Lehrer haben eine Meise – der ganze Laden ist in Madelines Augen „ein Mekka für Ornithologen“ (S. 259). Trotz dieser schnoddrigen Analyse tun ihr die Schüler Leid. Sie sind dem dubiosen Psychosektenquatsch wehrlos ausgeliefert und hätten Besseres verdient.



    Auch wenn Madeline Zweifel daran hat, ihrem Job gewachsen zu sein – schließlich hat sie keine pädagogische Ausbildung – fassen einige der Schüler Vertrauen zu ihr: der paranoide Sitzman, der Pyromane Wiesner sowie das Liebespaar Mooney und Fay. Vielleicht spüren Sie Madelines Aufrichtigkeit, vielleicht liegt’s auch daran, dass sie ihre Sprache spricht.


    Am Morgen nach der Feier von Fays 18. Geburtstag macht Lehrer Gerald eine schreckliche Entdeckung: Mooney und Fay liegen tot auf dem Dachboden – vergiftet! Ein Doppelselbstmord? An dieser bequemen Theorie bestehen schnell Zweifel. Derweil liegt Madeline mit schweren Vergiftungssymptomen bewusstlos im Schnee. Doch weil ihre Fingerabdrücke auf den Gläsern der toten Teenager sind, sie Fays Halskette in ihrer Jackentasche hat und die Polizei herausfindet, dass Madeline vor einem Jahr in Notwehr einen Mann getötet hat, gerät sie umgehend unter Mordverdacht.


    So leicht ist Madeline nicht unterzukriegen – es gibt ja noch den „Klüngel“. Die Familie ihrer Mutter ist vermögend und einflussreich. Patenonkel Alan, ein Jurist, schickt seiner Nichte den jungen Anwalt Markham D. Stuyvesant: in Boston ansässig, in den Südstaaten aufgewachsen und mit allen Wassern gewaschen. Madeline findet ihn spontan sympathisch. Und der junge Mann versteht sein Geschäft! Was Markham und seine Mitarbeiter über die Vorgänge an der Santangelo Academy herausfinden, lässt einem die Haare zu Berge stehen. Doch es sind noch weitere Todesfälle zu beklagen, bis endlich offenbar wird, was tatsächlich hinter den Morden steckt.


    Und dann sieht es so aus, als würde es einem der Verbrecher gelingen, sich klammheimlich aus der Verantwortung zu stehlen. Aber vielleicht findet sich ja noch jemand, der ihm rechtzeitig in die Suppe spuckt ...


    Cornelia Read und ihre kodderschnäuzige Heldin Madeline Dare polarisieren. Die einen mögen oder verstehen ihren sarkastischen Witz nicht, die anderen sind von der kritischen und respektlosen jungen Frau begeistert. Die einen langweilen sich bei der fast schon satirischen Schilderung gesellschaftlicher Zustände und hätten lieber mehr Krimi. Die anderen lesen Cornelia Reads Bücher vor allem als bissige Gesellschaftsromane und könnten auf die Krimihandlung zur Not verzichten. So genau kann man bei Cornelia Reads Büchern nie sagen, ob man nun ein belletristisches Werk vorliegen hat oder einen Krimi. Ihre Bücher sind immer ein wenig von beidem, und das kann natürlich bei Lesern, die mit einer bestimmten Erwartung an die Lektüre herangehen, zu Enttäuschungen führen.


    ES WARTET DER TOT ist in der ersten Hälfte eine bitterböse Abrechnung mit dem New-Age-Psychogequatsche der 70-er Jahre und mit einem Schulkonzept, das mehr darauf aus ist, reichen Eltern gegen gutes Geld ihre problembeladenen Kinder vom Hals zu halten als den Jugendlichen wirklich zu helfen. Das ist, bei aller Tragik und Ernsthaftigkeit des Themas, wunderbar lebendig und unterhaltsam erzählt.


    In der zweiten Häfte des Buchs steigern sich zwar Spannung, Erzähltempo und Leichenaufkommen, aber die Auflösung des Falls ist nicht so recht überzeugend. Dafür kann die Geschichte am Schluss noch mit einem hübschen Knalleffekt aufwarten.


    Man sieht: Die Rezensentin bevorzugt den belletristischen Teil des Buchs und mag das lose Mundwerk der rebellischen Madeline Dare. Es werden sich jedoch mit Sicherheit auch Leser finden, die „das ganze Schulgedöns“ schrecklich öde finden und dafür den Krimiteil lieben und loben.


    Auch wenn vorne im Buch der obligatorische Disclaimer steht: „Die Namen, Figuren, Orte und Vorkommnisse in diesem Buch sind fiktiv. Jede Ähnlichkeit mit wirklichen Personen oder Ereignissen wäre rein zufällig.“, liegt die Vermutung nahe, dass reale Erlebnisse die Autorin zu diesem Buch inspiriert haben. Die Widmung lautet nämlich: „Für die Schüler der Desisto School, besonders die, die ich unterrichtet habe. (...)“ Recherchiert man im Internet, stößt man auf die DeSisto School in den Berkshires, Massachusetts, die man 2004 mit der Begründung geschlossen hat, dass sie Gesundheit und Sicherheit ihrer Schüler gefährde. Diese Institution hatte anscheinend mit Cornelia Reads fiktiver Santangelo Academy nicht nur die geographische Lage gemein.


    Gruseliger als die gesamte Krimihandlung ist die Vorstellung, dass es Zustände, wie sie in dem Buch geschildert werden, so oder ähnlich tatsächlich gegeben haben soll.


    ***


    *) Cornelia Read: Schneeweißchen und Rosentot, dtv 2008, 978-3-423-24668-2

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

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