Colin Harrison: Im Schlund des Drachen

  • Colin Harrison verwebt in seinem New Yorker Thriller „Im Schlund des Drachen“ ganz ausgezeichnet mehrere Handlungsstränge zu einer spannenden Geschichte.


    New York ist der Schmelztiegel für viele Einwanderer aus aller Welt. Eine von ihnen ist die hübsche Chinesin Jin Lee. Sie leitet für ihren Bruder eine Büroreinigungsfirma, die gut getarnt ganz wunderbar als Basis für eine einträgliche Industriespionage in der New Yorker Pharma- und Finanzbranche funktioniert. Doch Jin Lee hat Pech, jemand kommt ihr auf die Spur.


    Als kurz darauf zwei ihrer Mitarbeiterinnen brutal ermordet werden und sie selbst nur knapp entkommen kann, bleibt ihr nur noch eins: fliehen und ein wirklich gutes Versteck finden. Nicht einmal ihr Bruder Chen kennt ihren Unterschlupf und engagiert Jin Lee’s Ex-Freund, um sie zu finden. Ein rasanter Wettlauf durch New York beginnt, denn auch ihre Verfolger sind ihr hart auf den Fersen…


    MEIN FAZIT


    Colin Harrison verwebt in seinem New Yorker Thriller „Im Schlund des Drachen“ ganz ausgezeichnet mehrere Handlungsstränge zu einer spannenden Geschichte. Es gehr um Industriespionage, um Jungmanager, die sich zu weit aus dem Fenster lehnen, um junge Illegale, die im Großstadtmoloch ihr Glück suchen, um Kriminelle mit und ohne Gewissen und um tapfere Männer, die auf der Suche nach Gerechtigkeit und Liebe jedes Risiko eingehen. Auch wenn Colin Harrison die eine oder andere Schleife zu viel erzählt und der deutsche Titel etwas anderes suggeriert als das englische Original (The Finder), ist „Im Schlund des Drachens“ ein Gut lesbarer, temporeicher Thriller aus dem „Big Apple“.

  • Originaltitel: The Finder (2008)
    Droemer/Knaur Verlag 2009, 444 S.


    Über den Inhalt:
    Die junge Chinesin Jin Li leitet eine Büroreinigungsfirma in New York. Die Geschäftsidee: Industriespionage für Spekulanten aus Fernost. Ihre Lieblingskunden: die Pharma- und die Finanzbranche. Aber jemand muss ihr auf die Schliche gekommen sein: Eines Nachts werden zwei ahnungslose Mitarbeiterinnen grausam ermordet. Jin Li ist klar, dass der Anschlag in Wahrheit ihr galt. Im Moloch New York muss sie nun um ihr Leben rennen ...


    Über den Autor:
    Colin Harrison, geboren 1960, ist waschechter New Yorker und arbeitet als Lektor in einem großen US-Verlag. Mit seinen bislang fünf, von der Kritik hoch gelobten Romanen hat er sich einen Ruf als exzellenter Thrillerautor erworben. Verheiratet ist er mit der Schriftstellerin Kathryn Harrison. Das Paar lebt mit seinen drei Kindern in Brooklyn, New York.


    Meine Meinung:
    Die Originalausgabe des Buches wurde 2008 veröffentlicht und entstand demnach wahrscheinlich vor der weltumspannenden Finanzkrise.
    Dass New York alles andere ist als „Sex and the City“, führt Harrison hier in eindrucksvoller Weise vor. Seine Protagonisten leben jeder für sich in ihrem ganz eigenen New York, dem riesengroßen Moloch der Finanz- und Wirtschaftswelt. Sie agieren egoistisch, skrupellos, manipulativ und längst nicht immer legal, egal ob es sich um den Jungmanager, den chinesischen Möchtegerntycoon oder den alternden Milliardär handelt. Dabei verlieren die Akteure nie an Glaubwürdigkeit, handeln nachvollziehbar bis zum actionreichen Schluß.


    Geschickt verknüpft Harrison eine Vielzahl von Themen miteinander, erzählt die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven, an einigen Stellen in recht flapsigem Stil. Zwischendurch nimmt er immer wieder das Tempo heraus, wenn er uns als hervorragender New York-Kenner in längeren Passagen einen starken Eindruck über die unterschiedlichsten Seiten der Metropole vermittelt. Das liest sich nicht durchgängig spannend, erzeugt aber eine Faszination, der man sich nur ungern entzieht.


    Ein ungewöhnliches Ermittlerduo tritt hier an: der ehemalige Feuerwehrmann, traumatisiert durch 9/11 und sein sterbenskranker Vater, ein Ex-Detective der Polizei. Ihnen bleibt nicht viel Zeit, Jin Li aufzuspüren und vor ihren Verfolgern zu retten und sie beide wachsen im Laufe der Geschichte über sich hinaus.

    Insgesamt ein harter, rasanter und abwechslungsreicher Thriller, der mir New York von einer Seite gezeigt hat, von der ich nur ahnen kann, dass sie so unrealistisch gar nicht ist.

  • Zwei junge Mexikanerinnen werden in ihrem Auto auf besonders gräßliche Weise getötet. Jin Li, die die Reinigungsfirma leitet, bei der die beiden beschäftigt waren, hätte eigentlich auch im Auto sein sollen und taucht nun unter. Ihr Bruder, für dessen Firma sie und ihre Firma eminent wichtig sind, reist daraufhin aus Shanghai an und zwingt Ray Grant, Jin Lis Exfreund, sich auf die Suche nach ihr zu begeben.


    Ich muss gestehen, dass ich am Anfang Schwierigkeiten hatte, mich mit dem Roman anzufreunden, doch dann packte mich gerade die Erzählweise Colin Harrisons, die mich vorher gestört hatte und der Roman wurde zu einem Pageturner, den ich nur noch ungern aus der Hand gelegt habe.


    Der Autor erzählt aus einer ganzen Reihe Perspektiven, gerade am Anfang fällt es schwer, jede Person in die Geschichte einzuordnen. Zudem erscheint sein Erzählstil zunächst sehr ausschweifend und auch da wird erst nach und nach klar, dass vieles für das Geschehen wichtig ist. Es geht um Industriespionage, um Aktienspekulationen, um Geld und Macht – und mittendrin Ray, der all dies eben nicht verkörpert. Die Geschichte ist komplex – und richtig gut erzählt.


    Auch die Charakterzeichnungen gefallen mir sehr, man lernt die Charaktere, aus deren Perspektive erzählt wird, tiefgehend kennen, erfährt viel über ihre Hintergründe, vor allem Ray wird einem sehr nahe gebracht und, so viel darf ich verraten, seine Geschichte ist sehr interessant. Gerade Jin Li ist es allerdings, die man am wenigsten gut kennen lernt, das hätte ich mir ein bisschen mehr gewünscht.


    Mir hat der Roman sehr gut gefallen, wer Wirtschaftsthriller mag und sich von zum Teil deftigen Szenen nicht abschrecken lässt, der sollte hier zugreifen.