1980 (Red Riding 3) - David Peace

  • Verlag: Heyne Hardcore
    Seiten: 460
    Originaltitel: Nineteen Eighty
    Übersetzer: Peter Torberg


    Rückentext:
    Leeds, 1980. Die Frauen trauen sich nachts nicht mehr allein auf die Straße, denn der Yorkshire Ripper geht um. Dreizehn Morde und kein Ende in Sicht. Und niemand will etwas dagegen tun - schon gar nicht die Polizei.


    "1980" ist der dritte Teil des vielfach preisgekrönten Red Riding Quartetts, mit dem David Peace zu einer der wichtigsten Stimmen der neuen englischen Literatur avancierte.


    Zum Autor:
    David Peace wurde 1967 im Westen Yorkshires geboren. Nach einem Studium an der Technischen Hochschule von Manchester arbeitete er jahrelang als Englischlehrer in Istanbul. Heute lebt er mit seiner Familie in Tokyo. David Peace wurde u.a. mit dem "Grand Prix du Roman Noir" ausgezeichnet und in die renommierte "Granta's List of Best Young British Novelists" aufgenommen. Für "1974" wurde David Peace mit dem deutschen Krimipreis ausgezeichnet.


    Meine Zusammenfassung:
    Der Ich-Erzähler dieses Bandes ist eine Figur die schon in den vorherigen Bänden immer wieder wie ein Geist am Rande der Handlung auftauchte, der interne Ermittler Peter Hunter, der bereits einigen Polizisten der West Yorkshire Metropolitan Police Alpträume bereitet hat. Nun wird er zu den Ermittlungen des Ripper-Falles hinzugezogen offiziell nur als Berater, inoffiziell um alle vorhandenen Spuren nocheinmal auszuwerten und auf nicht verfolgte Spuren und Zusammenhänge zu prüfen. Zu diesem Zweck darf er sich selbst ein Team aus Polizeibeamten zusammenstellen die ihm für diese Arbeit am geeignetsten scheinen. Und so geht er noch einmal nach Yorkshire, dieses "verdammte Yorkshire", das nicht nur ihn in dunkelste Depressionen stürzt.


    Denn der Ripper hat mittlerweile 13 Opfer gefordert. Es ist kurz vor Weihnachten und Leeds nach Einbruch der Dunkelheit wirkt fast tot, da sich kaum noch Leute auf die Straße wagen, die Angst vor dem gefährlichen Mörder ist allgegenwärtig spürbar. Doch kaum hat Hunter (ein äußerst passender Name) seine Ermittlungen aufgenommen, kommen ihm seltsame Gerüchte zu Ohren. Ein guter Freund von ihm soll ins Visier der Steuerfahndung geraten sein, und das angeblich nur, um ein Druckmittel gegen Hunter in der Hand zu haben. Doch dieser kann, so schwer es ihm fällt, nichts für seinen Freund tun, denn die Ermittlung hat für Hunter oberste Priorität und er weiß, er muss auf der richtigen Spur sein, wenn man bereit ist solche Drohungen gegen ihn aufzufahren. So lange bis es zu weiteren Morden in seinem Umfeld kommt und zuguterletzt sogar er selbst, seine Frau und seine gesamte Existenz bedroht werden und er begreift: Der Ripper ist nicht der eigentliche Feind.


    Meine Rezension:
    Peter Hunter ist der erste Protagonist dieser Reihe, der einem als Leser sympathisch ist und in den man sich hineinversetzen kann. Er ist ein ehrlicher und unbestechlicher Beamter (manche Kollegen nennen ihn mit einer Mischung aus Hohn, Angst und Respekt "Das heilige Arschloch", vor allem die, gegen die er schon ermittelt hat), er ist verheiratet und liebt seine Frau und er neigt auch nicht zu Alkoholexzessen wie seine Vorgänger in den Bänden 1974 und 1977. Seine ganz persönliche Tragödie hingegen, ist die nach einigen Fehlgeburten noch immer kinderlos gebliebene Ehe und dieser Schmerz ist in seinen Gedanken fast immer präsent.
    Im weiteren Verlauf der Geschichte offenbart zwar auch er ein paar nicht so strahlende Seiten seines Wesens, aber wie bereits erwähnt, im Vergleich mit den anderen beiden Bänden ist er eine echte Wohltat. Außerdem hat man als Leser das Gefühl, dass sich endlich mal etwas tut in den Ermittlungen gegen den Ripper. Anstatt blümeranten alkoholvergifteten Visionen und durch sexuelle Eskapaden mit einer Hure immer wieder abgelenkten halbherzigen Versuchen, wird hier fokusiert gearbeitet und in logischen Abschnitten zusammengetragen was es bisher an Informationsmaterial gibt. Das ist auch für den Leser nicht schlecht, denn allmählich wird es schon etwas schwer in diesem Wust an Namen und Daten noch einen Überblick zu behalten. Und genau das ist wichtig, denn viele dieser Namen stehen untereinander in Zusammenhängen die man sonst nicht sieht oder nicht nachvollziehen kann. Ich würde fast dazu raten eine Namensliste zu führen, ich selbst bin damit recht gut gefahren.
    Die Brutalität kam mir in "1980" nicht mehr so extrem vor, allerdings ist es durchaus auch möglich, dass ich mich schon so sehr an ihre Allgegenwärtigkeit gewöhnt habe, dass es mir nicht mehr groß auffällt.


    Einige der verwirrenden Fragen aus den Vorgängerbänden werden hier sogar geklärt, man erfährt was mit Jack Whitehead passiert ist und wie das damals war mit der Exorzistengeschichte. Es tauchen auch immer wieder alte Bekannte auf, (wie z.B. der Stricher AF oder Reverend Laws) oder es werden Verbindungen zu Figuren hergestellt die in den früheren Bänden eine Rolle spielten (z.B. Richard Dawson, kleiner Bruder des gefeierten Star-Architekten John Dawson). Allmählich erahnt man, dass David Peace hier ein meisterhaftes Netz gesponnen hat, dessen Zusammenhänge dem Leser erst so nach und nach offengelegt werden. Ich bin schon sehr gespannt auf den Moment, an dem sich mir das große Ganze enthüllt... so es denn hoffentlich geschieht.


    Das Ende lässt den Leser, wie schon in den Vorgängerbänden, wieder etwas in der Luft hängen, aber da diese meist in den Nachfolgebänden zumindest zum Teil aufgekärt wurden, habe ich großes Vertrauen in und vor allem eine sehr hohe Erwartung an den vierten Teil. Die ersten 50 Seiten habe ich schon gelesen und bereits dort werden so viele Fäden miteinander verknüpft, dass mir fast der Kopf schwirrt. Wenn der restliche Band so bleibt, dann kann ich nur sagen, Hut ab Mr. Peace vor diesem Gesamtkunstwerk!


    Für den 3. Band der Red Riding-Saga gibts von mir klare 9 Punkte.


    Edit: Rechtschreibfehler geschlachtet

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

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