Das Buch ist bisher nicht auf Deutsch erschienen, habe die englische Fassung gelesen und gehört.
Zur Autorin (von Amazon):
Jodi Picoult, geboren 1967 auf Long Island, veröffentlichte 1992 ihren ersten Roman, der sofort zu einem großen Erfolg wurde. 2003 wurde sie mit dem New England Book Award ausgezeichnet. Sie lebt zusammen mit ihrem Mann und drei Kindern in Hanover, New Hampshire. Mit dem Roman »Beim Leben meiner Schwester«, der wochenlang auf den Bestsellerlisten stand, gelang ihr der Durchbruch in den USA. Sie gehört inzwischen zu den erfolgreichsten amerikanischen Erzählerinnen weltweit und wurde 2007 in England zur Autorin des Jahres gewählt.
Meine Meinung:
Die Inhaltsangabe zu Jodi Picoults neustem Buch „Handle with Care“ übte auf mich eine gleichermaßen abstoßende und faszinierende Wirkung aus. Wieder ein brisantes Thema, das so nur in den USA umgesetzt werden kann, allerdings diesmal eines, das moralisch ganz besonders fragwürdig ist: „widerrechtliche Geburt“ (wrongful birth). Die Figuren und das Szenario erinnern an eine Mischung aus „Beim Leben meiner Schwester“ und „Das Herz ihrer Tochter“:
Die besorgte Vollzeit-Mutter: Charlotte O’Keefe, die nach der Geburt von Willow nicht in ihren Beruf als Konditorin zurückkehrte, sondern sich Vollzeit um ihre kranke Tochter kümmert.
Der besorgte Vater, Polizist: Sean O’Keefe, der seine Familie liebt, dessen Gehalt nicht reicht um die hohen Ausgaben zu decken.
Charlottes gesunde Tochter: Amelia, mitten in der Pubertät, bekommt kaum Aufmerksamkeit von ihrer Mutter, liebt ihre Schwester, kommt mit der belastenden Situation der Familie nicht klar.
Charlottes und Sean kranke Tochter: Willow, 5, geboren mit der Glasknochenkrankheit (Osteogenesis Imperfecta, Stufe 3), die schon vor der Geburt bei einer Ultraschalluntersuchung auffiel, durch mehrere gebrochene Knochen. Hochbegabt, körperlich stark eingeschränkt.
Piper Reese, Charlottes Gynäkologin und beste Freundin, sowie die Mutter von Amelias bester Freundin, Emma.
Marin Gates, Anwältin, die widerwillig Charlottes Fall betreut, Adoptivkind und intensiv auf der Suche nach ihren unbekannten Eltern.
Außer Willow kommen alle oben genannten zu Wort und erzählen über den Fall und ihr Leben, meist direkt an Willow gerichtet.
Das Thema ist in den USA so aktuell wie brisant: Dürfen Menschen darüber entscheiden, ob ein (vermutlich) stark behinderter Fötus abgetrieben wird? Wenn ja, aus welchem Grund? Charlotte O’Keefe entscheidet sich, ihre Gynäkologin und beste Freundin zu verklagen, weil sie verzweifelt ist. Verzweifelt weil sie ihrer schwerkranken Tochter nicht die Behandlung und das Leben bieten kann, das sie ihr gerne ermöglichen würde. Verzweifelt, weil sie selbst seit der Geburt Willows kaum noch Privatleben hat, ihrem geliebten Beruf nicht mehr nachgehen kann. Verzweifelt, weil sie nicht ertragen kann, wie ihr Mann Sean sich abrackert, während der Schuldenberg der Familie ständig wächst. Zerfressen von Schuldgefühlen, weil sie es nicht allen Recht machen kann. Sie klagt nicht, weil sie sich jetzt wünscht, Willow wäre nicht zur Welt gekommen, sondern um Geld von einer Versicherung zu bekommen, das ihrer Familie ein besseres Leben ermöglichen würde. Aber die einzige Möglichkeit scheint eine Klage zu sein, bei der sie genau das behaupten muss: Dass sie Willow abgetrieben hätte, wenn sie beim ersten Ultraschall von ihrer Krankheit erfahren hätte.
Die Geschichte um die Suche nach den Adoptiveltern der Anwältin und die Probleme der älteren Schwester Amelia bilden interessante Nebenhandlungen.
Der Roman ist gewohnt gut konstruiert, sehr flüssig geschrieben mit der gewohnten Portion Melodramatik. Die Krankheit von Willow und die Ursachen und Auswirkungen der psychischen Probleme einiger Figuren scheinen sehr gut recherchiert. Die Figuren sind an sich dreidimensional gezeichnet, wirken aber schablonenhaft, wenn man schon andere Romane von Jodi Picoult gelesen hat. „Handle with Care“ bietet nichts wirklich Neues, wie die Liste der beteiligten Figuren schon zeigt und auch die Handlung wirkte auf mich nicht gerade originell.
Es ist das erste Buch, das ich als Hörbuch begann und zum (Bücherei-)Buch griff, um schneller fertig zu werden – immer in der Hoffnung, dass es doch noch besser würde. Für Leser, die weder „Beim Leben meiner Schwester“ und „Das Herz ihrer Tochter“ gelesen haben, ist „Handle with Care“ vermutlich interessant und spannend.
Edit: Ich habe den deutschen Titel ergänzt und die ISBN ausgetauscht, so dass die deutsche Ausgabe im Rezensionsindex erscheint. LG Wolke